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# taz.de -- Beste Schachspielerin tritt ab: Das machbare Genie
> Judit Polgar, die beste Schachspielerin der letzten Jahre, tritt zurück.
> Im norwegischen Tromsö zeigte sie zuvor noch einmal ihr Können.
Bild: Es gibt ein Leben nach dem Schach: Judit Polgar (Archivbild aus dem Jahr …
Zum letzten Mal hat Judit Polgar der Macho-Welt mit den kleinen Figuren
gezeigt, was ein Matt ist. Bei der Schach-Olympiade im norwegischen Tromsö
ging die 38-Jährige nicht nur als einzige Frau im Männerwettbewerb für ein
Spitzenteam an den Start – mit vier Siegen, einem Remis und einer
Niederlage trug die Ungarin zur Silbermedaille hinter Überraschungssieger
China (19:3 Punkte) und vor Indien und Top-Favorit Russland (alle 17:5)
bei.
Ein Vierteljahrhundert stand Polgar einsam und ununterbrochen an der Spitze
der Frauen-Weltrangliste. Nun tritt die beste Schachspielerin nach ihrem
letzten großen Erfolg in Tromsö ab. „Ich will mich mehr meiner Familie und
meinem Kinderschach-Förderprogramm an ungarischen Schulen widmen, das in
den Lehrplan aufgenommen wurde“, begründet die mit einem Mediziner
verheiratete Mutter zweier Kinder den unerwarteten Schritt.
Mit dem Programm wandelt sie auf den Spuren ihrer Eltern Laszlo und Klara
Polgar, die beweisen wollten, dass „Genies machbar“ sind. Die beiden
Pädagogen wählten den Denksport, weil diese Leistungen objektiv gemessen
werden können.
Mit fünf soll Judit einmal dem Schachbrett den Rücken gekehrt und einen
Freund der Familie ohne Ansicht der 32 Figuren geschlagen haben. Und als
dieser witzelte: „Du bist schon gut im Schach, aber ich bin ein guter
Koch“, antwortete das Wunderkind angeblich schlagfertig: „Kannst du auch
kochen, ohne den Herd zu sehen?“
Mit zwölf Jahren gewann sie mit ihren Schwestern Zsuzsa und Sofia 1988 die
Schach-Olympiade und wurde Weltranglistenerste. Nach dem zweiten Titel als
Mannschaftsweltmeisterin 1990 für Ungarn nahm sie nie mehr an
Frauenwettbewerben teil. „Ich habe Schach stets als einen Sport für alle,
unabhängig vom Geschlecht, betrachtet. Deshalb bestand mein Ziel darin,
einfach besser zu werden. Das ist der Grund, warum ich solch einen riesigen
Rating-Vorsprung bei den Frauen errang“, erklärt Judit Polgar.
## Mit 15 Jahren „jüngster Herren-Großmeister“
Mit 15 Jahren und vier Monaten unterbot das Mädchen den vermeintlichen
Rekord für die Ewigkeit von US-Legende Bobby Fischer. Sie wurde mit 15
Jahren und sechs Monaten „jüngster Herren-Großmeister“.
Die Erfüllung des Traums, Weltmeister der Männer zu werden, blieb ihr
allerdings verwehrt, obwohl sie selbst die männliche Nummer eins, Garri
Kasparow, in ihrer Hochzeit schlagen konnte. Mehrere Jahre stand die
Budapesterin in den Top Ten der Herren, meist auf Platz acht. „Ich war
wirklich glücklich darüber. In meinem besten Jahr anno 2003 fühlte ich mich
sehr stark“, erinnert sich die 38-Jährige gern zurück.
„Judit ist die stärkste Frau aller Zeiten! Womöglich wird es nie mehr eine
geben, die so stark spielt“, meint der deutsche Spitzenspieler Arkadij
Naiditsch, der bei der Olympiade in Norwegen den einheimischen Weltmeister
Magnus Carlsen schlagen konnte. Der Baden-Badener weiß, dass Polgar sich in
der Männerwelt „als einzige Frau großen Respekt verschafft hat“. Auch weil
sie wie er einen kompromisslosen Angriffsstil pflegt. Also bedauert
Naiditsch zusammen mit zahllosen Fans ihren Rückzug: „Schade, dass sie
aufhört.“
Vor ihrem Abschied rutschte Judit Polgar angesichts weniger
Turnierteilnahmen bei den Herren auf Rang 64 ab. Ihre potenzielle
Nachfolgerin, Hou Yifan, die mit Platz 87 in diesem Jahr ebenso in die Top
100 aufrückte, dürfte ihre Nachfolgerin werden, meinen Polgar und Naiditsch
unisono. Letzterer stellt jedoch klar: „Aber sich wie Judit ein
Vierteljahrhundert an der Spitze zu halten, das gelingt der Chinesin
nicht.“ Die Spekulationen über ein lukratives Match zwischen der
20-jährigen Weltmeisterin Hou Yifan und der Dauer-Weltranglistenersten
Judit Polgar haben sich nun ohnehin erübrigt.
20 Aug 2014
## AUTOREN
Hartmut Metz
## TAGS
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