# taz.de -- Symposium in St. Gallen: Kleinmachen für den Nachwuchs | |
> Unter dem Motto „Proudly small“ versuchen die CEOs von Großkonzernen, ihr | |
> Unternehmen wie Start-ups dastehen zu lassen. So buhlen sie um junge | |
> Talente. | |
Bild: Viele große Unternehmen wären auch gerne so hip und attraktiv wie die S… | |
ST. GALLEN taz | So hört es sich an, wenn der CEO eines Industrieriesen | |
Größe herunterspielt: „ABB ist ein Zusammenschluss von sehr erfolgreichen | |
Start-ups“, sagt Ulrich Spiesshofer, Chef des Energie- und | |
Automatisierungskonzerns mit Hunderten von Tochtergesellschaften. Auf einem | |
Podium der Schweizer Eliteuni St. Gallen preist Speisshofer vor dem | |
gestriegelten Führungsnachwuchs im Publikum sein Unternehmen an. Denn | |
Karriere beim Industriegiganten – das zieht nicht mehr ungebrochen in | |
Zeiten, in denen Start-ups mit ihren flachen Hierarchien Talente anlocken. | |
Die StudentInnen haben sich für ihr selbst organisiertes St. Gallen | |
Symposium in diesem Jahr ein Motto ausgesucht, das das Kleine in den Blick | |
nimmt: Zu „Proudly small“ diskutierten bis Freitag Hunderte | |
Wirtschaftsgrößen mit denen, die es noch werden wollen, über | |
unterschiedliche Aspekte der Größe. | |
So kommt es, dass die Führungskräfte von riesigen Konzernen wie ABB, | |
Swatch, Singapore Airlines und dem Pharmaunternehmen Novartis sich auf dem | |
Podium der Frage stellen müssen, ob die Großen so innovativ sein können wie | |
kleinere Firmen – und wie sie ein junges Talent davon überzeugen würden, | |
einen Job bei einem Start-up zugunsten einer Stelle in ihrem Konzern | |
auszuschlagen. Deswegen geben sich die Führungskräfte nun den Anschein, so | |
durchlässig wie die kleine Start-up-Bude zu sein – mit den Annehmlichkeiten | |
und der Struktur eines Weltkonzerns. | |
Den Vorwurf, die Winzlinge hätten die wirklich neuen Ideen, wollen die | |
Chefs schon mal nicht gelten lassen. Es gebe keinen Beleg dafür, dass | |
kleinere Firmen erfolgreicher Innovationen entwickelten als große | |
Unternehmen, sagt Jörg Reinhardt, Verwaltungsratspräsident von Novartis. | |
## Konzernchef in Jeans | |
Doch selbst einer der größten Pharmakonzerne der Welt will hier in St. | |
Gallen so riesig nicht sein: „Wir haben einige unserer Bereiche | |
aufgebrochen – wir sind also nicht mehr so groß, wie wir es vor einigen | |
Jahren waren“, stellt Reinhardt klar, als er gefragt wird, ob die einzelnen | |
Einheiten nicht weitaus innovativer wären, wenn man den gigantischen | |
Konzern in kleinere Teile aufsplitten würde. | |
Besonders geschickt im Buhlen um den Nachwuchs gibt sich Swatch-CEO Nick | |
Hayek: Ein Konzernchef, der sich im Scheinwerferlicht in Jeans in seinen | |
Sessel lümmelt und über die Anzugträger neben sich kichert, ein Boss mit | |
Piratenflagge am Bürofenster, die zum Regelbruch ermutigen soll – in St. | |
Gallen reicht das in diesen Tagen schon für Rebellentum. Es mag ein | |
ehrlicher Versuch sein, eine besondere Unternehmenskultur zu entfalten – es | |
ist aber vor allem auch ziemlich gutes Marketing. | |
Besser als das von ABB-Chef Spiesshofer jedenfalls. Der erklärt zwar | |
zunächst: „Du musst den Hamster aus dem Rad nehmen.“ Man müsse Mitarbeiter | |
manchmal aus dem Gewohnten herausholen und junge, noch nicht im Rad | |
laufende Mitarbeiter in die Firma bringen, sagt der CEO. Nur um dann | |
fortzufahren: „Du musst neue Räder erschaffen, in denen Leute rennen.“ | |
Routine in immer neuen sinnlosen Laufrädern – damit hat Spiesshofer wohl | |
weniger Werbung für ABB, sondern für die Winzlingsfirmen gemacht. | |
10 May 2015 | |
## AUTOREN | |
Eva Oer | |
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