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# taz.de -- Chanson-Pop von Aksak Maboul: Eleganter Panther
> Stau auf der Route Nationale 7: Die belgische Band Aksak Maboul umfährt
> ihn mit ihrem „Ex-Futur Album“ und der Sängerin Véronique Vincent.
Bild: Véronique Vincent und Marc Hollander.
„Ewiger Geheimtipp“, „visionäre Künstler“, „Musik zwischen allen St…
An solchen popjournalistischen Klischees führt kein Weg vorbei, möchte man
über „Ex-Futur Album“, die aktuelle Veröffentlichung der belgischen Band
Aksak Maboul, schreiben. In der Blüte des Punk, im Jahr 1977 von Vincent
Kenis und Marc Hollander in Brüssel gegründet, wurde das Bandprojekt
seinerzeit Teil einer einflussreichen Familie, genannt RIO (Rock In
Opposition).
„Musik, die Plattenfirmen nicht gerne hören“, untertitelte 1978 die
britische Artrockband Henry Cow das Festival, das Rock in Opposition
lostreten sollte. Unzufrieden mit den Vertragsbedingungen seines Labels
Virgin, gründete Chris Cutler, der Henry-Cow-Drummer mit Recommended
Records sein eigenes Label mit angeschlossenem Vertrieb. Es existiert bis
heute.
Auch in Belgien legte Marc Hollander Wert auf künstlerische
Selbstbestimmung, gründete und betreibt noch heute das unabhängige Label
Crammed Discs. Vincent Kenis betreut dort die vielgepriesene Reihe
„Congotronics“. Ähnliche Entwicklungen gab es in Frankreich mit Etron Fou
Leloublain und an vielen anderen Orten. Ein europäisches Netzwerk entstand.
Alle Künstler brachten in dem vom Punk entlehnten D.i.Y.-Ethos ihre Platten
selbst raus, gaben gemeinsam Konzerte und tauschten untereinander die
Musiker.
So geschehen bei Henry Cow – Gründungsmitglied Fred Frith, der für das
zweite Album bei Aksak Maboul eingestiegen war. Progressive-Rock,
Avantgarde, Jazz, Experimentalmusik, Improvisation waren Bindeglieder der
durchaus heterogen klingenden Bands. Henry Cow etwa übertrugen die
Freiheiten des Jazz in die Rockmusik. ROI fungiert inzwischen als
Bezeichnung für Musik aller Couleur.
Aksak Maboul wiederum agierten sanfter und schufen charmante, von Erik
Satie inspirierte Kammerpop-Miniaturen. Nach dem zweiten Album rauften sich
Aksak Maboul mit den Rabauken von Les Tueurs De La Lune Du Miel um die
Sängerin Véronique Vincent zur ROI-Supergroup zusammen und übersetzten den
Bandnamen ins Englische: The Honeymoon Killers führen das
Wechsel-dich-Spiel mit Bandnamen- und Albumtitel weiter und nannten ihr
Debüt „Les Tueurs De La Lune Du Miel“: Musik voller Esprit, eine
Pop-Frischzellenkur.
## Meisterlich frech
Meisterlich frech reicherten sie den instrumentalen Aksak-Maboul-Sound mit
Elementen aus Disco, Punk und Chanson an, lange bevor das in Mode kam. Mit
ihrer Version des Chanson-Klassikers „Route National 7“ von Charles Trenet
lässt sich der schlimmste Stau auf Frankreichs beliebter Urlaubsroute
überstehen, einerlei, dass inzwischen eine Autobahn A7 neben der Landstraße
entlangführt. Der britische Guardian schrieb: „Ihr Song Decollage hat die
unheimlich verführerische Eleganz eines Panthers.“
Auch in Deutschland schlug die Musik von Aksak Maboul Wellen: Die Berliner
Dancefloor-Popper vom Jeans Team wurden betört und coverten den Maboul-Song
„Ariane“ als „Killer-Instrumental“. Und der Hamburger Produzent Felix K…
hat ihre Musik vermutlich auch schon mal gehört.
Bis vor Kurzem wussten nur die Eingeweihten, dass unsere Protagonisten in
der Zeit nach dem zweiten Aksak-Maboul-Album fleißig an weiteren Aufnahmen
gearbeitet haben. Drei Dekaden später wurde die Musik, von Marc Hollander
aus verschiedenen Originalbändern herausdestilliert und erblickt jetzt
erstmals das Licht der Welt: Es ist ein Elektronik-Album geworden. Trotz
seines unfertigen Charakters klingt es ungemein frisch und gegenwärtig.
Um nun noch mal auf die musikjournalistischen Schablonen zurückzukommen:
Mit ihrem neuen Werk „Ex-Futur-Album“ ist Aksak Maboul das „Smile-Album“
der RIO-Szene gelungen. Dass die Musik erst jetzt erscheint, ist einerlei.
Denn nun gibt es vier Gelegenheiten, sich die Band live anzuschauen und
Marc Hollander selbst zu fragen.
20 Mar 2015
## AUTOREN
Alex Bechberger
## TAGS
Homosexualität
München
Schallplatten
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