Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Sonnenfinsternis in Berlin: Sonne, Mond - und Brille
> Tausende verfolgen in Berlin das seltene Schauspiel am Himmel. Besonders
> begehrt: Menschen, die eine Schutzbrille besitzen.
Bild: Runde Sache: Vorne der Fernsehturm, dahinter Mond, dahinter Sonne
„Entschuldigung, darf ich mir kurz Ihre Brille ausleihen?“ Vermutlich ist
das die häufigste Frage an diesem Freitagmorgen. Seit 9.38 Uhr schiebt sich
der Mond vor die Sonne. Sehen kann man das aber nur mit einer Spezialbrille
– die leider schon lange überall in Berlin und selbst im Internet
ausverkauft ist. Und so fragen Passanten ganz unbedarft die wenigen
Glücklichen, die mit solchen Sonnenfinsternisbrillen (Sofibris) gen Himmel
starren. Auch auf dem Berg vor der Wilhelm-Foerster-Sternwarte am
Insulaner. „Mich haben bestimmt schon zehn Leute nach meiner Sofibri
gefragt“, sagt eine Beobachterin und reicht diese bereitwillig an einen
Herrn hinter ihr weiter.
Höchstens ein Drittel der etwa 700 Betrachter hier haben eine Sofibri
dabei, andere bringen ausgefallenere Instrumente: von langen Papprollen mit
Butterbrotpapier, auf die die Sofi projiziert wird – einer Art Lochkamera
–, bis zu doppelten Negativstreifen. Vor deren Benutzung hatten Ärzte
allerdings gewarnt: zu gefährlich fürs Auge.
Inzwischen ist es 10.15 Uhr, gut ein Drittel der Sonne ist vom Mond
verdeckt. Eine Gruppe Schüler – meist zehnte Klasse – steht auf dem Hügel
vor jeder Menge Schuhkartons, in denen je zwei Klopapierrollen schräg im
Deckel stecken. Mit den Augen an der einen Klopapierrolle kann man auf dem
Boden des Kartons die Sonnenfinsternis sehen, die durch die andere Rolle
auf den Boden trifft. „Das habe ich auf YouTube gesehen“, erzählt einer der
Schüler.
Wenige Meter weiter zerrt ein kleines Mädchen an ihrem Vater, der sich an
einen Zaun lehnt, und quengelt: „Papa, du hast gesagt nur eine Stunde. Ich
will gehen!“ – „Ich weiß“, antwortet der Vater und bewegt sich keinen
Meter, während er gen Himmel blickt.
## Ein bisschen dunkler und kälter
Gegen 10.50 Uhr geht ein Raunen über den Berg. „Jetzt ist der Höhepunkt“,
sagen einige und halten sich wieder Brillen und Kartons vor die Nase. Der
Mond verdeckt die Sonne jetzt so weit, dass man nur noch eine schmale
Sichel sieht – dies ist keine Totalfinsternis. Es ist ein bisschen dunkler
und deutlich kälter geworden in der letzten halben Stunde, darüber sind
sich auf dem Hügel alle einig. „Das liegt an der reduzierten
Infrarotstrahlung“, erklärt ein Mitarbeiter der Sternwarte. Zwei andere
Mitarbeiter sitzen mit dem Rücken zur Kasse und gucken durch ihre Sofibris
aus dem Fenster.
Dass diese Sonnenfinsternis viel schöner sei als die letzte im Sommer 1999,
auch darüber sind sich alle einig. Anna Bormann indes hatte sich die Sofi
1999 gar nicht angeguckt. Diesmal schon: „Ich hätte nicht gedacht, dass es
mich so fasziniert“, gibt sie zu. „Das, was da oben passiert, das passiert
wirklich – mich macht das glücklich.“
Die nächste Sonnenfinsternis, die auch von Deutschland aus partiell zu
sehen ist, gibt es am 12. August 2026.
20 Mar 2015
## AUTOREN
Marie-Thérèse Harasim
## TAGS
Berlin
Herbstzeitlos
Solarenergie
Solarenergie
Mond
## ARTIKEL ZUM THEMA
Kolumne Herbstzeitlos: Die totale Verfinsterung
Auf dem Weg in den Urlaub sendet mein Auto allerlei hysterische
Botschaften. Total Eclipse – nicht nur am Himmel.
Finsternis-Ticker: #SoFis Welt
Die Vögel singen wieder. taz-Redakteure auch. Aufregend war's. Und schön.
Am schönsten: Im Internet wird fieberhaft nach dieser SoFi gesucht, von der
alle reden...
Sonnenfinsternis in Deutschland: Stresstest für Stromunternehmen
Die Sonnenfinsternis ist kritisch für die Stabilität des Stromnetzes.
Tennet-Chef Urban Keussen bereitet sich seit Monaten darauf vor.
Sonnenfinsternis in Berlin: „Wie ein angeknabberter Keks“
Am Freitag verdeckt der Mond die Sonne. Ein Schauspiel, das einen an die
Weite des Kosmos erinnert, sagt Monika Staesche von der Sternwarte am
Insulaner.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.