| # taz.de -- Wowereit-Nachfolge: Platz für dritte Kraft | |
| > Weder Jan Stöß noch Raed Saleh weckt als Kandidat große Begeisterung bei | |
| > den Berlinern. Michael Müller als mögliche Alternative lässt sich noch | |
| > Zeit. | |
| Bild: Michael Müller hat bereits Erfahrung als Partei- und Fraktionsvorsitzend… | |
| Im Kampf um die Nachfolge des Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit | |
| gibt es die ersten Zahlen. In einer Umfrage der Berliner Morgenpost und der | |
| RBB-„Abendschau“ liegt SPD-Landeschef Jan Stöß zwar deutlich vor | |
| Fraktionschef Raed Saleh. Zwei von drei Befragten aber nennen dabei keinen | |
| von beiden als neuen Regierungschef. Klare Botschaft: Es ist noch Raum für | |
| einen oder mehrere andere Kandidaten – wie etwa Stadtentwicklungssenator | |
| und Exparteichef Michael Müller, der sich auch am Donnerstag dazu bedeckt | |
| hielt. | |
| Wowereit hatte am Dienstag überraschend angekündigt, dass er am 11. | |
| Dezember zurücktrete. Das Abgeordnetenhaus soll in seiner Sitzung am | |
| gleichen Tag einen Nachfolger wählen. Der muss nicht selbst Abgeordneter | |
| sein, weshalb auch Stöß gewählt werden kann. | |
| Bei der repräsentativen Umfrage sprachen sich 23 Prozent für Stöß aus, | |
| weniger als halb so viele für Saleh, nämlich 11 Prozent. Innerhalb der | |
| SPD-Anhänger ist das Kräfteverhältnis mit 29 zu 14 Prozent ähnlich. 66 | |
| Prozent der Berliner aber unterstützen keinen der beiden, mehr als die | |
| Hälfte davon lehnt beide sogar ausdrücklich ab. Und das, obwohl insgesamt | |
| eine große Mehrheit – 70 Prozent – Wowereits Rücktritt begrüßt. | |
| Diese Haltung spiegelt eine Einschätzung der im März begonnenen, aber | |
| bislang erfolglosen Initiative für vorgezogene Neuwahlen. Die Leute würden | |
| zwar Wowereit loswerden wollen, berichtete Mitinitiator Felix Herzog der | |
| taz in den vergangenen Monaten mehrfach von seinen Erfahrungen beim Sammeln | |
| von Unterschriften. Doch was nach dem gegen den Senat und Wowereit | |
| gerichteten Tempelhof-Volksentscheid nahezuliegen schien, nämlich ähnlich | |
| viel Unterstützung für eine Abwahl, blieb aus. Die Leute hätten keine | |
| bessere Alternative zum Regierungschef erkennen können und seien daher vor | |
| Neuwahlen zurückgeschreckt, resümierte Herzog am Donnerstag. | |
| Auch in der Bundesspitze der SPD soll man die bisherigen Bewerber nicht für | |
| optimal halten. Von Parteichef Sigmar Gabriel wurde kolportiert, er habe | |
| vergeblich beim Präsidenten des Europaparlaments nachgefragt, Martin | |
| Schulz. Der schien in Betracht zu kommen, weil sein Traum geplatzt war, | |
| EU-Kommissionschef zu werden. Offiziell heißt es von SPD-Generalsekretärin | |
| Yasmin Fahimi, man werde keinen Kandidaten von außen einbringen. | |
| ## Müller nicht entschieden | |
| Gänzlich neu wäre die Lage, falls sich der frühere Landesparteichef Müller | |
| zu einer Kandidatur durchränge. Das soll sich einer Sprecherin Müllers | |
| zufolge bis zum Wochenende entscheiden. Bei einem Parteitag mit rund 220 | |
| Delegierten aus den zwölf SPD-Kreisverbänden hätte er zwar keine Chance. Zu | |
| eingeschworen ist diese alle zwei Jahre gewählte mittlere Führungsebene der | |
| 17.000 Berliner Parteimitglieder auf ihr jeweiliges Lager. Das zeigte sich | |
| besonders gut bei Müllers Entmachtung als Parteichef durch Stöß 2012. | |
| Damals erhielt Stöß trotz einer sehr starken Rede von Müller fast exakt die | |
| für ihn prognostizierte Stimmenzahl. | |
| Bei einer Urabstimmung aller rund 17.000 Berliner SPD-Mitglieder hingegen | |
| dürfte das anders sein. Der überwiegende Teil davon, nach | |
| Parteieinschätzungen 80 bis 85 Prozent, ist eine Blackbox für die Strategen | |
| aller Lager: Sie engagieren sich nicht in den SPD-Ortsvereinen, nehmen | |
| nicht an Parteiveranstaltungen teil und beschränken sich darauf, den | |
| Mitgliedsbeitrag zu überweisen. Schwer einzuschätzen ist, wie viele von | |
| ihnen nur über E-Mails und Medien zu erreichen sind und wie viele zu Foren | |
| und Diskussionsrunden kommen und die Kandidaten direkt erleben werden. | |
| Müller hätte dort als guter Redner wie Stöß bessere Chancen als Saleh. Der | |
| Fraktionschef wiederum hätte bei einem Parteitagsvotum mit kontrollierbaren | |
| Delegiertenzahl seine Stärke im hintergründigen Mehrheitensammeln | |
| ausspielen können – das Reden vor einer großen Menge ist nicht seine | |
| Stärke. | |
| Auch Klaus Wowereit allerdings hatte nur wenige Monate vor seiner | |
| Amtsübernahme als Regierender im Juni 2001 noch nicht die Strahlkraft | |
| späterer Jahre: Er erscheine zunehmend als „zahnloser Papiertiger“, schrieb | |
| die taz damals. | |
| ## Weiterer Bericht SEITE 14 | |
| 28 Aug 2014 | |
| ## AUTOREN | |
| Stefan Alberti | |
| ## TAGS | |
| Interview | |
| Klaus Wowereit | |
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