# taz.de -- Bewährungsstrafe für Georg Schmid: Schockstarre vor Gericht | |
> Der frühere CSU-Fraktionschef Georg Schmid ist zu einer Bewährungsstrafe | |
> verurteilt worden. Er könnte froh sein. Aber sein Gesicht spricht Bände. | |
Bild: Wenigstens seine Pensionsansprüche behält Georg Schmid. | |
AUGSBURG taz | Georg Schmid ist in eine Totalstarre verfallen. Seine | |
gefalteten Hände scheinen auf dem Tisch vor ihm festbetoniert zu sein. So | |
verharrt er fast eine Stunde lang, während Richter Michael Nißl das Urteil | |
begründet. | |
Nißl verurteilt Schmid zu 16 Monaten auf Bewährung und zu einer Geldauflage | |
von 120.000 Euro. Der Staatsanwalt wollte zwei Jahre, Schmids Anwalt einen | |
Freispruch, bei Verurteilung 11 Monate. | |
Dass Schmid seine Frau 22 Jahre lang scheinselbstständig beschäftigte, habe | |
sich aus deren Rechnungen ergeben. Sie hatte weder Stunden noch Leistungen | |
aufgelistet, fast jeden Monat bekam sie denselben Betrag. "Noch | |
abenteuerlicher" sei, dass Schmid seine Frau bezahlte, ohne überhaupt | |
Rechnungen vorliegen zu haben. „Welcher Auftraggeber würde Leistungen | |
zahlen, die er noch gar nicht kennt?“, fragt Nißl. | |
Dass Schmid glaubte, rechtens zu handeln, nimmt er ihm nicht ab. „Sie sind | |
Jurist. Nicht irgendeiner, sondern immerhin im bayerischen Staatsdienst“, | |
sagt Nißl. Das Thema Scheinselbstständigkeit werde schon im Grundstudium | |
behandelt. Auch im Sozialministerium, in dem Schmid Staatssekretär war, | |
könnte ihm das Sozialrecht untergekommen sein. | |
Als Politiker nutzte Schmid seine Privilegien bis aufs Letzte. „Zu keinem | |
Zeitpunkt haben Sie nur einen Tropfen in dem von der Allgemeinheit | |
finanzierten Topf gelassen“, wendet sich der Richter direkt an Schmid. Der | |
sitzt starr, nur seine Gesichtsfarbe ist auf dem Weg ins Rötliche. Präzise | |
dröselt Nißl auf, wie sich Schmid aus Steuergeldern bediente. | |
„Eindrucksvoll“ das Jahr 2009. Schmid hatte 28.000 Euro mehr zur Verfügung, | |
und siehe da, seine Frau bekam genau 27.000 Euro zusätzlich. Raunen im | |
Publikum, Gesichtsfarbe Schmid: Dunkelrot. | |
## Was hat die Frau geleistet? | |
Was seine Frau genau leistete? Der Richter weiß es nicht. Kaum ein Zeuge | |
habe von ihrer Arbeit „Notiz genommen“. „Das Ihnen entgegengebrachte | |
Vertrauen haben Sie missbraucht“, sagt er zu Schmid. Das Abrechnungssystem | |
des Landtags lade aber fast dazu ein: Man müsse nur die gewollte Summe | |
angeben und abkassieren, eine Nachprüfung gebe es nicht. | |
Nach dem Motto „Den Großkopferten seifen wir richtig ein“ will Nißl nicht | |
urteilen. Es spreche auch einiges für Schmid. Vor allem seine Zahlung an | |
die Deutsche Rentenversicherung von 450.000 Euro sei „außergewöhnlich“. | |
Auch dass Schmid „gesellschaftlich sehr viel verloren“ habe, glaubt ihm | |
Nißl. Dass er „Existenzangst“ hätte, nicht. | |
Die Verteidigung hatte behauptet, Schmid müsse Schulden abbezahlen, bis er | |
98 Jahre alt ist. „Milchmädchenrechnungen“, sagt Nißl und empfiehlt Schmi… | |
eine seiner Immobilien im Wert von 1,4 Millionen Euro abzustoßen. Auch die | |
Pensionen, die Schmid aus seinen Jahren als Abgeordneter, Beamter und | |
Staatssekretär bekommen wird, seien „fürstlich“. Dass er sie teilweise | |
verlieren würde, wie die Verteidigung behauptet hatte, stimme nicht. „Sie | |
können also durchatmen“, sagt der Richter zu Schmid. Angesichts von dessen | |
Gesichtsfarbe am Ende der Verhandlung kein schlechter Rat. | |
18 Mar 2015 | |
## AUTOREN | |
Lisa Schnell | |
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