| # taz.de -- Kolumne Leuchten der Menschheit: Deprimiert unterm Schreibtisch | |
| > Einzigartige Originaltöne aus der Stasi kann man auf der CD „Abgesang der | |
| > Stasi“ anhören. Banalität und Komik liegen nah beieinander. | |
| Bild: Da saßen die Beamten schon nicht mehr unterm Schreibtisch: Demonstranten… | |
| Dass sich ein ehemaliger Leiter einer Stasi-Verwaltung einer öffentlichen | |
| Diskussion stellt, hat absoluten Seltenheitswert. Vor wenigen Wochen | |
| geschah das in Gera, wo der Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen, | |
| Roland Jahn, in Stasi-Haft war. Solche Begegnungen sind für Jahn | |
| unverzichtbar, um zu verstehen, wie die DDR und die Staatssicherheit | |
| funktioniert haben. „Die Stasi war kein Apparat, sondern bestand aus | |
| handelnden Menschen.“ | |
| „Abgesang der Stasi“ heißt die im Christoph Links Verlag veröffentlichte … | |
| mit einzigartigen Originaltönen „handelnder Menschen“ von September 1989 | |
| bis Januar 1990. Ergänzt werden sie durch Einspielungen, Kommentare und | |
| Nachrichten. | |
| Erstmals wurde das Feature über das Ministerium für Staatssicherheit, das | |
| nicht nur die Bürger belauschte, sondern auch den eigenen Telefonverkehr | |
| dokumentierte, 2009 im Deutschlandfunk gesendet. | |
| Arroganz ist zu hören und Trotz, aber auch Ratlosigkeit und Resignation. | |
| Ein Stasi-Mann aus einer Kreisdienststelle meldet entschlossen: „Wir sind | |
| hier versammelt zu fünft, halten noch lange durch und vernichten gerade das | |
| Archiv des Todes.“ | |
| Als die Bezirks- und Kreisdienststellen von Bürgerkomitees kontrolliert | |
| werden, berichtet ein Genosse verzweifelt: „Ich sitz hier völlig deprimiert | |
| unterm Schreibtisch. Von Feinden umgeben!“ Andere melden sachlich, dass ein | |
| Anrufer gedroht hat, „am 7. Oktober wird die Mauer gesprengt“, ein anderer | |
| Anrufer wissen will, „was wir wieder für Dummheiten in Leipzig und in | |
| Ostberlin machen“. | |
| Ergänzend kann man in die kürzlich von der Stasiunterlagen-Behörde | |
| freigeschaltete Mediathek rein hören, zu der auch sechs Stunden | |
| Tonaufnahmen gehören. Und das entspricht gerade einmal 0,0036 Prozent des | |
| in der Behörde verfügbaren Materials. | |
| 15 Feb 2015 | |
| ## AUTOREN | |
| Barbara Bollwahn | |
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