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# taz.de -- Cannabispolitik: SPD sendet Rauchzeichen
> Der gesundheitspolitische Sprecher der SPD, Thomas Isenberg, fordert eine
> kontrollierte Abgabe von Cannabis. Die CDU setzt weiter auf Repression.
Bild: Fußstreife im Görlitzer Park.
Zunächst war es eine der üblichen Diskussionen über Drogenkriminalität im
Görlitzer Park. Aber dann ließ der innenpolitische Sprecher der SPD, Frank
Zimmermann, die Bombe platzen. „Wir müssen die Erfahrungen von Staaten wie
Colorado auswerten und Konsequenzen daraus ziehen“, sagte er im
Innenausschuss. Colorado hatte zum Jahreswechsel 2014 als erster
US-Bundesstaat den Verkauf von Cannabis legalisiert. Der
gesundheitspolitische Sprecher der SPD, Thomas Isenberg, wird im
taz-Interview noch deutlicher: „Wir brauchen einen Einstieg in die
kontrollierte Legalisierung von Cannabis.“
Neue Töne aus der SPD – bisher hatte sich vor allem die Opposition mit
solchen Vorschlägen hervorgetan. SPD und CDU setzten auf die Polizei. Für
Isenberg sind die im Görlitzer Park kulminierenden Probleme aber ein
weiterer Beleg, dass die Politik mit einseitigen Repressionsstrategien
nicht weiterkomme. Also müsse eine neue drogenpolitische Strategie her. Von
allen Flügeln der SPD erfahre er Unterstützung für seine Initiative, sagte
er.
Nachdem der Wirt einer Shishabar nahe des Görlitzer Parks Mitte November in
einem mutmaßlichen Akt von Selbstjustiz einen Dealer niedergestochen hatte,
hatten Senat und Bezirk eine behördenübergreifende „Taskforce“ gegründet.
Bei der Debatte im Innenausschuss zeigte sich: Anders als die SPD setzt die
CDU bei der Bekämpfung der Drogenkriminalität weiterhin auf Repression.
Innenstaatssekretär Bernd Krömer (CDU) kündigte am Montag im Innenausschuss
des Abgeordnetenhauses eine konsequente Strafverfolgung der Dealer und eine
harte Durchsetzung des Ausländerrechts an. Wendungen wie „Sumpf
trockenlegen“ gingen ihm dabei flott über die Lippen.
Für die Polizei sitzt Kriminaldirektor Jörg Dessin in einer der
Arbeitsgruppen. Das Landeskriminalamt und die zuständige Polizeidirektion
würden künftig „Hand in Hand“ zusammenarbeiten, so Dessin. Ziel sei es, an
die Hintermänner der Dealer heranzukommen.
Polizeipräsident Klaus Kandt sagte, dass die Polizei von Januar bis Anfang
November rund um den Görlitzer Park dreimal so viel Einsätze wie im Vorjahr
gefahren habe, „ohne dass es gelungen ist, die Kriminalität zu reduzieren“.
Die Beamten würden den Drogenhändlern stets hinterherhinken. Von
alternativen Modellen hält Kandt aber dennoch nichts. „Ein Coffeeshop wäre
für den Görlitzer Park eine Katastrophe.“ Ziel müsse sein, den Park als
Drogenhandelsplatz aus den Reiseführern herauszubekommen.
Die linken Oppositionsparteien forderten am Montag zum wiederholten Male
einen Paradigmenwechsel in der Drogenpolitik. Unmengen von Verfahren würden
immer noch gegen Konsumenten geführt, sagte Dirk Behrendt (Grüne).
Staatsanwälte und Polizisten seien diesen „Irrsinn“ leid.
Plastisch beschrieb Christopher Lauer (Piraten) am Beispiel des
Weinbergspark in Mitte – einem früheren Handelsplatz für Drogen – was
passiert, wenn die Polizei durchgreift. „Die Dealer ziehen weiter.“ Das sei
das klassische Räuber-und-Gendarm-Spiel. Die Probleme seien hausgemacht.
Dass es auch anders geht, zeige Colorado. Sechs bis sieben Millionen Dollar
nehme der Staat durch die Legalisierung pro Jahr an Steuern ein. Die
Gewaltkriminalität sei um sechs Prozent zurückgegangen, die
Eigentumskriminalität um zehn Prozent.
Isenberg sieht das offenbar ähnlich – und will seine Initiative für eine
Legalisierung vorantreiben: Anfang 2015 werde die Fraktion einen Fachdialog
im Abgeordnetenhaus abhalten, kündigte er an. Berlin müsse sich zum
Vorreiter für eine Reform des Betäubungsmittelrechts machen und eine
Bundesratsinitiative starten. Notfalls auch ohne CDU: „Wir müssen auch über
die zeitliche Grenze dieser Legislaturperiode hinausschauen.“
8 Dec 2014
## AUTOREN
Plutonia Plarre
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Görlitzer Park
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