# taz.de -- Olympische Spiele: Hamburg, mach du's! | |
> Das Einfahren der Sportler auf der "Queen Mary 2" und Zustimmungsquoten | |
> wie in Pjöngjang: gewichtige Gründe unseres Berliner Autors, warum die | |
> Spiele an die Elbe gehören und nirgendwohin sonst. | |
Bild: An der Elbe wären die Spiele bestens aufgehoben, mein Jens Uthoff. | |
Hamburg, du willst es nicht anders. Die Hamburger Bürger sind | |
olympiabegeisterter, Tendenz steigend. Waren Ende 2013 laut Emnid noch 59 | |
Prozent für Olympia, kletterte die Zustimmung zwischenzeitlich auf 65 | |
Prozent, ehe die Initiative Markt- und Sozialforschung im Juli satte 73 | |
Prozent Zustimmung ermittelte. Wenn das so weitergeht, kommt man bis zur | |
Entscheidung über die Olympiavergabe 2017 auf rund 150 Prozent Zustimmung. | |
Wahnsinn. Von solchen Quoten kann selbst Pjöngjang nur träumen. | |
Du bist nah am Wasser gebaut. Olympia, das ist eben nicht nur zu Lande, das | |
ist auch zu Wasser. Segeln auf der Nord- und Ostsee, Rudern auf der Doven | |
Elbe, Kanuslalom in Wilhelmsburg – da weht der olympische Gedanke nicht nur | |
mit dem Klang der Namen der Gewässer, sondern auch mit den sie umgebenden | |
maritimen Winden in die Stadt hinein. Die Spree, das ist doch im Vergleich | |
zur Elbe eher ein Rinnsal. Und vom Brandenburger Beetzsee hat die Welt noch | |
nie gehört. | |
Berlin und München haben schon mal versagt. Hamburg, du willst und kannst | |
nicht nur Olympia – du musst es sogar machen. Denn Berlin und München | |
hatten ihre Chance im letzten Jahrhundert, sie haben sie nicht genutzt. Du | |
bist jetzt an der Reihe. (Oder willst du etwa warten, bis Köln sich | |
bewirbt? Eben.) Berlin ’36 und München ’72 sind beide nur so mittelprächt… | |
gelaufen und nicht ganz so gut in Erinnerung (und das, obwohl die | |
PR-Abteilung ’36 recht gut gewesen sein soll). Du kannst nun zeigen, wie | |
man es richtig macht. Demokratisch, praktisch, gut. | |
Du bist der eigentliche Sehnsuchtsort. Der wahre Ort für Romantik | |
beziehungsweise der Ort für wahre Romantik ist Hamburg. Wie sang Hans | |
Albers so schön? „Der Hafen, die Lichter, die Sehnsucht begleiten / das | |
Schiff in die Ferne hinaus.“ Und weiter: „Denn dort an der Elbe / da wartet | |
dein Glück.“ Wenn da die jungen Olympioniken nicht weich werden, wenn ihnen | |
dann die Kirchentagsatmosphäre, die mit dem olympischen und dem | |
paralympischen Dorf sowie dem Olympiastadion auf dem Kleinen Grasbrook | |
entstehen wird, nicht zu Herzen geht, ist ihnen nicht mehr zu helfen. Und | |
auch die Sportstätten – die Alsterdorfer Sporthalle, der Rothenbaum – | |
klingen nach ganz großem Tennis, das man dann 2024 oder 2028 auch endlich | |
wieder sehen wird. | |
Denn Hamburg … – es fällt mir nicht leicht, das zu sagen, aber du brauchst | |
mal wieder Spitzensport. Sportlich liegen Hamburgs Großtaten (zu) lange | |
zurück. Okay, da war kürzlich mal ein deutscher Handballmeister, und auch | |
die Fußballer des HSV sollen, glaubt man den Geschichtsbüchern, einmal | |
Deutscher Meister gewesen sein. Aber wenn man ehrlich ist, wird die Arena | |
am Volkspark im Jahr 2024 schon lange nicht mehr gebraucht werden – für | |
einen Zweitligisten wird sie sich dauerhaft als zu groß erwiesen haben. | |
2024 oder 2028 ist dann endlich wieder besserer Fußball in der Arena im | |
Volkspark zu sehen: wenn die Olympiateams von Neuseeland und Norwegen | |
gegeneinander antreten. | |
Du kannst Olympia 2.0 und Allympics. Hamburg will Olympia weiterentwickeln | |
und hat sich die knackige Marke „2.0“ verpasst. Das ist sensationell, das | |
ist großartig, da wäre sonst niemand drauf gekommen (und wenn die Welt 2024 | |
bei 4.0 oder 5.0 ist, ist Hamburg schon retrofuturistisch). Wie locker | |
Hamburg zudem das Thema Inklusion meistert: „Allympics“ statt Olympics! Wir | |
sind alle Gewinner. | |
Du bist glaubwürdiger, und du musst nicht ständig auf dicke Hose machen. | |
Hamburg meint die Sache mit der Bescheidenheit, mit den kurzen Wegen, den | |
nachhaltigen Spielen und dem ganzen Kram ernst. Man schaue sich im | |
Vergleich mal die zugemüllte Hauptstadt an – grüne Spiele, ha! Aus Hamburgs | |
Bewerbung sprechen hanseatische Sachlichkeit und quasiskandinavischer | |
Pragmatismus. In Berlin sind das alles nur Luftblasen: Die metropolitanen | |
Träume würden in dem Moment wieder ganz groß aufgeblasen, in dem man den | |
Zuschlag erhält. | |
Du hast die bessere Infrastruktur. Hamburgs U-Bahnen, Busse und S-Bahnen: | |
ein Traum, verlässlich wie eine Casio-Digitaluhr. Noch vor drei Jahren | |
wurde Hamburg vom Club „Mobil in Deutschland“, der allseits – um nicht zu | |
sagen weltweit – bekannten ADAC-Alternative, für den besten städtischen | |
Nahverkehr in Deutschland ausgezeichnet. Die Berliner Verkehrsunternehmen | |
sind dagegen Lotterie. Sollte es mit den Sportlern und dem Besucherandrang | |
am Flughafen in Fuhlsbüttel eng werden, lässt Hamburg die Meute eben mit | |
der „Queen Mary 2“ einfahren. Im Vergleich: Berlin hätte 2024 vermutlich | |
vier Flughäfen, drei davon ungenutzt. Auf einem soll Tennis gespielt | |
werden, auf einem anderen soll ein olympisches Dorf entstehen, ein drittes | |
Projekt hingegen modert in Schönefeld vor sich hin, weil sich keiner mehr | |
darum kümmern will. | |
Fazit: Hamburg 2024, ein Traum. | |
Mehr über den Olympia-Wettstreit zwischen Berlin und Hamburg lesen Sie in | |
der taz.am wochenende | |
5 Sep 2014 | |
## AUTOREN | |
Jens Uthoff | |
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