# taz.de -- Union-Fan wandert zu Auswärtsspiel: „Mich zu quälen reizt mich�… | |
> Der Berliner Union-Fan Sascha Koschitzke geht 630 Kilometer zu Fuß zum | |
> Auswärtsspiel seines Teams ins württembergische Aalen. Warum bloß? | |
Bild: Kurz vor dem Ziel: Union-Fan Sascha Koschitzke wandert zum Auswärtsspiel… | |
taz: Herr Koschitzke, wo erwische ich Sie gerade? | |
Sascha Koschitzke: Ich bin in einem Nest namens Jagstzell, etwa 30 | |
Kilometer vor Aalen – sagt zumindest mein Wander-Navi. Es geht hier immer | |
durch kleine Waldstücke, es ist ein bisschen wellig. Traumhaft. | |
Wie viele Kilometer haben Sie schon in den Knochen? | |
Wenn ich heute Abend in Aalen ankomme, bin ich 630 Kilometer gelaufen. Das | |
hat dann aber auch insgesamt 15 Tage gedauert – 14 Etappen, ein Ruhetag. | |
Wie viele Stunden waren Sie täglich unterwegs? | |
Ich bin jeden Tag etwa 10 Stunden gelaufen. Im Schnitt waren die Etappen 45 | |
Kilometer lang. Ich laufe immer so zwischen 5 und 6 Stundenkilometer | |
schnell, aber man bleibt ja auch mal stehen, isst was oder macht ein Foto. | |
Was machen die Blasen an den Füßen? | |
Die sind gut versorgt. Ich habe mir Desinfektionszeug mitgenommen und so | |
’ne kleine, spitze Schere. Ich habe die Dinger dann jeden Abend | |
aufgestochen. | |
Warum tun Sie sich das Ganze überhaupt an: Ist das Ihr persönlicher Gang | |
nach Canossa? | |
Eigentlich bin ich Radsportler, das ist meine große Leidenschaft. Dieses | |
Sich-Quälen, Sich-an-Grenzen-Bringen reizt mich. | |
Aber wie kamen Sie darauf, diesen Spaziermarathon mit einem Union-Spiel zu | |
verbinden? | |
Ich hatte noch zwei Wochen Urlaub und wusste nicht, wohin ich fahren | |
sollte. Ich wollte nicht das Übliche. Irgendwann hörte ich ein Interview | |
mit Reinhold Messner: Der erzählte davon, wie er einst zu seinem 60. | |
Geburtstag 2.000 Kilometer durch die Wüste Gobi gelaufen war. So was | |
Ähnliches wollte ich im eigenen Land machen. Von Berlin aus bis zu den | |
Alpen laufen war zum Beispiel eine Idee. Dann fiel mir aber ein, dass ich | |
in der Zeit die Union-Spiele verpassen würde – meine andere große | |
Leidenschaft käme also zu kurz. | |
Und so findet man sich auf dem Weg nach Aalen wieder. | |
Genau. Ich hab geguckt, wo Union auswärts spielt. Aalen lag gut 600 | |
Kilometer entfernt, das passte. Sicher war ich mir dennoch nicht, ob ich | |
das auch wirklich durchziehe. Nach unserem Sieg gegen Leipzig vor einigen | |
Wochen waren wir dann alle so euphorisiert, dass meine Kumpels gesagt | |
haben: „Jetzt musst du das aber auch machen!“ | |
Mit dem schlechten Tabellenplatz hatte es also nichts zu tun? | |
Nee. Wir sind ja Unioner. Klar wollen wir nicht absteigen, aber in dieser | |
Saison – mit neuem Trainer und neuem Konzept – muss man schon ein bisschen | |
Geduld haben. | |
Sind Sie in Trikot und mit Fan-Utensilien unterwegs? | |
Ich habe nur einen Schal dabei. Den habe ich auch erst seit zwei Tagen um. | |
Vorher war es dafür zu warm. Jetzt gab es hier einen richtigen | |
Kälteeinbruch. | |
Was haben Sie unterwegs erlebt? | |
Viel Natur gesehen! Ich bin ein Stadtmensch. Ich komme aus Mitte, aber ich | |
bin auch großer Naturliebhaber. Am frühen Morgen war es am schönsten, | |
meistens bin ich gegen halb acht losgegangen. Ich habe mich mit Bauern | |
unterhalten, wenn die mit ihren Traktoren über die Felder fuhren. Aber ich | |
habe auch viel gelitten. Mein Rucksack wog am Anfang 17,5 Kilo, das ging | |
richtig auf den Nacken. | |
Wo haben Sie übernachtet? | |
In Hotels oder Landgaststuben. Das war oft sehr familiär. Die heiße Dusche | |
am Abend und die Beine hochzulegen war meine Belohnung. | |
Warum machen ausgerechnet Union-Fans immer so komische Sachen? | |
Gute Frage – aber: Weiß ich auch nicht. | |
Wenn Union verliert, geht’s dann zu Fuß zurück? | |
Nee. Wenn ich noch Urlaub hätte, könnte man darüber nachdenken. Aber ich | |
gehe sowieso davon aus, dass wir mindestens einen Punkt holen. | |
Sie geben sich nach 630 Kilometern mit einem Punkt zufrieden …? | |
Na ja, das letzte Auswärtsspiel, das Union gewonnen hat, war Ende 2013 in | |
Bochum. Da wird man bescheiden. Aber natürlich darf’s auch gerne ein Dreier | |
sein! | |
23 Oct 2014 | |
## AUTOREN | |
Jens Uthoff | |
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