# taz.de -- Nolympia in Berlin: Enttäuschung und Erleichterung | |
> Nach der Niederlage Berlins lehnt Regierungschef Müller Fehlersuche ab – | |
> und erinnert Hamburg daran, dass der Senat dort noch nie eine | |
> Volksabstimmung gewann. | |
Bild: Hamburg jubelt. Wie lange noch? | |
Am Vorabend noch auf Augenhöhe mit Paris und Boston, nur Stunden später in | |
Marzahn. Es liegt in der Besonderheit eines Stadtstaates, dass sein | |
Regierungschef von der – gescheiterten – Olympiabewerbung bis zur Kita-Lage | |
im Bezirk für alle zuständig ist. Und so geschieht es am Dienstagvormittag | |
am Berliner Stadtrand, dass Michael Müller nach der Niederlage gegen | |
Hamburg von gegenseitigen Schuldzuweisungen oder einer Fehlersuche nichts | |
wissen mag. „Ich glaube, dass ist eine müßige Debatte“, sagte Müller in | |
Marzahn, wo der Senat auf seine Initiative hin eine Reihe von Sitzungen in | |
den Bezirken begann. | |
Am Montagabend hatte sich das Präsidium des Deutschen Olympischen | |
Sportbunds (DOSB) dagegen ausgesprochen, mit Berlin für die Olympischen | |
Sommerspiele 2024 und 2028 zu kandidieren. Eine gewisse Enttäuschung über | |
das Scheitern sei schon da gewesen, sagte Wirtschaftssenatorin Cornelia | |
Yzer (CDU) zum Klima der Senatssitzung. Ihre undramatische Beschreibung | |
spiegelt, was aus SPD und CDU am Tag nach der | |
DOSB-Entscheidungverschiedentlich zu hören ist: Durchaus Ärger über das | |
Scheitern, aber auch Erleichterung, nun nicht in die Bürgerbefragung | |
hineingehen zu müssen, die im Falle eines Zuschlags nur ein Jahr vor der | |
Abgeordnetenhauswahl für den 13. September geplant war. | |
Während Müller keine Fehler suchen mag, ist für die Piratenfraktion der | |
Schuldige schon ausgemacht: „Diese Niederlage geht klar auf die Kappe des | |
Senats“, meint ihr Vorsitzender Martin Delius, „er hat diejenigen, die sich | |
die Olympischen Spiele in Berlin gewünscht hätten, im Stich gelassen und | |
diejenigen, die die Spiele kritisch sehen, nicht überzeugen können.“ | |
Ähnlich äußerten sich die Landesvorsitzenden der Grünen, Bettina Jarasch | |
und Daniel Wesener. Für sie sind die Landesregierung und die rot-schwarze | |
Koalition schuld, weil sie nicht von der Möglichkeit nachhaltiger und | |
ökologischer Spiele hätten überzeugen können. Sie hätten zudem „auf eine | |
uninspirierte Werbekampagne statt echte Bürgerbeteiligung gesetzt“. | |
Dem schloss sich aus der außerparlamentarischen Opposition die FDP an, die | |
nach dem Landtagswahlerfolg ihrer Parteifreunde in Hamburg auch in Berliner | |
Umfragen wieder in Parlamentsnähe kommt. SPD und CDU hätten Berlin um ein | |
sportliches Großereignis der Extraklasse gebracht. Man habe die Bürger | |
nicht mitgenommen, bemängelt die FDP. Ganz anders der Hauptgeschäftsführer | |
der Industrie- und Handelskammer, Jan Eder, der trotz des Scheitern etwas | |
Positives sieht. „Berlin ist heute schon olympiareif“, äußerte sich Eder … | |
einer IHK-Mail, die noch immer das „Wir wollen die Spiele“-Logo trug. | |
Ganz ohne Nachlese soll es allerdings auch im Senat nicht abgehen. Nicht | |
nur Sportmanager Kaweeh Niroomand zeigte sich enttäuscht darüber, dass vor | |
der Entscheidung des DOSB-Präsidiums die deutschen Spitzensportverbände | |
mehrheitlich für Hamburg votierten. „Es wird eine Auswertung geben“, sagte | |
Vize-Senatssprecher Bernhard Schodrowski an, mochte aber den Vorwurf nicht | |
akzeptieren, man sei zu wenig in Kontakt mit den Verbänden gewesen. | |
Wie schmal der Grat zwischen Enttäuschung und Erleichterung war, zeigte | |
auch ein Satz von Regierungschef Müller in Richtung der siegreichen | |
Konkurrenz: „Es hat noch nie eine Volksabstimmung in Hamburg gegeben, die | |
vom Senat gewonnen wurde.“ Dort ermittelte jüngst die Umfrage im Auftrag | |
des DOSB zwar 64 Prozent Unterstützung. Doch auch in München gab es 2013 | |
bei der dortigen Olympiabewerbung fast so hohe Werte – beim | |
Bürgerentscheid, wie Hamburg ihn jetzt vor sich hat, waren jedoch die | |
Gegner in der Mehrheit. Eine solche Zitterpartie bleibt SPD und CDU nun | |
erspart. | |
## Siehe Seite 14, 19, 22 | |
17 Mar 2015 | |
## AUTOREN | |
Stefan Alberti | |
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