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# taz.de -- Neue Machtoptionen: Nord-CDU stellt sich neu auf
> Die CDU im Norden setzt auf Ingbert Liebing als neuen Parteivorsitzenden
> und Daniel Günther als neuen Landtags-Fraktionschef. Beide gelten als
> liberal und einer schwarz-grünen Koalition nicht abgeneigt.
Bild: So sieht christdemokratischer Neuanfang in Schleswig-Holstein aus: der fr…
KIEL/HAMBURG taz | Nun hat er endlich den Posten, den er schon lange
wollte: Daniel Günther ist der neue Fraktionsvorsitzende der CDU im Kieler
Landtag und somit Oppositionsführer. Auf einer Sondersitzung der Fraktion
am Sonntagabend wurde der 41-Jährige zum Nachfolger von Johannes Callsen,
48, gewählt, der tags zuvor zurückgetreten war.
Günther bekam 16 von 21 Stimmen, vier Abgeordnete votierten gegen ihn,
einer enthielt sich. „Jetzt kann sich Torsten Albig warm anziehen“,
kündigte Günther in Richtung des SPD-Ministerpräsidenten an. Zusammen mit
dem designierten neuen Landesvorsitzenden Ingbert Liebing, 51, will
Schleswig-Holsteins Union nun möglichst rasch wieder dahin, wohin sie nach
eigener Auffassung hingehört: in die Regierung.
Dafür dürften die Chancen nun steigen. Hochschulpolitiker Günther gilt als
deutlich angriffslustiger und wortgewandter als sein biederer Vorgänger
Callsen. Zwischen 2005 und 2012 war er als Landesgeschäftsführer der
Nord-CDU auch für die Landtagswahlkämpfe zuständig und lernte die Partei
bestens von innen heraus kennen – alles keine Nachteile.
Auch ein weiterer Punkt, der Günther bislang in den Augen des konservativen
CDU-Flügels diskreditierte, könnte sich perspektivisch als machtpolitisch
förderlich erweisen: Günther hat keinen schlechten Draht zu den Grünen. Und
die fühlen sich nach den jüngsten Querelen mit der SPD wegen der
Streitigkeiten um die Rücktritte der MinisterInnen Wara Wende und Andreas
Breitner nicht mehr so richtig wohl im Kabinett.
Eher positiv fallen die Kommentare der anderen Fraktionen aus. Die grüne
Fraktionsvorsitzende Eka von Kalben hofft „wieder auf eine inhaltliche
Auseinandersetzung mit der CDU im Parlament“, der als scharfzüngiger
Polemiker bekannte SPD-Fraktionschef Ralf Stegner freut sich auf
„rhetorisch anspruchsvollere Debatten“ und der FDP-Vormann Wolfgang Kubicki
wünscht sich, dass der „Neustart in der CDU jetzt wieder zu einer
Konzentration der Oppositionsarbeit führen wird“. Geradezu aus dem Häuschen
sind gar die Piraten: „Herzlichen Glückwunsch, Daniel Günther, toi toi toi,
du kannst dir sicher sein, dass ich mich für dich freu‘“, jubelt ihr
Fraktionschef Torge Schmidt.
Das Stühlerücken an der Kieler Förde hatte am Wochenende der
Landesvorsitzende Reimer Böge ausgelöst mit seiner Ankündigung, aus
gesundheitlichen Gründen auf dem Parteitag im November nicht für eine
weitere Amtszeit zu kandidieren. Als seinen Nachfolger schlug der
Landesvorstand den Bundestagsabgeordneten und bisherigen Partei-Vize
Ingbert Liebing von der Insel Sylt vor. Weil auf dieser Sitzung auch der
intern als schwach geltende Fraktionschef Callsen seinen Rücktritt anbot,
kam zugleich Günther zum Zuge.
Böge und Callsen galten ohnehin als Übergangskandidaten. 2011 hatte der als
Erbe des amtsmüden Ministerpräsidenten Peter Harry Carstensen auserkorene
Christian von Boetticher seine politische Karriere durch eine Affäre mit
einer damals 16-jährigen Schülerin zerstört. Der kurzfristige Parteichef
und Spitzenkandidat Jost de Jager schied nach der verlorenen Landtagswahl
2012 ebenfalls aus der Politik aus. Böge und Callsen mussten als
Interimslösungen vor allem deshalb übernehmen, weil der konservative
Parteiflügel die liberalen und als schwarz-grün verträglich geltenden
Liebing und Günther verhindern wollten. Dieser Kurs ist nun nicht mehr
durchzuhalten.
Vollkommen ungetrübt indes ist der Versuch eines christdemokratischen
Neuanfangs nicht. Im Hinblick auf die Landtagswahl 2015 verkündete Liebing
sogleich seine Ambitionen auf das Amt des Regierungschefs. „Der
Landesvorsitzende muss in der Lage sein, die Spitzenkandidatur zu
übernehmen und das Amt des Ministerpräsidenten auszufüllen“, stellte er am
Montag klar. Da wird der zehn Jahre jüngere Günther, im Alltag als
Oppositionsführer im Landtag der Herausforderer von Ministerpräsident
Albig, sicher Einwände haben.
6 Oct 2014
## AUTOREN
Sven-Michael Veit
## TAGS
Schleswig-Holstein
CDU
CDU Hamburg
Neue Liberale
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