| # taz.de -- Interview zur Demo „United Neighbours“: „Das ist eine humanit… | |
| > Das Recht auf eine Wohnung ist das Thema der Demonstration „United | |
| > Neighbours“, zu der Gruppen von Flüchtlings-Aktivisten am Samstag | |
| > aufrufen. | |
| Bild: Leider alles andere als einfach: eine Wohnung finden | |
| taz: Frau Große*, unter dem Motto „United Neighbours“ wird am Samstag für | |
| das Recht auf Wohnung demonstriert – nicht nur für Zwangsgeräumte, sondern | |
| auch für Flüchtlinge. Sie beschäftigen sich damit beruflich – und teilen | |
| diese Forderung. Warum ist es wichtig, dass Flüchtlinge in Wohnungen statt | |
| Sammelunterkünften leben? | |
| Anja Große: Die isolierte Lage der meisten Sammelunterkünfte ist ein | |
| unglaubliches Integrationshindernis. Wenn sich gegenseitig fremde Menschen | |
| auf engstem Raum in gemeinsamen Zimmern leben müssen, birgt das außerdem | |
| großen sozialen Sprengstoff. Ich erlebe das oft in meiner Arbeit: Wenn wir | |
| Menschen eine Wohnung vermitteln, wirken sie danach wie ausgewechselt. Aus | |
| Frustration und Wut wird dann Freude und oft auch große Dankbarkeit. | |
| In Berlin lebt mehr als die Hälfte der Flüchtlinge in Sammelunterkünften. | |
| Warum? | |
| Es gibt viel zu wenig Wohnungen, die für Transferleistungsempfänger | |
| allgemein und damit auch für Flüchtlinge in Betracht kommen. Dazu kommen | |
| spezifische Probleme: Rassismus ist auch auf dem Wohnungsmarkt verbreitet, | |
| viele Vermieter verfügen zudem auch nicht über die rechtlichen Kenntnisse, | |
| um etwa mit einer Aufenthaltsgenehmigung etwas anfangen zu können. | |
| Oft wird argumentiert, Berlin habe auch ohne Flüchtlinge schon genug | |
| Probleme, Wohnungslose unterzubringen. Stimmt das? | |
| Natürlich: Auch in der Wohnungslosenhilfe habe ich erlebt, wie schwierig es | |
| ist, infrage kommende Wohnungen zu finden. Trotzdem denke ich, dass | |
| Deutschland eine humanitäre Verpflichtung hat, Flüchtlingen zu helfen. Dazu | |
| gehört auch die Bereitstellung von geeigneten Wohnungen. | |
| Dem Anstieg der Flüchtlingszahlen will das Landesamt für Gesundheit und | |
| Soziales unter anderem mit dem Bau von Containerdörfern begegnen. Geht es | |
| nicht anders? | |
| Jetzt gerade ist die Situation tatsächlich sehr akut, das liegt aber auch | |
| ganz klar daran, dass sich Berlin viel zu wenig vorbereitet hat. Die | |
| Konflikte, derentwegen die Flüchtlinge nach Berlin kommen, gibt es ja nicht | |
| erst seit gestern. Man muss auch sehen, dass die Flüchtlingszahlen in den | |
| 90er Jahren deutlich höher waren als heute – da wird gerade nach meinem | |
| Empfinden auch viel Populismus betrieben. | |
| Was hätte Berlin davon, Flüchtlinge anders unterzubringen? | |
| Neben den humanitären und sozialen Aspekten gibt es auch einen ganz | |
| gewaltigen finanziellen: Die Unterbringung in Wohnungen ist deutlich | |
| billiger als die in Sammelunterkünften, gerade in Berlin sollte das | |
| eigentlich ein wichtiges Argument sein. | |
| Woran fehlt es dann? | |
| Aus meiner Sicht ist das eine Frage des politischen Willens: Die Politik | |
| muss für bezahlbaren Wohnraum sorgen, die Abkehr vom sozialen Wohnungsbau | |
| hätte es nie geben dürfen. Sie muss aber auch Druck auf | |
| Wohnungsbaugesellschaften und Hausverwaltungen ausüben, damit diese | |
| Empfänger von Sozialleistungen nicht pauschal abweisen. Und sie muss | |
| Flüchtlinge bei der Wohnungssuche unterstützen – dieses Angebot gibt es | |
| bisher von staatlicher Seite viel zu wenig. | |
| *Name geändert | |
| 26 Sep 2014 | |
| ## AUTOREN | |
| Malene Gürgen | |
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