# taz.de -- Kunst auf Djerba: Die Dorfgalerie | |
> Auf der südtunesischen Ferieninsel Djerba tafen sich 150 Straßenkünstler | |
> aus 30 Ländern zum Kunstprojekt Djerbahood. | |
Bild: In den Straßen von Erriadh, dem Dorf, wo das Kunstprojekt Djerbahood aus… | |
Das Rauschen der Palmen im Wind ist das lauteste Geräusch, das nachmittags | |
in Erriadh zu hören ist. In den engen Gassen der ältesten Ortschaft Djerbas | |
scheint die Zeit stehen geblieben zu sein. Die ein paar Kilometer | |
entfernten All Inclusive Hotelburgen wirken wie von einem anderen Stern. | |
Mehdi Ben Cheikh reichte letztes Jahr ein kurzer Spaziergang durch um zu | |
verstehen, dass er am Ziel seiner langen Suche nach einem Ort für sein | |
Straßenkunstprojekt in Nordafrika war. | |
„Andere Künstler suchen nach Galerien, ich suche nach Wänden“, sagt der in | |
Paris lebende 38 Jährige Franco-Tunesier. Seit 10 Jahren organisiert er | |
Kunst in der der Öffentlichkeit, die „demokratischste Form von Kultur, da | |
wir keine Orte brauchen, die nur einer Bildungs-Elite zugänglich sind.“ | |
Letztes Jahr ließ Cheikh 100 Graffiti Künstler auf ein zum Abriss | |
freigegebenes Hochhaus in Paris los. Die vierwöchige „Paris 13“ genannte | |
Ausstellung war mit 25.000 Besuchern das wohl das größte europäische | |
öffentliche Kunstprojekt des Jahres. | |
In diesem Sommer ist die Welt ist die Welt in Erriadh zu Gastl lacht | |
Cheikh. 150 Kreative aus 30 Ländern haben ihre Bilder auf den schneeweißen | |
Wänden und Ruinen verewigt. Ende September wurde die „Djerbahood“ genannte | |
Dorfgalerie eröffnet. | |
## Erprobtes Miteinander | |
„Auf Djerba leben Araber, Berber, Christen und Juden seit 2000 Jahren | |
friedlich zusammen. Auch jetzt, umgeben von den Konflikten des arabischen | |
Frühlings wie zwei Autostunden entfernt in Libyen. Die Menschen hier leben | |
Toleranz und Miteinander, mit Djerbahood will ich das diese Haltung der | |
Öffentlichkeit in Erinnerung rufen“, sagt Cheikh. | |
Die meisten Straßenkünstler fand er über monatelange Recherche im Internet. | |
Die Kosten für die Aktion übernahmen private Spender und Firmen aus | |
Frankreich und Tunesien. Für die Motive gab es nur eine Auflage, die | |
Hausbesitzer mussten einverstanden sein. | |
Für die ältere Generation im Dorf waren die Ideen der mit Sprühdosen und | |
Pinseln bewaffneten Gäste zunächst ein Rätsel. Nach dem ersten Schock | |
konnten wir sie davon überzeugen, dass es nicht um Vandalismus sondern | |
darum geht, eine Szenographie, aus dem Dorf ein Kunstprojekt zu machen“, | |
erinnert sich die Fotografin Myriam Ben Ghazi. | |
In kleinen Gruppen und im Austausch mit den Bewohnern waren Graffiti Stars | |
wie der Brite Phlegm, Alexis Diaz aus Puerto Rico und Claudio Ethos aus | |
Brasilien über Wochen privat untergebracht. | |
„Ich möchte dieses wunderschöne Dorf mit der Welt verbinden, überall sonst | |
werden zur Zeit Wände zum Islam und der arabischen Welt aufgebaut“, sagt | |
der der tunesisch- französische Künstler El Seed. | |
## Anfängliche Skepsis der Bewohner | |
Der 33 jährige Anis Tannich erzählt von der anfänglichen Skepsis vieler | |
Bewohner:” Niemand im Dorf hatte jemals solche Bilder gesehen. Aber nun | |
kommen Touristen aus der ganzen Welt zu und beschäftigen sich neben den | |
Bildern auch mit unserer Kultur. Das macht mich stolz.“ | |
Der 63 jährige Ladenbesitzer Abdel Kader setzte sich oft zu den Künstlern. | |
„Wir als Dorf hatten durch Djerbahood mehr Kontakt zu anderen Kulturen als | |
in zwanzig Jahren Hoteltourismus, der eher Vorurteile produziert hat. Ich | |
habe viel über Favelas in Brasilien gelernt und wir diskutieren jetzt unter | |
uns weiter.“ | |
Initiator Ben Cheikh hat nach seinem Kunststudium an der Sorbonne | |
Universität die Galerie Itinerrance eröffnet, wo er Djerbahood Fotografien | |
ausstellt. | |
In Zukunft will er sich noch mehr auf genannte In Situ Projekte, Kunst im | |
öffentlichen Raum, konzentrieren, „ denn die Arbeit in der Öffentlichkeit | |
verändert Künstler und Besucher gleichermaßen.“ | |
Vor allem arabische Calligraphy soll die Kommunikation mit der arabischen | |
Welt schaffen. Mit „Calligraffiti, deren Verbindung mit Grafitti werden | |
traditionelle arabischen Schriftzeichen in die moderne Zeit zu übersetzt. | |
„Ein Austausch zwischen Tradition und Moderne ist gerade in der aktuellen | |
politischen Lage nötiger denn je.“ | |
Vor zwölf Jahren wurde die La Griba Synagoge wegen eines | |
Selbstmordanschlags von Extremisten über Nacht bekannt. Das Djerbahood | |
Projekt hat es nur in wenige westliche Medien geschafft. Aber auf der Insel | |
ist man stolz auf die positiven Reaktionen. | |
Cheikh sucht einen Ort für das nächste Jahr.„Ich hoffe, das Projekt | |
verbreitet sich über die ganze Insel. Ein paar Kilometer weiter, am Ben | |
Ayed Palast, haben Jugendliche schon begonnen, eigene Motive zu schaffen.“ | |
11 Oct 2014 | |
## AUTOREN | |
Mirco Keilberth | |
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