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# taz.de -- Hörbar-Vorsitzender Volker Havlik über Experimente: „Heizkörpe…
> Volker Havlik spricht über den kreativen Umgang mit Alltagsgeräuschen,
> das spielerische Interesse für Klänge und das Jahresausklangfestival.
Bild: Klangtüftler: Michael Vorfeld macht mit normalen Glühbirnen Musik.
taz: Herr Havlik, wer trifft sich mittwochs abends in der Hörbar im
Hamburger B-Movie?
Volker Havlik: Die Hörbar ist Anfang der 1990er als Forum für Leute
gegründet worden, die sich für experimentelle Musik unterschiedlichster Art
interessieren. Damals war die Szene versprengt, es gab keinen zentralen
Treffpunkt. Wir interessieren uns für ein sehr breites Spektrum
experimenteller Musik, von Neuer Musik über technische Experimente bis zu
Free Jazz oder Noise. 1995 haben wir einen Verein gegründet, weil jedem
klar war: damit kann man kein Geld verdienen und keinen Club betreiben.
Was macht den Reiz experimenteller Musik aus?
Das ist je nach Genre ganz unterschiedlich. Ich bin dazugekommen, weil ich
als Kind schon auf allem rumgekloppert habe und immer fasziniert davon war,
wie Dinge klingen. Wenn man zum Beispiel Heizkörperrippen mit dem
Schraubenzieher bearbeitet, das kann sehr schön klingen. Viele kommen aus
ähnlichen Gründen dazu. Uns verbindet ein spielerisches Verhältnis zu
Klängen.
Junge Leute sieht man in der Hörbar selten. Ist experimentelle Musik nur
etwas für Reifere?
Ein sehr junges Publikum kommt tatsächlich nicht zu uns. Das fängt
frühestens bei 25 an. Ich bin 58 und gehöre schon zu den alten, aber die
jungen sind auch schon um die 40. Ich vermute, das hat etwas mit der
Tanzbarkeit zu tun. Wenn man älter wird, ist die eben nicht mehr so
wichtig.
Was passiert in der Hörbar?
Manchmal veranstalten wir Konzerte, aber im Prinzip kannst du einfach jeden
Mittwoch kommen und eine Platte mitbringen oder dein Projekt vorstellen.
Wenn jemand eine Platte vorstellt, kann es sein, dass da einfach nur
Alltagsgeräusche drauf sind. Aber es geht dann eben darum: Kann man einen
kreativen Umgang damit finden? Das Verfremden bis hin zur Unkenntlichkeit
ist zum Beispiel sehr interessant, dass man wirklich nicht mehr erkennen
kann, was die ursprüngliche Klangquelle war. Das ist unerschöpflich, das
ist etwas, das viele lange Jahre bei der Sache hält.
Voll ist es in der Hörbar aber selten.
Nicht alle kommen jedes Mal, manche sieht man nur zwei, drei Mal im Jahr.
Von den Betreibern sind immer zwei oder drei da, aber es kann gut sein,
dass du kommst und es sitzen nur fünf Leute da. Das heißt aber nicht, dass
es uninteressant ist: Auch wenn es leer ist, kannst du zum Beispiel ein
sehr aufschlussreiches Gespräch führen.
Seit 20 Jahren veranstaltet die Hörbar am Ende des Jahres ein kleines
Festival.
Das Jahresausklangfestival ist eine unserer größten Veranstaltungen. Wir
arbeiten das ganze Jahr darauf hin, am Ende etwas wirklich Gutes bieten zu
können, aber ein großes Festival mit 20 Acts können wir nicht finanzieren.
Wir bekommen ein wenig Zuschuss, aber ansonsten ist es eine
Eigenbluttherapie. Weil wir nur geringe Gagen zahlen können, wird man die
Einstürzenden Neubauten zum Beispiel niemals bei uns sehen. Aber es kommen
schon viele, die sonst höhere Gagen bekommen, weil wir eine Atmosphäre
bieten, die ihnen gefällt. Außerdem sind der Raum und die technische
Ausstattung sehr gut.
Es gibt also jedes Jahr nur einen kleinen Ausschnitt zu hören.
Das ganze Spektrum experimenteller Musik könnte man an zwei Abenden
natürlich nicht präsentieren, stattdessen gibt es eine Auswahl von zweimal
drei Projekten. So ist jedes Festival sehr unterschiedlich.
Wer steht dieses Jahr auf der Bühne?
Katrin Achinger, die mal bei den Kastrierten Philosophen war, präsentiert
zum Beispiel ihr neues Projekt mit Krischa Weber. Ich würde das als
angejazzte Singer/Songwriter-Musik beschreiben. Michael Vorfeld wiederum
ist ein richtiger Tüftler: Der macht diesmal etwas mit ganz normalen
Glühlampen. Ich vermute, er benutzt sie ähnlich, wie man Röhren in
Verstärkern benutzt. Roland Wendling präsentiert eine sehr ruhige Mischung
aus live eingespielter Gitarre, Schlagzeug und computer- beziehungsweise
synthesizergenerierter Musik. Spannend sind auch Radio Kyoto: Zwei
Ex-Punks, denen Punkmusik aber irgendwann zu langweilig geworden ist. Die
experimentieren jetzt mit allem, was es gibt: Synthesizer, Gitarren,
Maschinen.
## ■ So, 28. 12. und Mo, 29. 12., Hörbar im B-Movie
27 Dec 2014
## AUTOREN
Robert Matthies
## TAGS
Los Angeles
Neue Deutsche Welle
Hamburg
Youtube
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