# taz.de -- Kolumne Press-Schlag: Kommt Zeit, kommt Amt | |
> Michel Platini will nicht gegen Sepp Blatter um den Fifa-Chefposten | |
> antreten. Er ist zu jung – und ihm zudem noch zu ähnlich. | |
Bild: „Vielleicht irgendwann, aber noch nicht jetzt“ – Platini nimmt's lo… | |
Man habe sich für den Frieden entschieden. Das erklärte Islands | |
Verbandspräsident Geir Thorsteinsson zum Vezicht von Uefa-Chef Michel | |
Platini, im Mai 2015 gegen den Amtsinhaber Sepp Blatter um den Posten des | |
Chefs des Fußballweltverbands Fifa zu kandidieren. Womöglich hat der | |
Franzose selbst seinen Rückzug als Akt des Pazifismus verklärt. Um etwas | |
weniger verblümt bei der Wahrheit zu bleiben: Platini hat sich gegen eine | |
Niederlage entschieden. | |
Denn mittlerweile ist klar, dass die anderen Kontinentalverbände trotz | |
aller Skandale um WM-Vergaben und Schmiergelder weiterhin treu auf Seiten | |
von Blatter stehen. Das Säbelrasseln der Europäer, die sich als Reformmotor | |
des Weltfußballs profilieren wollten, hat nichts genützt. Die Wiederwahl | |
des dann 79-jährigen Schweizers auf dem Fifa-Kongress ist nur noch eine | |
Formalie. Jérôme Champagne, der einzige Gegenkandidat, wird lediglich dazu | |
beitragen, das Ganze etwas demokratischer aussehen zu lassen. | |
Indem Platini die Möglichkeit seiner Kandidatur in den Raum stellte, um | |
seine Chancen besser einschätzen zu können, hat er sich als gewiefter | |
Machtpolitiker erwiesen. Er präsentierte sich als verantwortungsbereit, | |
aber eben nicht zu machtgierig. Platini weiß: Die Zeit spielt für ihn. Die | |
Fifa ist eine Gerontokratie. Oder anders ausgedrückt: Über den Fußball | |
herrschen die Tattergreise. So konnte der 59-Jährige ganz entspannt zu | |
seinen Ambitionen auf das höchste Amt erklären: „Vielleicht irgendwann, | |
aber noch nicht jetzt.“ | |
Seiner schnelleren Machtergreifung stand aber mehr als nur sein juveniles | |
Funktionärsalter im Wege. Seine klandestinen Machenschaften als Uefa-Chef | |
ähneln zu sehr denen von Blatter, als dass er sich als Alternative hätte | |
zur Wahl stellen können. Unklar etwa ist, warum Außenseiter Polen und die | |
Ukraine den Zuschlag für die EM 2012 erhielten. Ein Fußballfunktionär aus | |
Zypern wies darauf hin, er habe Platini mehrfach über einen Stimmenkauf | |
informiert, ohne dass es Konsequenzen gegeben hätte. | |
Und seitdem bekannt wurde, dass Michel Platini sich für die umstrittene | |
WM-Vergabe an Katar 2022 starkmachte und davon auch sein Sohn Laurent, der | |
für Qatar Sport Investment arbeitet, profitiert, gilt der Franzose sowieso | |
als Fußballfunktionär alten Schlages. Seine Amtsführung wird von | |
persönlichen Interessen geleitet. Mit Platini reift ein zweiter Blatter | |
heran. Und es fehlt nicht mehr viel, bis er vollständig ausgewachsen ist. | |
28 Aug 2014 | |
## AUTOREN | |
Johannes Kopp | |
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