# taz.de -- Nachruf auf Klaus Zapf: Sein letzter Umzug | |
> Der Unternehmer Klaus Zapf formte aus einem Umzugskollektiv eine | |
> millionenschwere Firma. Am Mittwoch ist er im Alter von 62 Jahren | |
> gestorben. | |
Bild: Der Bart ist so lang die der Text, der jetzt folgt: Klaus Zapf (1952-2014) | |
Klaus Zapf hatte ein einladendes Wesen. Immer mal wieder fuhren taz-Autoren | |
in seinem dicken Auto mit. Während er seine Kunden aufsuchte, notierten | |
sie, vorne neben dem Chauffeur (Zapf besaß keinen Führerschein) hockend: | |
„Schon sitzt er wieder auf der Rückbank seines Daimlers der S-Klasse und | |
diktiert ins Aufnahmegerät: ’Vorderhaus, 3. Etage, 3- Mann-Kolonne, 20 | |
Bücherkisten, 3 Kleiderkisten, 20 normale, 15 Kilo Seidenpapier, 60 Folien, | |
Klebeband, macht 1.600 plus Mehrwertsteuer, Rechnung an ... Sowieso | |
tralala‘.“ Zur Erklärung fügte er für die Journalistin hinzu: „Man kri… | |
ein Gefühl für Menge und Wege und das Wesen von einem scheiß Möbel.“ | |
Am Mittwoch ist der 62-jährige Klaus Emil Heinrich Zapf an einem | |
Herzinfarkt gestorben. Seine 1975 als Kollektivbetrieb gegründete Firma | |
beschäftigte zuletzt an 14 Standorten rund 600 Mitarbeiter, sie ist eines | |
der größten Umzugsunternehmen in Europa. Er selbst hatte sich bereits aus | |
dem operativen Geschäft zurückgezogen. Wie viele seiner Mitarbeiter kam | |
Zapf aus Baden-Württemberg. Dort, in Eppingen, ist er jetzt auch gestorben. | |
Zapf hatte sich mit seinem Beruf in Berlin einen legendären Ruf erworben, | |
seine Sympathien für die linke Szene waren weithin bekannt, er war Freund | |
des Studentenführers Rudi Dutschke gewesen. Bis heute wirbt die Firma Zapf | |
– ansässig am Kreuzberger Spreeufer – regelmäßig in den Kleinanzeigen der | |
taz.berlin. Ohne diese Anpreisungen von „Beiladungen, Umzüge, | |
Umzugsmaterial, BRDweit, Standby, sofort umzugsbahnhof“ wäre die taz-Rubrik | |
Lokalprärie längst Geschichte. Zum guten Ruf des „Umzugslouis“, wie er si… | |
nannte, gehörte auch, dass seine Möbelschlepper selbst bei komplizierten | |
Umzügen nicht ihre gute Laune verloren. Viele seiner Kunden konnten darüber | |
nur staunen. | |
In Westberlin hatte Klaus Zapf zuerst mal Jura studiert. Wie viele seiner | |
Kommilitonen finanzierte er sein Studium dann mit Umzügen und | |
Entrümpelungen. Dazu erwarb er einen alten Ford-Transit und beschäftigte | |
immer mehr Freunde. Sein Umzugskollektiv wächst und wächst, die taz schrieb | |
einmal: „Die 80er Jahre, die szeneübliche Kollektivmetamorphose mit | |
Spezialisierung, Arbeitsteilung, verschämten Hierarchien, Zoff um Geld und | |
Lohn und die richtige politische Linie, Machtkämpfe, Streiks, gerichtliche | |
Auseinandersetzung, Spaltung. Aus dem Umzugskollektiv blieb schließlich | |
einer übrig, erst als Inhaber eines Betriebs ’mit Belegschaftsbeteiligung‘ | |
dann als alleiniger Chef: Zapf, der Pragmatiker unter den politischen | |
Idealisten und Ideologen. Einzig das Prinzip der alternativen | |
Selbstausbeutung habe er aus der Kollektivzeit herübergerettet, warfen ihm | |
viele ehemalige Weggefährten vor.“ | |
## Wahlwerbung für die Alternative Liste | |
Als sein Kollektiv langsam zerfiel, machte er als Mitglied der grünen | |
Partei noch mit den gelb-blauen LKW Wahlwerbung für die „AL“. Aber auch | |
später, als er Alleinunternehmer geworden war, wurde er „kein glatter | |
Managertyp, eher ein Firmenpatron mit der speziellen Mischung aus | |
Liebenswürdigkeit und launigem Despotismus. Er genießt die Macht. Macht | |
bedeutet, ’die Klappe aufreißen können‘, oder auch die Freiheit, einen | |
Kunden zu fragen: ’Haste Geld? Nee? O.k. Sagen wir: ’nen Tausender für den | |
Umzug‘.“ | |
Zapf verändert sich, äußerlich wird er nach und nach zu einem | |
übergewichtigen, bärtigen Rocker mit Pferdeschwanz. Und: „Mit der | |
Wiedervereinigung gelingt Zapf der Durchbruch“, erinnert sich Die Welt. | |
Zwar hielt er den Regierungsumzug von Bonn nach Berlin, „dieses ganze Hin | |
und Her auf Kosten der Steuerzahler“, für großen „Quatsch“. Doch dann | |
managte der Unternehmer den Umzug der Bonner Mysterien nach Berlin selbst – | |
obwohl er schon vorher etwa 20 Millionen Jahresumsatz gehabt hatte. Indem | |
er der gewaltigen rheinischen Gentrifizierungswelle Vorschub leistete, hat | |
er die Linke in dieser Stadt verraten – wenn nicht gar zerstäubt. Die Nähe | |
zur Regierung hat noch jeden (auch moralisch) niedergerungen. | |
Für die taz hat Zapf zwar Geld wie Heu gescheffelt, indem er das öde | |
Gerümpel der widerlichsten Wessis (insgesamt etwa 80.000 Tonnen), und sogar | |
von Angela Merkel hierhergeschafft hat. Aber er ist dabei Mensch geblieben, | |
ungehobelter Rocker mit Abitur sogar, der die Dialektik zwar nicht | |
durchdachte, aber durchlebte: „Wenn Zapf auf seinem Firmenhof zwischen | |
Umzugscontainern steht, dann erwischt ihn manchmal die Ambivalenz seiner | |
eigenen Geschichte. ’Hier, das musste schreiben. Diese jungen Leute heute. | |
Vor ein paar Jahren hatten sie lauter Metall in der Nase: ,Watt willste, | |
Alter?‘ Heute sind sie ungeheuer höflich. Die beschweren sich nie.‘ Zapf, | |
dem Unternehmer, müsste das recht sein. Ist es auch, ’aber wie die | |
wirtschaftliche Situation die Leute zurechthobelt, ist doch erschreckend‘.“ | |
Sein Geld steckte er immer wieder in die eigene Firma, er verreiste nicht | |
einmal damit, das überließ er seiner Frau. Er selbst brauchte angeblich | |
lediglich 300 Euro im Monat zum Leben. Ein taz-Reporter notierte damals: | |
„‘Ich schlepp dir noch heute jedes Klavier vier Stockwerke hoch.‘ [sagt e… | |
Klar weiß Zapf, daß man ihm das nicht abnimmt, ’ist aber so. Alles ein | |
mentales Problem. Verstehste? Möbelschleppen ist Zen für Arme. Na gut, | |
seien wir ehrlich, es ist eine Paria-Tätigkeit‘.“ | |
21 Aug 2014 | |
## AUTOREN | |
Helmut Höge | |
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