# taz.de -- Die Wahrheit: Feuchtwandern im Umland | |
> Schwabinger Krawall: Landpartien im Münchner S-Bahnbereich wollen gut und | |
> nüchtern geplant sein, ansonsten droht der Absturz. | |
Der Hubsi hat gesagt, in so einem Sommer, wo es mit dem Baden schon seit | |
Anfang August vorbei sei, bleibe einem nichts übrig als Wanderungen im | |
Umland. Um das Wandern gehe es dabei weniger, aber jede S-Bahnstation habe | |
mindestens eine saugeile Ausflugsgaststätte in drei bis fünf Gehminuten | |
Entfernung aufzuweisen, wo es ein richtiges Bier gebe und nicht die lacke | |
Zuckersuppe, die die Münchner Brauereien vor der Wiesn aus ihren Kesseln | |
waschen, und überdies seien die Hasen auf dem Land schon aufgrund | |
mangelnder Auswahl dermaßen ausgehungert, dass man bloß mit dem Finger | |
schnippen müsse. | |
Allerdings, hat der Hubsi gesagt, sei so eine Wanderung nur dann der | |
Hauptspaß, wenn man in einer größeren Gruppe unterwegs sei. Der Jackie hat | |
nicht richtig reden können und ist einfach mitgegangen zum Renato, wo der | |
Hubsi gebrüllt hat, er veranstalte eine kollektive Spaßwanderung zur | |
Graf-Arco-Brauerei in Valley, die momentan noch vor dem Atomic und dem | |
Berghain der angesagteste Laden in Westeuropa sei, und in der Anmeldegebühr | |
von zwanzig Euro sei die Routenplanung bereits inbegriffen. | |
Die Resonanz war gering. Der Ferrari-Schorsch hat gesagt, er habe bei | |
seiner letzten Wanderung vor zehn Jahren in Andechs seinen Fotoapparat, | |
seine Schuhe und seine damalige Verlobte vergessen und wolle so was mit dem | |
Model aus Düsseldorf, das er am Freitag auf der Premiere von diesem | |
berlinerischen Theaterregisseur kennengelernt habe, auf keinen Fall noch | |
mal riskieren, schon weil er nie wieder eine berlinerische Theaterpremiere | |
durchstehen werde. Der dicke Kerl von dem Eventheft hat gesagt, bei den | |
Misthaufenbewohnern gebe es weder Pizzas noch trinkbaren Weißwein, aber sie | |
könnten ihm gern für sein neues Eventportal ein Ranking der | |
Top-Landgasthöfe erstellen. | |
Also sind der Jackie und der Hubsi weiter gezogen, und wie am Ende in der | |
Sieben der Totenkopf-Willi gelallt hat, er täte gern mittun, wisse aber | |
nicht bei was, weil sie so undeutlich reden, haben sie beschlossen, zu | |
zweit zu wandern, weil es sowieso schon hell und Zeit geworden ist, wegen | |
dem Frühtau. | |
Der Hubsi hat zwei alte Regenschirme eingesammelt, die Bezüge abgerissen | |
und gesagt, ohne Wanderstöcke sei das Ganze ein Schmarrn, dann sind sie zum | |
Taxistand gewankt. Der Taxifahrer hat gesagt, er nehme sie nur auf eigene | |
Verantwortung mit, und in der S-Bahn haben sie sich gewundert, wieso ihr | |
Abteil leer und alle anderen voll waren, aber das war ihnen dann auch | |
relativ schnell egal. | |
Wie dann der Hubsi am Montagnachmittag gefragt hat, was der Jackie so | |
vorhabe, hat der ins Telefon gebrüllt, er habe keine Lust, je wieder sechs | |
Stunden lang zwischen Höhenkirchen-Siegertsbrunn und Wolfratshausen hin und | |
her zu fahren, sich am Arsch der Welt wegen Trunkenheit aus dem Zug | |
schmeißen zu lassen, hundert Euro für das einzige Taxi zu bezahlen, der | |
Jacqueline eine ausnahmsweise absolut wahre Geschichte zu erzählen, die sie | |
noch weniger glaube als die erfundenen, und sowieso solle ihm der Sommer | |
den Schuh aufblasen und alles andere auch. | |
19 Sep 2014 | |
## AUTOREN | |
Michael Sailer | |
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