# taz.de -- Parteitag mit Effekt: Großes Plankenlaufen bei Piraten | |
> Mit Hausverboten, Austritten und Machtworten machen sich die Mitglieder | |
> der Bremer Piraten gegenseitig fertig für die Bürgerschaftswahl 2015. | |
Bild: Der Bremer Piraten-Landesparteitag ging ohne Blutvergießen zu Ende. | |
BREMEN taz | Zwar hat er in Rekordtempo einen neuen Landesvorstand gewählt, | |
doch als großer Erfolg wird der Parteitag der Bremer Piraten nicht in deren | |
Geschichte eingehen. Tatsächlich atmete das Meeting im DGB Haus gestern, an | |
seinem zweiten Tag, Katerstimmung, trotz Anwesenheit des Partei-Chef Stefan | |
Körner und vier weiterer Mitglieder des Bundesvorstandes. Vielleicht aber | |
auch wegen ihr. | |
Auf der einen Seite des Tivoli-Saals, der zur Straße hin, waren die | |
Mitglieder des neuen Landesvorstands zusammengerückt. Sie betrieben, | |
moderiert vom Parteitagspräsidium, die Plenumsdiskussion über Satzungs- und | |
Geschäftsordnungsanträge. Im Zentrum des Raums hatten, tippend, die | |
Generalsekretärin der Bundespartei und ihr Stellvertreter Platz genommen, | |
ansonsten: leere Reihen. | |
Mit dem Rücken zum Hof wiederum saßen diejenigen, die in Bremen zuletzt die | |
inhaltliche Arbeit der Piraten dominierten, an ihren Endgeräten – und | |
schickten dann und wann einen sarkastischen Kommentar in den Äther. „Es | |
käme jetzt zu Programmanträgen: Es wird die Schließung der Versammlung | |
beantragt“ twitterte Marvin Pollock gegen 13.30 Uhr, und, 39 Sekunden | |
später: „Ist ja auch logisch – das wichtige (Kommafehler beseitigen) ist ja | |
auch getan.“ | |
## Kleinliche Orthografie-Debatte | |
Damit knüpfte der Vorsitzende des Kreisverbandes Bremen Mitte inhaltlich an | |
eine kleinliche Orthografie-Debatte des Vortags an, für die Frustration | |
hatte jedoch vor allem gesorgt, dass die Wiederwahl von Sebastian Raible | |
als Landesvorsitzender denkbar knapp gescheitert war: Der Gründer der | |
Bremer Sektion des Chaos Computer Clubs erhielt 13. Gewählt wurde sein | |
Gegenkandidat Volker Menge aus Blumenthal mit 14 Stimmen. Daraufhin hatte | |
sich Raibles gesamtes Team zurückgezogen. | |
Ob das Ergebnis Bestand hat ist unklar, weil angeblich nur 25 | |
Stimmberechtigte an der Wahl teilnahmen. Von denen war am Sonntag nicht | |
einmal die Hälfte übrig geblieben, sodass auch die Wahl einer | |
Schiedskommission, die das Ergebnis überprüfen könnte, scheiterte: Es gab | |
keine Kandidaturen. | |
Allerdings ist auch kaum noch jemand da, die Wahl anzufechten. | |
Landesvorstandsmitglied Rob Wessel hat seinen Austritt sofort vollzogen, | |
Pollock will noch eine geordnete Übergabe der Kreisverbands-Geschäfte | |
vollziehen. | |
Vorausgegangen war dem einerseits der Versuch, den Bundesvorstand | |
auszusperren – weil dieser die Mitglieder einschüchtere. Die Mail, mit der | |
man Stefan Körner aufgefordert hatte, sich in Bremen nicht blicken zu | |
lassen, war als vertraulich gekennzeichnet – jedoch noch vor Samstag weit | |
gestreut worden. Andererseits gab es eine Auseinandersetzung um eine | |
Wortmeldung von Parteimitgründer Erich Sturm. | |
## Protest gegen Sturm | |
Der hatte sich dagegen ausgesprochen, die Satzung so zu ändern, dass | |
Menschen, die sich homphob oder faschistisch verhielten, nicht aufgenommen | |
werden dürften: „Dabei bleibt völlig unklar, ab wann ein Verhalten homophob | |
oder faschistisch einzustufen ist“, erläuterte Sturm. Er plädiere dagegen, | |
„jemandem sofort die Akzeptanz zu entziehen, wenn er sagt, ich habe ein | |
Problem mit Schwulen“. Man müsse versuchen mit ihm zu reden, „wenn er nicht | |
mit dem Baseballschläger loszieht“. | |
Es sei dann im weiteren Verlauf genau das eingetreten, wovor er habe warnen | |
wollen, sagte Sturm der taz. Sein Wortbeitrag nämlich wurde ihm wiederum | |
als homophobes Verhalten ausgelegt. Mehrere TeilnehmerInnen verließen den | |
Saal. Sturm wurde ermahnt, niemanden zu verletzen. | |
Seine Nachfragen, wo und wie genau er sich unbotmäßig verhalten habe, | |
wurden als Störaktionen identifiziert und mit Rauswurf quittiert. "Ich habe | |
ihn des Saales verwiesen", so Versammlungsleiter Gero Nagel. Sturm | |
interpretierte das als Hausverbot - zu Unrecht: "Er hätte gerne am Sonntag | |
wiederkommen können." | |
In einem persönlichen Kommuniqué bezeichnete der Protokollführer Sturms | |
Auftritt gar als den „Gipfel aller Scheiße auf diesem Parteitag“. | |
Unabhängig davon hatte er sein Amt bereits am Samstag niedergelegt. | |
"Der Antifa-Flügel akzeptiert keine von seiner abweichende Meinung." Er | |
mache in der Partei "gar nichts mehr", bleibe aber weiter Mitglied. "Ich | |
trete im Moment nicht aus", so Sturm zur taz. "Dieses öffentliche zurück- | |
und austreten ist doch ohnehin Kindergarten." | |
## Körner gibt sich zufrieden | |
Damit ist er ganz auf der Linie des seit Juni amtierenden Piratenkapitäns | |
Körner. Am Rande des Landesparteitags nannte der die Turbulenzen | |
„Nachwehen“ eines Richtungsstreits in der Partei. „Ich glaube nicht, dass | |
der Landesparteitag schief gelaufen ist“, sagte er der taz. | |
Dass ein Großteil der politisch Aktiven dem Landesverband nun den Rücken | |
gekehrt hätten, bezeichnete er als „bedauerlich“ und "natürlich schade". | |
Diese hätten jedoch auch „einige abgeschreckt, die jetzt vielleicht wieder | |
zu uns zurück kommen." Dabei habe es bei der politischen Arbeit in Bremen | |
jedoch „keine gravierenden inhaltlichen Fehler“ gegeben. | |
21 Sep 2014 | |
## AUTOREN | |
Benno Schirrmeister | |
## TAGS | |
Bürgerschaftswahl | |
Bremen | |
Stefan Körner | |
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