# taz.de -- Bürgerkrieg in Syrien: Dschihadisten foltern Jugendliche | |
> Human Rights Watch berichtet über die Misshandlung von im Mai entführten | |
> Schülern aus dem Grenzort Kobani. Inzwischen sind sie wieder frei. | |
Bild: Kämpfe in der Umgebung von Kobani | |
BERLIN taz | Der Islamische Staat (IS) schreckt nicht davor zurück, Kinder | |
zu verschleppen, sie zu misshandeln und zu foltern. Dies geht aus einem | |
Bericht der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) hervor, der | |
am Dienstag veröffentlicht wurde. Der Bericht basiert auf den Aussagen von | |
vier Jungen, mit denen HRW-Mitarbeiter nach deren Freilassung und Flucht in | |
die Türkei Einzelinterviews führten. | |
Die vier zwischen 14 und 16 Jahre alten Jugendlichen aus dem syrischen | |
Grenzort Kobani gehörten zu einer Gruppe von 153 kurdischen Jungen, die am | |
29. Mai von den Dschihadisten verschleppt wurden, als sie nach Prüfungen in | |
Aleppo nach Hause zurückkehrten. Medienberichten zufolge wurden die letzten | |
25 Entführten am 29. Oktober freigelassen. | |
Ursprünglich gehörten etwa 250 Jugendliche aus Kobani zu der Gruppe der | |
Verschleppten. Alle Mädchen, etwa 100, wurden nach wenigen Stunden | |
freigelassen, aber die 153 Jungen wurden in einer Schule in Manbij, etwa 55 | |
Kilometer südwestlich von Kobani, festgehalten. Etwa 50 Jungen gelang | |
zwischen Juni und September die Flucht oder sie wurden freigelassen – 15 | |
von ihnen offenbar im Austausch gegen von Kurden festgehaltene IS-Kämpfer. | |
Im September ließ der IS etwa 75 der Gefangenen frei, darunter auch die | |
vier Jungen, die von HRW interviewt wurden. | |
## Die Jugendlichen mussten sich Gewaltvideos ansehen | |
Die Schüler wurden demnach in acht Gruppen eingeteilt, die in verschiedenen | |
Klassenräumen schliefen. Jeder bekam drei Decken, zwei davon als Matratze. | |
Es gab zweimal am Tag Essen und alle zwei Wochen durften sie baden. Sie | |
mussten fünf Mal am Tag beten und am Religionsunterricht teilnehmen. Die | |
Lehrer zwangen sie, Videos von IS-Kämpfern im Gefecht und dem Köpfen von | |
Gefangenen anzusehen. | |
Nach Aussage der Jungen wurden jene mit Verwandten, die Mitglieder der | |
kurdischen Miliz YPD sind, am schlechtesten behandelt. Die | |
syrisch-kurdische YPD verteidigt Kobani gegen die Angreifer des IS und | |
steht der türkisch-kurdischen PKK nahe. | |
Ein 15-jähriger Junge berichtete gegenüber HRW, die Entführer hätten von | |
denen, deren Familien der YPD nahestanden, gefordert, die Adressen ihrer | |
Verwandten herauszurücken. „Wenn wir nach Kobani kommen, werden wir sie | |
ergreifen und in Stücke schneiden“, zitiert der Junge die Entführer. „Sie | |
sagten, die YPG-Mitglieder seien Ungläubige.“ Wie die Jugendlichen weiter | |
berichteten, stammten ihre Bewacher und Lehrer aus Syrien, Jordanien, | |
Libyen, Tunesien und Saudi-Arabien. | |
## Die syrischen Wächter waren die schlimmsten | |
Ein 16-Jähriger nannte gegenüber HRW Einzelheiten über Misshandlung und | |
Folter durch die Schergen des IS: „Diejenigen, die ihrem Programm nicht | |
folgten, wurden geschlagen. Sie schlugen uns mit einem grünen Schlauch oder | |
einem dicken Kabel. Sie schlugen auch unsere Fußsohlen. Den Autoreifen | |
benutzten sie seltener. Mich haben sie einmal in einen Autoreifen gesteckt | |
und geschlagen. Manchmal schlugen sie uns ohne jeden Grund. | |
Die syrischen Wächter waren die schlimmsten und schlugen uns am heftigsten. | |
Wir mussten Koranverse auswendig lernen, und wer das nicht schaffte, wurde | |
geschlagen. Als einige Jungen zu fliehen versuchten, wurde die Behandlung | |
schlimmer. Wir wurden alle bestraft und bekamen weniger zu essen.“ | |
4 Nov 2014 | |
## AUTOREN | |
Beate Seel | |
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