| # taz.de -- Kommentar: Aus Hamburg wird Humbug | |
| > DIE PLÄNE VON MEHR DEMOKRATIE | |
| Bild: Künftig in verschiedenen Städten, wenn es nach "Mehr Demokratie" geht: … | |
| Humbug ist ein sehr hübsches Wort für einen leider nicht so hübschen | |
| Vorgang. Der Vorschlag von „Mehr Demokratie“, aus dem Stadtstaat Hamburg 23 | |
| Teile zu machen, verdient sich dieses Prädikat redlich. Seine Umsetzung | |
| würde kein einziges Problem lösen oder auch nur mildern, aber neue Probleme | |
| im Dutzend schaffen. Das Ergebnis wäre nicht mehr Demokratie, sondern mehr | |
| Bürokratie. Auf Hamburgisch heißt so was Tünkram. | |
| Es mag ja sein, dass eine Reihe von Menschen an der – realen – | |
| Globalisierung und der – gefühlten– Unübersichtlichkeit der Welt so | |
| verzweifeln, dass sie wie Schotten oder Katalanen separatistische Gelüste | |
| verspüren oder die gute alte D-Mark wieder haben wollen. Der Rückzug in die | |
| Gartenzwerg-Idylle indes gaukelt eine Selbstbestimmtheit höchstens vor, | |
| schafft sie aber nicht. | |
| In der Kleinstaaterei würden neue Radwege an kommunalen Grenzen enden oder | |
| gar nicht erst gebaut. Neue Flüchtlingsunterkünfte würden von St. Florian | |
| verhindert. Der Finanzausgleich zwischen Blankenese und Billstedt würde zu | |
| fast so heftigen Konflikten führen wie die EU-Milliarden für Griechenland. | |
| Eine Aufteilung Hamburgs in 23 Kommunen schafft zudem erst die doppelten | |
| und dreifachen Verwaltungsstrukturen, die eigentlich abgeschafft werden | |
| sollen. Zwei Dutzend Bürgermeister, zwei Dutzend Stadtparlamente, zwei | |
| Dutzend Fachbehörden sind ein so geniales Arbeitsbeschaffungsprogramm für | |
| den öffentlichen Dienst, dass als Urheber eigentlich nur der Beamtenbund in | |
| Frage kommen kann. | |
| Er aber ist es nicht, sondern ein Verein, der sich um die direkte | |
| Demokratie in Hamburg verdient gemacht hat – und jetzt mit einem | |
| Selbstlegitimationsprogramm um seine Existenzberechtigung kämpft. Die | |
| direkte Demokratie aber ist eine Ergänzung der repräsentativen Demokratie, | |
| nicht deren Aushebelung durch Stammtisch-Mehrheiten professioneller | |
| Querulanten. | |
| „Mehr Demokratie“ ist dabei, mit seiner permanenten Misstrauenserklärung an | |
| gewählte VolksvertreterInnen eben die Politik(er)verdrossenheit zu fördern, | |
| die der Verein bekämpfen wollte. Und zugleich das eigene Instrumentarium | |
| aus neuem Wahlrecht und Volksbegehren zu diskreditieren. „Mehr Demokratie“ | |
| ist auf dem Irrweg. | |
| 12 Oct 2014 | |
| ## AUTOREN | |
| Sven-Michael Veit | |
| Sven-Michael Veit | |
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