# taz.de -- Halbfinale im DFB-Pokal: Die zarteste Versuchung | |
> Das Pokal-Halbfinale gegen Wolfsburg erklärt Drittligist Bielefeld zur | |
> Nebensache, den Aufstieg zur Hauptsache. Der uralte Rasen könnte ein | |
> Vorteil sein. | |
Bild: Eine Kuh liegt auf einer Alm. Die Arminia spielt auf einer | |
Beim Auslaufen mit den Kollegen am letzten Sonntag merkte Sebastian | |
Schuppan mal wieder, in welchem Film er da gerade sitzt. Tags zuvor hatte | |
Schuppan, von Beruf Linksverteidiger bei Arminia Bielefeld, mit seinem Team | |
4:0 in Erfurt gewonnen und das Tor zur zweiten Liga damit sperrangelweit | |
aufgestoßen. | |
Nun war es an der Zeit, sich bei angenehmer Alltagslage wieder auf das | |
Underdog-Dasein im Pokal einzustellen. Wie schon vor den Triumphen über | |
Berlin, Bremen und Gladbach. „Aber stattdessen“, erzählt Schuppan vergnüg… | |
„haben wir uns als Mannschaft nur über unseren nächsten Liga-Gegner Kiel | |
unterhalten. Über Wolfsburg hat keiner geredet.“ | |
Ist ja auch nur der Bundesligazweite, der den Ostwestfalen am Mittwoch im | |
Halbfinale des nationalen Cups gegenübersteht. In Wirklichkeit ist das | |
Duell mit dem stargespickten Team von Dieter Hecking natürlich eine enorme | |
Nummer für den Drittliga-Spitzenreiter. „Die Euphorie um uns herum hat | |
große Dimensionen angenommen“, weiß Schuppan, gebürtiger Brandenburger, und | |
betont: „Auch über Bielefeld hinaus.“ | |
Nur sollen sie die Riesennummer eben möglichst klein halten. So will es vor | |
allem Cheftrainer Norbert Meier, der nach dem gewonnenen Elfmeterschießen | |
im Viertelfinale gegen Gladbach grummelte: „Dieser Halbfinal-Einzug könnte | |
ein Trost sein – aber er ist kein Trost.“ Die unter dramatischen Umständen | |
verlorene Relegation vom letzten Frühjahr gegen Darmstadt nagt noch an dem | |
56-Jährigen – der die Chance bekam, den Schaden wieder zu reparieren. | |
„Trotz vieler Widerstände aus den Medien und aus dem Umfeld“, wie Sportchef | |
Samir Arabi sich und die anderen Arminia-Verantwortlichen für ihre | |
Standhaftigkeit lobt. | |
## Aufstieg mit beinahe religiösen Zügen | |
Inzwischen ist die Lage rosig, bei einem Heimsieg am Samstag gegen den | |
schärfsten Verfolger wäre Bielefeld die direkte Rückkehr in die zweite Liga | |
kaum noch zu nehmen. „Dass wir beim Auslaufen nur über Kiel gesprochen | |
haben, war genau richtig. Das ist das wichtigste Spiel. Und vorher im | |
Halbfinale gegen Wolfsburg spielen zu dürfen, ist einfach nur traumhaft. | |
Das ist ein Privileg für uns“, sagt Abwehrspezialist Schuppan, der im | |
laufenden Cup bereits zwei Mal getroffen hat. | |
Unter Trainer Meier bekommt der Auftrag Aufstieg beinahe religiöse Züge – | |
zumindest scheint bei Schuppans Gewichtung Festtag und Alltag eine Art | |
Bielefelder Vaterunser durch. Natürlich werde er von Freunden, Bekannten | |
und Fans seit Tagen auf nichts anderes angesprochen als auf das Halbfinale. | |
„Aber dieser Versuchung muss man eben widerstehen, und das immer wieder | |
aufs Neue“, erklärt der 28-Jährige, der mit Cottbus 2006 den Sprung in die | |
Bundesliga schaffte und 2011 mit Dresden in die zweite Liga aufstieg. | |
Den Verführungen zu widerstehen, räumt Schuppan ein, sei zwar schwer. „Bis | |
jetzt haben wir es immer gut hinbekommen. Was nützt es uns, dass wir ins | |
Halbfinale gekommen sind, wenn wir dann den Aufstieg womöglich nicht | |
schaffen?“ | |
## Stärke bei Standards | |
Dem uralten Rasen im Bielefelder Stadion kommen die bislang 2,5 Millionen | |
Euro Nettoeinnahmen aus dem Pokal definitiv zugute: Zwar lasten noch immer | |
25,7 Millionen Euro Verbindlichkeiten auf dem Klub, doch Geschäftsführer | |
Gerrit Meinke kündigt an: „Wir werden einen neuen Rasen verlegen, | |
unabhängig von der Liga.“ | |
Im Herbst darf das betagte Geläuf nach 15 Dienstjahren in Rente gehen. „Wir | |
freuen uns, dass zur nächsten Saison ein neuer Rasen kommt – wie es sich | |
für einen vermeintlichen Zweitligisten gehört“, blickt Sebastian Schuppan | |
den kommenden Ereignissen zuversichtlich entgegen. Dann denkt er an | |
Wolfsburg und erwähnt: „Alle meinen immer, dass uns der schlechte Rasen im | |
Pokal hilft – wahrscheinlich nicht ganz zu Unrecht.“ | |
Sagt’s und gibt die Taktik für das Kräftemessen mit dem VfL aus: „Standar… | |
gehören zu unseren großen Stärken. Wenn nichts mehr geht, können wir so aus | |
dem Nichts ein Tor machen. Und das tut dem Gegner immer weh.“ Das gilt für | |
die Liga – und für den Pokal sowieso. | |
29 Apr 2015 | |
## AUTOREN | |
Andreas Morbach | |
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