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# taz.de -- Neuer Schach-Star Fabiano Caruana: Kleiner Knochenbrecher
> 402 Jahre musste Italien auf einen großen Denker am Brett warten. Doch
> jetzt hält der erst 22-jährige Fabiano Caruana die globale Elite in
> Schach.
Bild: Fabiano Caruana während der Zurich Chess Challenge.
„Ich nehme die Ice Bucket Challenge fünfmal in Folge auf mich, wenn Fabiano
Caruana alle zehn Partien gewinnt!“, kündigte Kommentator und Großmeister
Yasser Seirawan in einem unbedachten Moment an. Zu diesem Zeitpunkt hatte
der Italiener erst vier Duelle beim sehr stark besetzten Turnier in St.
Louis entschieden. Mittlerweile steht „Mr. Perfect“, wie der 22-Jährige
bisweilen genannt wird, bei unglaublichen sechs Siegen hintereinander. „In
der Geschichte ist das höchstens noch mit den 6,5:0,5 Punkten von Anatoli
Karpow im spanischen Linares 1994 zu vergleichen“, sagt Wesselin Topalow.
Der Weltranglistensechste schränkt aber mit Blick auf die russische Legende
gleich ein: „Damals waren die Gegner schwächer!“ Der Bulgare sollte es
wissen, denn in dieser Zeit begann sein Aufstieg – und Minuten zuvor war
Topalow von Caruana zum zweiten Mal beim Sinquefield Cup zertrümmert
worden. Nach einer weiteren brillanten Partie des Italieners, der durch ein
Läuferopfer den schwarzen König entblößte, gab der bis dahin
Zweitplatzierte auf und lag vier Runden vor Schluss 3,5 Punkte hinter
Caruana. Lachen konnte Topalow nur, als Kommentator Maurice Ashley ihn mit
den Worten aufmunterte: „Jetzt musst du nicht mehr gegen den Burschen
spielen!“
Der letzte italienische Schachmeister von Weltrang starb vor 402 Jahren:
Giulio Cesare Polerio. Seit 1612 warteten die Denker vom Po vergeblich auf
einen legitimen Nachfolger – bis zu Caruanas Föderationswechsel anno 2006.
Der schmächtige Jüngling, der in Miami geboren wurde und in New York
aufwuchs, schmunzelt ein bisschen, wenn er als Fabiano „Fabulous“ Caruana
tituliert wird. Aber an die von Kommentator Ashley ins Spiel gebrachten
„9:1 Punkte am Turnierende“ verschwendet der schmächtige Schachspieler
keinen Gedanken.
„Ich habe natürlich nicht erwartet, solch einen Start hinlegen zu können“,
räumt er ein und gibt sich demonstrativ bescheiden: „Was mein Spiel
anlangt, bin ich Karpow nicht einmal nahe.“ Er versuche nur, „ruhig
weiterzuspielen und keine Partie zu verlieren“. Damit wären ihm schließlich
die 100.000 Dollar Preisgeld sowie Platz zwei in der Weltrangliste gewiss,
plötzlich in Sichtweite des bis dato als unangreifbar geltenden
Weltmeisters Magnus Carlsen.
## Magnus Carlsen in Sichtweite
Der ein Jahr ältere Profi aus Norwegen liegt zwar im Sechserfeld auf Platz
zwei vor Topalow und dem Franzosen Maxime Vachier-Lagrave (beide 2,5
Zähler) sowie Hikaru Nakamura (USA) und dem in Berlin lebenden armenischen
Nationalhelden Lewon Aronjan (je 2). Doch nur halb so viele Punkte wie der
Spitzenreiter aufzuweisen ist für Carlsen genauso inakzeptabel wie seine
Schlappe im ersten Duell mit Caruana.
Der stille Italiener ließ mit den schwarzen Steinen die Harakiri-Attacke
des gefürchteten Weltmeisters unbeeindruckt an sich abperlen, ganz im Stile
seiner Lehrmeister, emotionslose Schach-Programme, die ihn formten und mit
14 Jahren zum Großmeister-Titel trugen. Der sonst so stoische Carlsen büßte
wie ein Tölpel einen Springer ein. Im 34. Zug gab der 23-Jährige auf und
schüttelte entsetzt den Kopf.
Während Kommentator Ashley regelmäßig jauchzt, Caruana spiele „wie von
einem anderen Planeten“ und darüber hinaus einen „Knochenbrecher“-Zug na…
dem anderen, analysiert „Mr. Perfect“ ganz nüchtern seine Glanzpartien.
Etwa die zweite gegen Topalow: „Ich war in der Eröffnung gut vorbereitet.
Wenn man die Züge herunterspult, ist der Gegner verunsichert. Dann patzte
Wesselin.“ Der unterlegene Bulgare kratzte sich ratlos am Kopf und meinte:
„Was soll ich sagen? Er macht keine Fehler!“
3 Sep 2014
## AUTOREN
Hartmut Metz
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