| # taz.de -- Trainerwechsel bei Schalke 04: Würdeloser Abgang | |
| > Roberto Di Matteo wird neuer Coach der Königsblauen. Die am Montag | |
| > verkündete Entlassung seines Vorgängers Jens Keller stand seit Tagen | |
| > fest. | |
| Bild: Schwärmte noch für „sein“ Team, da war er längst weg vom Fenster: … | |
| GELSENKIRCHEN taz | Es gibt zweifellos Orte, an denen vertrauliche | |
| Informationen besser aufgehoben sind als in Gelsenkirchen. Erst am | |
| Wochenende sind wieder einmal sensible Interna aus der Kabine des | |
| ortsansässigen Fußballklubs nach außen gedrungen. Die mitunter lustlose | |
| Spielweise von Julian Draxler soll Gegenstand der sonntäglichen | |
| Mannschaftsbesprechung gewesen sein, war zu hören. „Im Unterschied zum | |
| einen oder anderen in meiner Mannschaft diskutiere ich solche Dinge nicht | |
| in der Öffentlichkeit.“, lautete daraufhin eine der letzten öffentlichen | |
| Äußerungen des Trainers Jens Keller, dessen am Montag vollzogene Entlassung | |
| offenbar schon seit fast einer Woche so gut beschlossen war. | |
| Vor dem Hintergrund der Schalker Geschwätzigkeit grenzt es an ein Wunder, | |
| dass die Herren aus der Schalker Klubführung ihre Trainerwechselplanungen | |
| derart lange unter Verschluss halten konnten. Denn schon auf einem | |
| „Geheimtreffen“ (Bild-Zeitung) am vorigen Mittwoch beim Schalker | |
| Aufsichtsratschef Clemens Tönnies in Rheda-Wiedenbrück ist die Sache | |
| offenbar fixiert worden. Kellers Nachfolger Roberto Di Matteo, der am | |
| heutigen Mittwoch offiziell in Gelsenkirchen vorgestellt wird, Manager | |
| Horst Heldt und eben Tönnies vereinbarten dort eine Zusammenarbeit bis | |
| 2017. Offen war zunächst nur, wann genau Di Matteo einsteigen würde. | |
| Nach dem 1:2 in Hoffenheim vom vorigen Samstag, nur zwei Siegen in acht | |
| Pflichtspielen und extremen Leistungsschwankungen flog Heldt nach London, | |
| um den Wunschtrainer zu einer sofortigen Amtsübernahme zu überreden, bevor | |
| dann am Montagabend auch der arme Keller über diesen Entschluss informiert | |
| worden war. Es gab schon viele stillose Trainerentlassungen, aber diese | |
| hier ist besonders würdelos. Denn während Heldt in London mit Di Matteo | |
| sprach, schwärmte Keller ausführlich in einer TV-Talkshow davon, wie | |
| vertraut das Verhältnis zur Klubführung sei und erzählte, dass er keine | |
| Entlassung zu befürchten habe. | |
| ## Di Matteos Referenz: ein Champions-League-Sieg | |
| Am Dienstagmorgen wurden dann die üblichen Rituale zelebriert: Keller | |
| gebühre „der Dank des FC Schalke 04“, teilte Heldt mit, der Trainer habe 22 | |
| Monate lang „gute Arbeit“ geleistet, doch leider habe zuletzt „die | |
| notwendige Konstanz“ gefehlt. Nun sei man zu der „festen Überzeugung“ | |
| gekommen, „dass Roberto Di Matteo das Team stabilisiert und es schafft, | |
| unsere Ziele in der Bundesliga und der Champions League zu erreichen.“ | |
| Das war es also mit Jens Keller auf Schalke, und in der Tat hat Di Matteo | |
| eine Referenz vorzuweisen, die ihm jene Art von Respekt verschafft, den | |
| sein Vorgänger nie hatte: Der in der Schweiz aufgewachsene 34-fache | |
| italienische Nationalspieler, gewann 2012 als Trainer des FC Chelsea die | |
| Champions League. Wobei dieser glanzvolle Erfolg vor allem aufgrund | |
| verschiedener Zufälle zu Stande kam: Zum einen war die Fußballwelt sich | |
| einig, dass der Finalsieg gegen die Bayern im Elfmeterschießen eine der | |
| katastrophalsten Ungerechtigkeiten der jüngeren Fußballgeschichte war, zum | |
| anderen war Di Matteo seinerzeit erst seit wenigen Wochen Interimstrainer | |
| der Mannschaft. Nach dem Titel erhielt er dann zwar einen festen Vertrag, | |
| wurde aber im November 2012 schon wieder entlassen. | |
| ## Aus dem selben Fußball-Labor wie Löw | |
| Interessant ist allerdings, dass Di Matteo aus dem Fußball-Labor stammt, in | |
| dem auch Joachim Löw fußballtheoretisch sozialisiert wurde: Der | |
| Bundestrainer ist geprägt von seiner Zeit im schweizerischen Schaffhausen, | |
| wo er zwischen 1989 und 1991 zum Ausklang seiner Karriere gemeinsam mit dem | |
| jungen Di Matteo unter dem legendären Trainer Rolf Fringer gearbeitet hat. | |
| Auch den heutige DFB-Chefscout Urs Siegenthaler war damals regelmäßig in | |
| Schaffhausen, und Löw hat oft erzählt, dass hier wichtige Wurzeln seines | |
| späteren Schaffens liegen. | |
| Über Di Matteo berichtete er erst im Frühjahr: „Als 18-Jähriger hat er mir | |
| als 28-Jährigem erklärt, wie ich im Mittelfeld laufen muss. Ich wusste: | |
| Wenn es jemand schafft aus jener Schaffhauser Mannschaft, ein großer | |
| Trainer zu werden, dann er.“ | |
| Noch steht dieser Beweis aus, aber beim FC Schalke hoffen sie natürlich, | |
| das Löw recht behalten wird. Wobei es kaum eine kompliziertere | |
| Herausforderung gibt als den Trainerposten beim königsblauen Revierklub. | |
| 7 Oct 2014 | |
| ## AUTOREN | |
| Daniel Theweleit | |
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