# taz.de -- Deutsches Curling-Herren-Nationalteam: Schrubben für das bisschen … | |
> Bei der Europameisterschaft geht es für die deutschen Curler um mehr als | |
> die WM-Qualifikation: Die gesamte Förderung steht auf dem Spiel. | |
Bild: Läuft nicht bei dir: Skip Alexander Baumann beim EM-Spiel gegen Norwegen | |
Der Titel hätte die Lösung sein können, oder auch irgendeine andere | |
Medaille hätte das Problem aller Voraussicht nach aus der Welt geschafft. | |
„Für eine Streichung der Fördermittel gäbe es dann keine Argumente mehr“, | |
stellte Manuel Walter jedenfalls fest, noch bevor er mit seinen | |
Curling-Kollegen ins schweizerische Champéry zur EM gefahren war. Er sagte | |
allerdings auch: „Der Titel ist nicht unser Ziel. Das wäre nicht | |
realistisch.“ | |
Das realistische Ziel für die Mannschaft des Deutschen Curling Verbandes | |
(DCV) lautete stattdessen: Qualifikation für die nächste WM. Mit | |
Vorrundenplatz siebenhätten sie diese direkt erreicht. Doch durch eine | |
Niederlage im Tie-Breaker-Spiel gegen Schottland am Donnerstag reichte es | |
nur zu Platz acht. Am Freitag steht nun eine Art Finalspiel um die | |
WM-Qualifikation gegen den Sieger der B-EM an. | |
Die bange Frage, ob das ausreicht, dass die Curler auch weiterhin | |
staatliche Fördermittel erhalten, steht so oder so im Raum und wird auch | |
nach der EM zu klären sein. Mitte Oktober war bekannt geworden, dass | |
Deutscher Olympischer Sportbund (DOSB) und Bundesinnenministerium (BMI) | |
demDCV, dem kleinsten deutschen Wintersportverband, die bislang rund | |
400.000 Euro jährlich zu streichen gedenken – und zwar gänzlich und quasi | |
sofort. Der Verteilungskampf im deutschen Sport ist schließlich härter | |
geworden. Die Folgen sind gnadenlos: Wer keine Chance auf Medaillen hat, | |
bekäme künftig keine Fördergelder mehr. | |
Dabei ist es keineswegs so, dass sich die deutschen Curler in der | |
Vergangenheit nicht emsig am Medaillensammeln für Deutschland beteiligt | |
hätten. Sechs Mal Europameister waren die Männer, zwei Mal Weltmeisterinnen | |
wurden die Frauen. Insgesamt stehen 18 WM- sowie 23 EM-Medaillen zu Buche. | |
Der Haken: Die letzte deutsche Curlingmedaille (WM-Gold durch Schöpp) | |
stammt von 2010, just in diesem Jahr gelang es den deutschen Curlern bei | |
den Olympischen Spielen in Vancouver mit Platz sechs noch in Medaillennähe | |
zu gelangen. Seitdem haben sie sich peu à peu davon entfernt. | |
## Verpasster Professionalisierungsschub | |
„Nach Vancouver hat sich das Ganze nochmal professionalisiert. Diese | |
Entwicklung haben wir ein bisschen unterschätzt,“ räumt Martin Beiser ein, | |
der bis Jahresende Bundestrainer ist. Während in den Topteams die Steine | |
längst von Profis oder zumindest Halbprofis übers Eis geschoben werden, | |
sind die deutschen Curler nach wie vor weitgehend lupenreine Amateure. „Bei | |
uns arbeiten alle tagsüber und trainieren am Abend. Das kann man mit | |
anderen Nationen nicht vergleichen“, sagt Beiser. „Wir haben da | |
Entwicklungsbedarf.“ | |
Zugute halten muss man den Curlern, dass sie bereits 2013 mit der | |
Aufarbeitung begonnen haben. Im Jahr zuvor hatten die Männer mit dem | |
Abstieg in die B-Gruppe den Tiefpunkt erreicht, dann hatte der DCV mit | |
Sondermittel von 50.000 Euro eine besondere EM- und Olympiaqualifikation | |
durchgeführt. Dass bei der EM dann prompt der sofortige Wiederaufstieg in | |
die A-Gruppe und später auch die Qualifikation für Olympia in Sotschi | |
gelang, wertet Beiser als Beleg dafür, „dass man mit einer ausreichenden | |
Finanzierung wieder den Anschluss finden kann“. | |
Nur das schwache Abschneiden von John Jahr in Sotschi mit dem letzten Platz | |
passt nicht zum Aufwärtstrend. Dem DOSB war der zwischenzeitliche Erfolg | |
offenbar nicht ausreichend: Er stricht die Fördermittel – verbunden mit dem | |
Vorwurf, der DCV habe kein Zukunftskonzept vorgelegt. | |
## Vereinsmannschaften bei Großereignissen | |
Das freilich wird von den Curlern bestritten. Einer ihrer Pläne: Aufbau von | |
Nationalteams bei Männern und Frauen. Bislang traten bei Großereignissen | |
die besten Vereinsmannschaften an. Das brachte es mit sich, dass die Teams | |
unter Umständen jährlich wechselten. Eine gezielte Förderung ist da | |
schwierig und kann zu einer Menge Ärger führen, wie sich vor der EM gezeigt | |
hat, als Andrea Schöpp ihre Teilnahme gerichtlich einklagen musste. | |
Die 49-Jährige vom SC Riessersee hatte das Qualifikationsturnier gewonnen, | |
der DCV indes das zweitplatzierte „Team Driendl“ aus Füssen nominiert, | |
angeblich, weil Schöpp sich zuvor dem Verband gegenüber unwürdig verhalten | |
habe. Das Landgericht Kempten pfiff den DCV zurück. Die bereits nach | |
Champéry gereiste Daniela Driendl musste wieder abreisen und dafür reiste | |
Schöpp an. | |
Für die Außendarstellung des finanziell ums Überleben kämpfenden Verbandes | |
war das ein weiterer Tiefschlag. Immerhin: Sportlich hat Schöpp das Ziel | |
des DCV erfüllt: Mit ihrem 7:6-Sieg gegen Lettland am Donnerstag hat die | |
49-Jährige Platz sieben und somit die direkte WM-Qualifikation erreicht. | |
28 Nov 2014 | |
## AUTOREN | |
Frank Ketterer | |
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