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# taz.de -- Nachruf auf Joachim Fuchsberger: Der gute, geliebte Deutsche
> Er war eines der Gesichter der alten Bundesrepublik. Nun ist Joachim
> „Blacky“ Fuchsberger im Alter von 87 Jahren gestorben.
Bild: Ein Typ des Gepflegten, der Pfeife schmauchte: Joachim Fuchsberger.
In der Hitlerjugend war er natürlich auch. Als Geborener des Jahres 1927
war das für einen Jugendlichen seiner Generation beinah zwangsläufig. Im
Gegensatz zu vielen anderen aus künstlerischen Gewerben – Schriftstellern
etwa oder auch Schauspielern – hat er das nie verhehlt. Allerdings war
Joachim Fuchsberger auch nie auf Mission, für niemanden. Moralisch sauber
und edel zu bleiben, bemerkte er einmal bei einem Empfang in München, sei
nur Göttern oder Engeln möglich – er sei ein Mensch. Mehr sagte er nicht.
Moralische Hochgestimmtheit war seine Sache offenbar nicht. Und vielleicht
war das der Grund, weshalb er dem bundesdeutschen TV- und Filmpublikum so
gut gefiel.
Populär ist er seit 1954. Damals spielte er – der Nationalsozialismus lag
nicht einmal eine Dekade zurück, die Eliten der Bundesrepublik mühten sich
tüchtig, die eigenen Verstrickungen in die Jahre 1933 bis 1945 in
kommunikatives Schweigen zu hüllen – den Gefreiten Asch in dem Kriegsfilm
„08/15“. Eine Rolle, die den Leuten gefallen musste, weil dieser Soldat der
Wehrmacht doch irgendwie sauber geblieben war: Fuchsberger formulierte in
seiner Rolle faktisch das Wunschbild der Landser von sich selbst – Opfer
aus dem Ruder gelaufener Umstände, keine erwachsenen Täter und Mörder.
Der Erfolg dieser Figur hatte zugleich auch sehr viel mit der Art dieses
gebürtigen Stuttgarters zu tun. Ein Mann von nicht allzu hünenhafter
Statur, doch auch nicht zwergig; ein Körper, der über eine sonore,
irgendwie immer begütigende, nie aggressive Stimme verfügte; ein Mann des
Ausgleichs, der Jovialität, des Moderativen – und einer, der es sich nie
mit irgendjemandem verderben wollte: Ihm, der in den sechziger Jahren in
einer Fülle von Edgar-Wallace-Filmen mitmachte und dabei nie als guter
Schauspieler, etwa im „Hexer“, war das Ultramännliche, die Testosteronbombe
zu geben offenbar nicht möglich.
Ein Typ des Gepflegten, der Pfeife schmauchte, kein nervöses Hemd wie Horst
Buchholz oder ein raunendes Fass voller Geheimnisse wie Hardy Krüger:
Fuchsberger schien seine Rollen nie existenziell anzulegen – und auch dies
war ein sehr gemochter Zug an ihm.
## Gewisse Weltläufigkeit, lässige Umgangsformen
Anfang der Siebziger fiel die Hauptrolle in dem TV-Krimi-Dreiteiler „11 Uhr
20“ auf ihn – einen Deutschen mit gewisser Weltläufigkeit, die sich in
lässigen Umgangsformen ausdrückte. Fuchsberger und Gila von Weitershausen
(als schön ertränkte Leiche) mitten in Istanbul – das war ein Highlight
international orientierten TV-Schaffens lange vor all den Traumschiffen und
exotischen Kulissen.
1972 schließlich, Fuchsberger gehörte längst zum Establishment in München,
zu den prägenden Figuren der bajuwarischen Kultur jenseits der
Schuhplattlerei und Dirndlseligkeit, betraute man ihn mit der Moderation
von der Sprecherkabine aus, um den Olympischen Sommerspielen an der Isar
zur Eröffnung wie zur Abschiedszeremonie ein nicht schnarrendes Timbre zu
geben. Und: Er war wirklich gut – eben der andere, der nicht mehr
nazistische Deutsche.
In den Siebzigern verließ er, nach Ausflügen ins Albernheitsgenre der
sogenannten Paukerfilme, den Film und verlegte sich aufs Fernsehen. Shows
wie „Auf los geht‘s los“ am Samstagabend bedienten das damals
unhinterfragbare Format des Entertainments als Sammelsurium mit
Publikumsspielcharakter. Neun Jahre hielt dieses Format ihn im Sattel, dann
musste er gehen: Mit Sendern wie RTL und Sat.1 kam eine Konkurrenz in die
Wohnzimmer, die Fuchsbergers Shows eher ältlich wirken ließen. In der
Plauderrunde „Heut’ abend“ stellte er zwischen 1980 und 1991 in 300
Sendungen Gäste vor – und man beleidigt ihn und seine Freunde, wenn man
sagt, dass die genaue, wenigstens spontane Nachfrage nicht seine Stärke
war.
## Zwischenzeitlich nach Australien ausgewandert
Seither war Fuchsberger – obwohl zwischenzeitlich nach Australien
ausgewandert – nie ganz weg. 2012 erhielt er als letzten Preis den Bambi
für sein Lebenswerk, der erste war 1942 das Kriegsverdienstkreuz mit
Schwertern 2. Klasse. Dazwischen: Bravo Ottos in Gold bis Bronze, Ehren für
den Pfeifenraucher des Jahres, das Bundesverdienstkreuz, die Goldene Kamera
– alles an Lobpreisungen ist dabei, ihn als authentischen Deutschen des
Jahrgangs 1927 zu beschreiben, einen, der es in die neue Zeit der
Demokratie und des Freisinns schaffen konnte – und das gern.
In den vergangenen Jahren lebte er wieder mit seiner Frau Gundula in
München. Beide mussten ertragen, dass ihr 1957 geborener Sohn Thomas vor
knapp vier Jahren in einem Fluss bei München ertrank. Oft war Fuchsberger
noch in Talkshows zu Gast. Dann saß er dort, neben anderen Urgesteinen der
bundesdeutschen Frühgeschichte, Barbara Rütting, Peter Scholl-Latour oder
Hildegard Hamm-Brücher.
Was auch immer sie genau taten: Sie einte vor allem, aus guten alten Zeiten
berichten zu können, aus einem Land, das mit ihnen zur Bundesrepublik
wurde. Joachim Fuchsberger ist am Donnerstag mit 87 Jahren in Grünwald bei
München gestorben.
11 Sep 2014
## AUTOREN
Jan Feddersen
## TAGS
Schauspieler
Nachruf
Bambi
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