| # taz.de -- Krisentraining für Journalisten: Vorbereiten auf den Worst Case | |
| > In Krisengebieten geraten Journalisten häufig in die Schusslinie, ohne zu | |
| > wissen, wie sie im Notfall handeln sollen. Eine Organisation will helfen. | |
| Bild: Hondros starb 2011 bei Recherchen in Misurata. Das Foto zeigt ihn 2006 in… | |
| BERLIN taz | 2011 wurde in Libyen der amerikanische Fotojournalist Tim | |
| Hetherington von einem Schrapnell getroffen. Hetheringtons Wunde war ernst, | |
| aber nicht unbedingt tödlich. Doch keiner der Journalisten oder Rebellen | |
| vor Ort wusste, wie man eine solche Wunde behandeln muss. | |
| Hetherington verblutete auf dem Weg ins Krankenhaus in Misrata. Als | |
| Reporter in Krisenregionen arbeiten, das ist gefährlich. Und kann sogar | |
| tödlich sein. [1][Anja Niedringhaus], [2][Camille Lepage], [3][James Foley] | |
| – das sind nur drei von insgesamt 66 Journalisten, die nach Zählung von | |
| Reporter ohne Grenzen im Jahr 2014 getötet wurden. | |
| Immer mehr Reporter und Fotografen reisen als Freischaffende und auf eigene | |
| Faust in Krisengebiete. Annabell van den Berghe ist eine von ihnen. Die | |
| 28-Jährige hat aus Ägypten und Syrien berichtet und dabei gesehen, wie | |
| Journalisten und Zivilisten verletzt wurden. „Nach meiner Erfahrung | |
| arbeiten Redakteure ungern mit freien Reportern, die keine Krisentrainings | |
| haben“, sagt van den Berghe. „Aber für die Fortbildung bezahlen wollen sie | |
| auch nicht.“ | |
| Sebastian Junger, Kollege und Freund des verstorbenen Tim Hetherington, | |
| gründete nach dem Vorfall in Libyen die Organisation RISC – Kurzform für | |
| [4][„Reporters Instructed in Saving Colleagues“]. Über Spenden finanziert, | |
| bietet sie kostenlose Krisentrainings für freie Journalisten an, | |
| Erste–Hilfe–Kurse, ausgelegt auf bedrohliche Situationen. Was tun, wenn | |
| jemand angeschossen wird? Wie stoppt man eine Blutung? | |
| 144 Journalisten haben diese Trainings bereits durchlaufen, rund die Hälfte | |
| davon Fotografen, aber auch Multimedia–, Print–, und Videojournalisten. Zu | |
| den Großspendern zählen CNN, abc News, aber auch das Magazin National | |
| Geographic und der Verlag Condé Nast. Für eine Benefizauktion für RISC | |
| haben 46 Fotografen Werke gespendet. | |
| ## Entführung simuliert | |
| Van den Berghe absolvierte im Februar 2014 ein RISC-Training. „Vor dem | |
| Training hatte ich eine schusssichere Weste, einen Helm, eine Gasmaske“, | |
| sagt sie. „Aber ich dachte niemals daran, ein Erste-Hilfe-Set einzupacken.“ | |
| Nun sei sie sensibler für das Thema und fühle sich sicherer: „Man muss kein | |
| Mediziner sein, um zu helfen, um beispielsweise eine Blutung zu stoppen.“ | |
| Auch die deutsche Bundeswehr bietet solche Lehrgänge zum „Schutz bei | |
| Verhalten in Krisenregionen“ an, ein Überlebenstraining, das im | |
| unterfränkischen Hammelburg stattfindet. Journalisten sollen dort auf | |
| Gefahren in Krisen- und Kriegsgebieten vorbereitet werden. Lernen, | |
| gefährliche Situationen zu erkennen, sie zu vermeiden. Erste Hilfe ist auch | |
| hier Teil des Ausbildung, außerdem wird eine Entführung simuliert und die | |
| Teilnehmer bekommen Tipps, wie sie mit traumatischen Erfahrungen umgehen. | |
| Rückblickend würde Annabell van den Berghe sich wünschen, dass Redakteure | |
| besonders junge Kollegen besser vorbereiten und schützen würden. Aber ein | |
| solches Training zur Pflicht machen? „Nein, das zu verlangen wäre | |
| scheinheilig von mir. Ich habe schließlich auch ohne Training gearbeitet.“ | |
| Doch van de Berghe sieht den Vorteil nicht nur darin, dass man selbst | |
| besser vorbereitet ist: „Ich fühle mich sicherer, wenn ich von gut | |
| ausgebildeten Kollegen umgeben bin. Sie wissen, was zu tun ist, wenn mir | |
| etwas passiert.“ | |
| 14 Mar 2015 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Polizei-in-Afghanistan/!136160/ | |
| [2] /Erinnerung-an-Camille-Lepage/!138460/ | |
| [3] /Terrormiliz-Islamischer-Staat/!147083/ | |
| [4] http://risctraining.org/ | |
| ## AUTOREN | |
| Lara Wiedeking | |
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