# taz.de -- 1oo Tage Regierender: Lobhudeleien für Müller | |
> Forsa-Chef Manfred Güllner kommt zum SPD-Vorstand, präsentiert neue | |
> Zahlen für die Sozialdemokraten und einen neuen Gegner: die taz und das | |
> „grünaffine Milieu“ | |
Bild: Berlins Regierender Michael Müller hält eine andere Zeitung hoch. | |
Forsa-Chef Manfred Güllner, so sieht es aus, liebt Retourkutschen. Am | |
Mittwoch hatte die taz in einem Artikel gefragt, warum der DOSB | |
ausgerechnet sein Institut mit der Olympia-Umfrage betraut hat. Schließlich | |
sei Forsa bei Wahlumfragen wiederholt mit seltsamen Zahlen aufgefallen. Am | |
gestrigen Sonntag, als Güllner vor dem Landesvorstand der Berliner SPD über | |
die Lage der hiesigen Parteien referierte, hatte er nun einen Running Gag | |
parat, nämlich das Lästern über die „Qualitätszeitung“ taz. Güllner | |
schimpfte über den taz-Artikel, verschwieg aber die entscheidende Kritik: | |
dass Forsa während des letzten Bundestagswahlkampfes über Monate weit | |
niedrigere Umfragewerte für die SPD als andere Institute hatte. | |
Bei der SPD-Rechten hat das SPD-Mitglied Güllner dennoch einen Stein im | |
Brett. Das mag an seiner, sagen wir, einseitigen Erklärung für den | |
bundesweiten Niedergang der SPD liegen: Kurt Beck und Andrea Ypsilanti | |
seien schuld, dazu der Umverteilungswahlkampf 2013, so Güllner gestern. Mit | |
dem Thema habe die SPD noch nie gewonnen. Güllner hatte folgerichtig im | |
Kampf um die Wowereit-Nachfolge Stimmung gegen den Parteilinken Jan Stöß | |
und den mittigen Kandidaten Raed Saleh gemacht. Nun durfte er gestern vor | |
dem SPD-Landesvorstand ein wenig Lobhudelei für den neuen Regierenden | |
loswerden. Michael Müller ist 100 Tage im Amt. Das sollte mit der | |
Veranstaltung gebührend gefeiert werden. | |
Die Umfragewerte für die SPD gehen wieder nach oben. Bei Forsa liegen sie | |
pünktlich zu den 100 Amtstagen Müllers bei einem Spitzenwert von 29 | |
Prozent. Die Berliner hielten Müller für kompetent, glaubwürdig und | |
sympathisch, so Güllner. Der Regierende sei beliebt bei Lesern aller | |
Tageszeitungen. Nur die taz fällt wieder laut Güllner wieder aus dem | |
Rahmen. Die Durchschnittsnote ihrer Leser für Müllers Arbeit liegt bei nur | |
0,7 – den Spitzenwert von 1,9 erreicht Müller bei den Lesern der Berliner | |
Zeitung. Die SPD könne in den Umfragen weiter zulegen, wenn sie gute | |
Kommunalpolitik mache, glaubt Güllner. | |
Der Forsa-Chef mag die Grünen und ihr Milieu ebenso wenig wie SPD-Linke und | |
die taz. Und so rutschten ihm immer wieder Sätze heraus wie der von den „zu | |
vielen Grün-Affinen, die in die Stadt strömen“: Bezüglich Volksentscheiden | |
empfahl Güllner der SPD Vorsicht: Sie seien angesichts der niedrigen | |
Beteiligung die „Diktatur von Minderheiten“. | |
Dann trat Müller ans Mikro, sprach von einer Politik für „Menschen, die so | |
langweilig leben wie viele von uns Sozialdemokraten“ – solchen, bei denen | |
„Kinder, der Arbeitsplatz, die Freude auf den nächsten Urlaub und das neue | |
Auto“ im Mittelpunkt stünden. „Diese Leute tragen unsere Stadt“, so Mül… | |
Für sie müssten bezahlbare Wohnungen geschaffen werden. Die Berliner | |
Wirtschaft entwickle sich positiv, bei der Olympia-Bewerbung habe man es | |
„dem DOSB schwer gemacht, sich gegen Berlin zu entscheiden“. | |
Beides zusammen, Güllners Auftritt und Müllers Rede, kann man als Plädoyer | |
für eine Fortsetzung der Großen Koalition in Berlin lesen. Der Forsa-Chef | |
jedenfalls hatte auch eine Erklärung für die hohen Nichtwählerzahlen parat: | |
Politik und Medien beschäftigten sich zu viel mit Minderheitenthemen, sagte | |
er. Die taz hält er für besonders gefährlich. Sie sei zwar nur das | |
„Verlautbarungsorgan der Grünen“, habe aber eine Leitfunktion für andere | |
Journalisten. | |
15 Mar 2015 | |
## AUTOREN | |
Martin Reeh | |
## TAGS | |
Michael Müller | |
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