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# taz.de -- Diskussion zur „Rückkehr der Gewalt“: Eher niedrige Instinkte
> Triumphgefühl als Lohn: In Stuttgart diskutierten Ex-General Wolfgang
> Schneiderhan und Jan Philipp Reemtsma über die Banalität des Terrors.
Bild: Juni 2004, vor einem durch eine Explosion zerstörten Geschäft in der K�…
Enthauptungen des IS, Hinrichtungen in der französischen Zeitungsredaktion:
Das ist enthemmte, barbarische, beängstigende Gewalt für all jene, die
aufseiten der Opfer stehen; und es ist legitime Gewalt aus der Perspektive
der Täter. Woraus entsteht diese Gewalt? Und wie kann man sie verhindern?
Der ehemalige Generalinspekteur der Bundeswehr diskutierte mit dem
Publizisten und Autoren des Buchs „Vertrauen und Gewalt“, Jan Philipp
Reemtsma, im Stuttgarter Staatstheater über „Die Rückkehr der Gewalt“. Die
Veranstaltung war der Auftakt der Gesprächsreihe „Theater x Wirklichkeit“,
veranstaltet von Stuttgarter Zeitung, Robert-Bosch-Stiftung und
Staatstheater. Die Stoßrichtung der Diskussion war der islamistische
Terror, obwohl Gewalt so viel mehr ist. Was in Paris passiert ist, hat die
Veranstaltung aktuell aufgeladen.
Überraschend war das Bild, das Reemtsma von den Motiven von Terroristen
zeichnete. Es ist ein Bild des banalen Terrors. Reemtsma sagt, es sei in
erster Linie der Waffenfetisch, der Menschen zu Terroristen macht. Egal mit
welcher Rechtfertigung getötet wird – ob auf Geheiß einer Mafia, im Namen
einer Religion oder aus politischen Gründen –, die Begeisterung fürs Morden
nach eigenem Gutdünken eine alle Terroristen.
Die Ideologie sei das, was die Waffenfetischisten im Hintergrund
zusammenhalte. Die Ideologie werde aber nicht um ihrer selbst willen
verfolgt. „Die Ideologie muss einem was bringen“, sagt Reemtsma. Ein
solcher Nutzen könne sein, dass man am Stammtisch der Wortführer ist. Bei
Terroristen liege der Nutzen oder die Belohnung im Triumphgefühl, das sich
mit ihren Taten einstellt. Über die Attentäter in Frankreich sagt er: „Die
haben sich nie besser gefühlt, das hat ihrem Leben einen Sinn gegeben.“
## Das triumphalistische Gefühl
Als historisches Beispiel für seine These vom banalen Bösen im Terrorismus
führt er auch den bundesrepublikanischen Terror der Rote Armee Fraktion
(RAF) an. Aus den Bekennerschreiben habe das triumphalistische Gefühl
gesprochen, so viel anrichten zu können. Was zunächst wie die Verwechslung
von Mittel und Zweck wirkt, ist ein berechtigter Aspekt des Themas, den
Reemtsma sich erlaubt hat zuzuspitzen.
Wie kann man gegen den Terror vorgehen, der Reemtsmas These zufolge eher
über niedrige Instinkte als über den Intellekt funktioniert? Was Reemtsmas
Meinung zufolge nicht weiterführt, ist der Ruf nach besserer Bildung. „Das
Deklassierungsargument stimmt nicht. Auch gut situierte, auch gebildete
Menschen schließen sich Terrororganisationen an.“ Oder die Freiheit in
westlichen Ländern einschränken, um Terrorpläne früher zu erkennen? „Wir
können nicht davon abrücken, dass eine Tat erst bestraft werden kann, wenn
sie begangen wurde“, sagt Reemtsma.
Zwischen den Theaterreihen sitzt die Ratlosigkeit, genauso wie auf dem
Podium.
Schneiderhan sagt: „Oft ist es die Hybris, die bei den Bösen zum Scheitern
führt. Man kann darauf setzen, dass es dieses Mal auch so kommt.“ Reemtsma
sagt: „Wir werden solche Akte nicht verhindern.“ Schneiderhan wünscht sich
einen „zivilisatorischen Minimalkonsens“ darüber, wie weit Gewalt gehen
darf. „Diesen Konsens zu finden“, antwortet ihm Reemtsma, „das ist im 18.,
19. und 20. Jahrhundert nicht gelungen. Was nicht heißt, dass man das
Projekt aufgeben muss.“
12 Jan 2015
## AUTOREN
Lena Müssigmann
## TAGS
Jan Philipp Reemtsma
Terrorismus
Charlie Hebdo
Schwerpunkt Angela Merkel
Satire
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