Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Kolumne Kulturbeutel: Ein miserabler Fifa-Propagandafilm
> „United Passions“ wurde von der Fifa finanziert und ist ein ganz übles
> Machwerk. Daran ändern auch Gérard Depardieu und Tim Roth nichts.
Bild: Blatter (l.) mit Depardieu bei der Fifa-Flop-Premiere in Cannes
Gérard Depardieu, der emigrierte französische Großschauspieler, ist ein
Fresssack und ein Säufer. Ersteres sieht man ihm an, über Letzteres gibt es
keinen Zweifel mehr, seit in der vergangenen Woche berichtet wurde, dass
der Mann schon zum Frühstück Champagner und Wein trinkt, eine Flasche
Pastis pro Tag verbraucht und abends auch gerne mal Whiskey oder Wodka
trinkt. Letztere Spirituose soll er in seiner Wahlheimat Russland schätzen
gelernt haben. Betrunken sei er dennoch nie, soll er gesagt haben,
vielleicht einmal leicht angeheitert, was sich aber gebe, wenn er ein
kleines Nickerchen macht. Das zu glauben, fällt nach der Inaugenscheinnahme
eines seiner letzten Filme schwer.
Es ist ein Propagandamachwerk der miesesten Sorte. Die Beteiligten können
nicht bei Sinnen gewesen sein, als sie sich zur Mitarbeit daran
verpflichtet haben. Da war doch Alkohol im Spiel, muss denken, wer sich den
von der Fifa finanzierten 25-Millionen-Euro-Film anschaut. „United
Passions“ heißt der Streifen, der die Geschichte des Internationalen
Fußballverbands erzählt. In dem spielt Depardieu Jules Rimet, den Gründer
der Fifa. Die Idee zu einem Fußballfilm, in dem die Geschichte des Sports
nur über das Handeln der Funktionäre erzählt wird, ist mindestens ebenso
bizarr wie die Vergabe eines WM-Turniers an ein Wüstenemirat am Persischen
Golf.
Wer will schon monokeltragenden Schnauzbärten, die um einen massiven Tisch
herum sitzen, dabei zusehen, wie sie sich einen Namen für den zu gründenden
Weltverband ausdenken? Wer will Mäuschen spielen bei Sitzungen des
Exekutivkomitees der Fifa, auf denen alles verhandelt wird, nur nicht das,
wofür dieses Gremium steht, für Korruption? Gibt es in dieser weiten
Fußballwelt irgendjemanden, der nicht der Meinung ist, dass Sepp Blatter
Dreck am Stecken hat?
Glaubt jemand der Botschaft des Films, dass es der Schweizer war, der die
Fifa zu einem wahren Hort der Gerechtigkeit und Fairness gemacht hat?
„United Passions“ ist eine Sepp-Blatter-Hagiografie in Bewegtbildern. „Von
nun an werden wir in jeder Hinsicht vorbildlich sein“, sagt Tim Roth (Was
hat der eigentlich genommen, als er die Rolle angenommen hat?) als Sepp
Blatter bei einer Sitzung. „Das kleinste ethische Vergehen wird umgehend
bestraft.“
Nein, es handelt sich nicht um eine Komödie. Die Fifa meint es ernst. Und
wer sich bis zum Ende des Streifens durchkämpft, dem wird doch tatsächlich
weisgemacht, dass es die Fifa war, die das Ende der Apartheid in Südafrika
herbeigeführt hat. Im Abspann sieht man den seligen Nelson Mandela mit dem
Weltpokal in der Hand tanzen. Das alles lässt sich eigentlich nur mit einer
gehörigen Menge Alkohol im Blut aushalten.
Kein Wunder, dass sich kaum einer den Film antun will. Wo der Film in den
Kinos lief, in Serbien, Russland und Portugal zum Beispiel, blieben die
meisten Sessel leer. Das ist doch mal eine gute Nachricht aus dem
Fifa-Kosmos. Der Film ist ein Flop. Darauf einen Pastis! Prost!
7 Nov 2014
## AUTOREN
Andreas Rüttenauer
## TAGS
Fifa
Sepp Blatter
Gérard Depardieu
Fußball
Fußball
Fußball-WM 2022
Fifa
Uli Hoeneß
Fußball
## ARTIKEL ZUM THEMA
Korruption bei der Fifa: Geronten mit Hang zum Luxus
Scheintransparenz ist typisch für die Fifa: Der eigene Ethikrat fand
heraus, dass bei der WM-Vergabe alles mit rechten Dingen zuging – eine
Farce.
Verlegung der Fußball-WM in Katar 2022: Rummenigge mag es nicht heiß
Die Club-Vereinigung ECA schlägt als Termin für die Fußball-WM 2022 in
Katar April/Mai vor. So will sie eine Austragung mitten in der Saison
2021/22 vermeiden.
WM-Vergabe unter Korruptionsvorwürfen: So durchsichtig wie Milchglas
Immer mehr Fifa-Mitglieder fordern die Veröffentlichung des
Untersuchungsberichts. Eine Anti-Blatter-Allianz formiert sich trotzdem
nicht.
Hoeneß' geheimes Tagebuch 5+6: Endlich frei
Der „Steuer-Strolch“ hat Ausgang. Geheime Notizen über Knauser-Kalle,
Schwafel-Sammer und den kommenden Weihnachtsurlaub.
Kolumne Press-Schlag: Rasche Russifizierung
Während die Rufe nach einem Boykott der WM 2018 lauter werden, wiegeln die
Sportfunktionäre ab. Zu sehr hat sich Russland in die Verbände eingekauft.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.