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# taz.de -- Der sonntaz-Streit: „Ich finde das schade“
> Mit Karte zahlen geht heutzutage problemlos. Brauchen wir also noch
> Bargeld? Nein, sagt Ex-Finanzminister Hans Eichel. Andere widersprechen.
Bild: Wer braucht Münzen, wenn es auch Karten gibt?
Nächste Woche bringt die Europäische Zentralbank einen neuen 10- Euro
Schein in Umlauf. Das kommt den Deutschen entgegen, denn die zahlen immer
noch am liebsten mit Bargeld. Und wenn sie zur Karte greifen, dann lieber
zur Bank- als zur Kreditkarte. Der Deutsche ist halt sparsam, hat gerne
Überblick über seine Finanzen.
Aber eigentlich braucht doch keiner mehr Bargeld. Gerade erst hat Apple
seinen neuen Bezahldienst Apple Pay vorgestellt. Damit will das Unternehmen
das Smartphone zur digitalen Geldbörse umfunktionieren. Einfach, schnell
und effizient. Und wer dem Internetgiganten aus dem Silicon Valley nicht
traut, kann auch auf Bitcoins umsteigen: eine verschlüsselte digitale
Währung, die sich wachsender Beliebtheit erfreut. Brauchen wir also noch
Bargeld?
„Technisch gesehen brauchen wir kein Bargeld mehr“, sagt Hans Eichel,
ehemaliger Finanzminster der Bundesrepublik. Der SPD-Politiker glaubt,
„dass Banknoten und Münzen ein Auslaufmodell sind.“ Er persönlich fände …
schade, weil sich dadurch der Umgang mit dem Geld ändere.
## Der fehlende Überblick
Ohne Bargeld hätte man weniger Überblick über seine Ausgaben. „Das
überlegte Umgehen mit Geld wird also nachlassen und insbesondere für viele
Leute, die sich in wirtschaftlichen Dingen nicht so gut auskennen, in
privater Verschuldung enden.“ Einen positiven Effekt hätte die Abschaffung
des Bargelds allerdings, sagt Eichel: „Geldströme wären nachvollziehbar und
es wäre nicht mehr möglich, Steuern zu hinterziehen.“
Arnulf Keese, Deutschland-Chef der Firma PayPal stellt fest: „Die
Verbreitung bargeldloser Bezahlmöglichkeiten wird das Einkaufen überall
einfacher machen. Deshalb werden wir in Zukunft immer weniger Bargeld und
schließlich gar keines brauchen.“ Bargeldlose Bezahlwege über Smartphone
und ähnliches, sagt Keese, seien weniger risikoreich und würden Bargeld
überflüssig machen.
Kritisch sieht die Abschaffung des Bargelds die Autorin und Politikerin
Anke Domscheit-Berg. Sie sagt: „Wir leben in einer Zeit, in der Daten über
uns überall verfügbar sind, gesammelt und ausgewertet werden. Von
Unternehmen, damit sie uns noch besser ihren Kram verticken können, und von
Geheimdiensten, damit wir besser manipulierbar und erpressbar sind.“
Die Datenspuren, die bei bargeldlosen Bezahlvorgängen entstehen, könnten
laut Domscheit-Berg zur Erstellung von umfassenden Persönlichkeitsprofilen
missbraucht werden. „Wer heute anonym shoppen möchte“, sagt Domscheit-Berg,
„der sollte Bargeld dafür benutzen.“
## Ein Ganovenstück
Auch der Autor und Börsenmakler Dirk Müller, alias Mr. Dax, glaubt nicht,
dass eine bargeldlose Welt eine gute Idee ist. „Die Abschaffung des
Bargeldes käme einem Ganovenstück gleich. Geldscheine und Münzen sind per
Gesetz die einzigen legalen Zahlungsmittel. Geld auf Girokonten und
elektronische Zahlenschiebereien sind stets nur die Übertragung von legalen
Zahlungsmitteln - eben Münzen und Scheine.“
Müller spricht sich dafür aus, dass neue und bequeme Möglichkeiten der
Zahlung nicht automatisch das Bargeld ersetzen sollten. Beide Möglichkeiten
sollten nebeneinander existieren. „Es muss dem Bürger zwingend selbst
überlassen bleiben, ob er auf elektronischem Wege Ansprüche überträgt oder
mit klingender Münze bezahlt.“
Die Streitfrage der Woche beantworten außerdem Georg Fahrenschon, Präsident
des Deutschen Sparkassenverbands, Joerg Platzer, Kryptoökonom und Bitcoin
aktzeptierender Wirt und die taz-Leserin Hannah Rössler und Georg Füchsle –
in der taz am wochenende vom 20./21. September 2014.
20 Sep 2014
## AUTOREN
Francesco Giammarco
## TAGS
Bargeld
Streitfrage
Hans Eichel
Plastiktüten
Bargeld
Onlinewährung
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