# taz.de -- Schwindender Schutz: Baby-Begrüßung fällt aus | |
> Weil Kinderkrankenschwestern nun Arztbesuche kontrollieren müssen, können | |
> sie im Bezirk Mitte seltener Familien mit Neugeborenen betreuen | |
Bild: Immer mehr Babys krabbeln unkontrolliert durch Hamburg. | |
HAMBURG taz | In den kinderreichen Stadtteil Billstedt und Horn bekam | |
bisher jede Familie mit einem Neugeborenen Besuch von einer der vier | |
Kinderkrankenschwestern der Mütterberatung. Doch das findet offenbar kaum | |
noch statt. Weil die Schwestern seit November 2014 für die Kontrolle der | |
Kinderarzt-Vorsorgeuntersuchungen zwischen dem ersten und zweiten | |
Lebensjahr zuständig sind, finden sie für die Hausbesuche keine Zeit mehr, | |
sagt Bettina Rosenbusch vom Stadtteilnetzwerk „Billenetz“. | |
Nach Schätzungen von Mitarbeiterinnen sind seither etwa 800 | |
Baby-Begrüßungsbesuche ausgefallen. Diese Besuche seien bei den Familien | |
aber sehr beliebt und hätten eine wichtige Funktion für die Integration der | |
Mütter in den Stadtteil, sagt Rosenbusch. Der Wegfall führe außerdem dazu, | |
dass weniger Menschen zur Mütterberatung und zur Elternschule kämen. Grund | |
für den Wegfall der Besuche ist das neue „verbindliche Einladewesen“ für | |
die beiden Kinderarzt-Untersuchungen zwischen dem 10. und 12. sowie dem 21. | |
und 24. Lebensmonat. Die Kinderkrankenschwestern sollen die Eltern anrufen, | |
die den Termin nicht wahrnehmen und sie besuchen, wenn sie auf diese | |
Erinnerung nicht reagieren. | |
„Diese Kontrollaufgabe könnten auch Verwaltungskräfte ausüben“, sagt | |
Rosenbusch. Das war auch mal so gedacht. In der entsprechenden | |
Senatsdrucksache vom Januar 2014 heißt es, dass den Bezirken für diese | |
Aufgabe auf Dauer im Umfang von 15 Vollzeitkräften geeignete Mitarbeiter | |
zuzuweisen sind – zum Beispiel jene Mitarbeiter der 2007 privatisierten | |
Asklepios Kliniken, die die Stadt ohnehin beschäftigen muss. | |
Drei Stellen sollte der Bezirk Mitte bekommen. „Erhalten hat der Bezirk | |
eine 0,75 Stelle“, sagt Sprecherin Sorina Weiland. Ein Problem sei, dass es | |
nicht genügend qualifizierte Asklepios-Rückkehrer gab. Die | |
Krankenschwestern seien qualifiziert. | |
Weiland räumt ein, dass in den Stadtteilen, wo die Schwestern die | |
Kontrollbesuche übernehmen mussten, die Baby-Begrüßungsbesuche | |
zurückgingen. Dabei sei dies ein wichtiges Angebot, da es frühzeitig dafür | |
sorge, dass Eltern sich „nicht alleingelassen oder überfordert fühlen und | |
die Bedürfnisse richtig einschätzen lernen, um dadurch Fehler bei der | |
Säuglings- oder Kleinkindpflege zu vermeiden“. Das Gesundheitsamt des | |
Bezirks sei auf die Zuweisung qualifizierten Personals angewiesen. Dass in | |
Mitte ein besonderer Bedarf besteht, lasse sich aus den Sozialdaten | |
ablesen. | |
Im Senat sieht sich dafür keiner zuständig. Die Sozialbehörde verweist auf | |
die Gesundheitsbehörde, die wiederum verweist auf die für | |
Bezirksangelegenheiten zuständige Finanzbehörde. Und dessen Sprecher Daniel | |
Stricker erklärt: „Die Bezirke steuern ihre Personalbedarfe in eigener | |
Verantwortung im Rahmen der zur Verfügung stehenden Ressourcen.“ Wie viele | |
Asklepios-Rückkehrer tatsächlich für die Kontrollen eingesetzt sind,wisse | |
er nicht. | |
Der gesundheitspolitische Sprecher der Links-Fraktion, Deniz Celik, hat nun | |
eine schriftliche Anfrage eingereicht, die genau danach fragt. | |
„Baby-Begrüßungsbesuche haben als nicht-stigmatisierendes Angebot eine | |
wichtige Schlüsselfunktion“, sagt er und will zudem vom Senat wissen, ob | |
und welche Angebote der Mütterberatung auch in anderen Stadtteilen | |
entfallen. | |
7 May 2015 | |
## AUTOREN | |
Kaija Kutter | |
## TAGS | |
Kinderschutz | |
Hamburg | |
Kindstod | |
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