| # taz.de -- die wahrheit: Auf den Feiern liegt der Schatten der Lüge! | |
| > Der Privatgelehrte Thorsten Lobkowicz im Wahrheit-Gespräch über Bonn, | |
| > Lärm und den tauben Ludwig van Beethoven. | |
| Bild: Grimmig schaut Beethoven von der Ampel | |
| Sensationelle Enthüllung im Beethovenjahr: Der Hamburger Privatgelehrte | |
| Thorsten Lobkowicz behauptet in der Monografie "Der Müll, die Stadt und der | |
| Ton", hinter der tragischen Ertaubung des Komponisten steckten ganz andere | |
| Ursachen als bislang angenommen. Der Ruf der "Beethovenstadt" Bonn ist in | |
| Gefahr. | |
| taz: Herr Lobkowicz, am 16. Dezember 2010 jährt sich zum 240. Mal der | |
| Geburtstag des Komponisten Ludwig van Beethoven … | |
| Thorsten Lobkowicz: Und ich bin heilfroh, dass der Meister ihn nicht | |
| erleben muss! | |
| Wirklich? Die ganze Welt wird dieses Jubiläum feiern. | |
| Aber wenn sie nicht endlich auf mich hört, liegt auf den Feiern der | |
| Schatten der Lüge. Das hätte Beethoven gewiss nicht gefallen. | |
| Sie stellen in Ihrem Buch die These auf … | |
| … These? Die Wahrheit! | |
| Die überlassen Sie bitte uns. Möchten Sie den Wahrheit-Lesern erläutern, | |
| worum es geht? | |
| Vor einiger Zeit besuchte ich Bonn. Ich übernachtete im Hotel Groß in der | |
| Bonngasse 17. Gerade mal 30 Meter vom Geburtshaus Ludwig van Beethovens | |
| entfernt. | |
| War das Zufall oder Absicht? | |
| Schicksal, würde ich sagen! Mein Hotelzimmer lag im zweiten Stock, zur | |
| Straße hinaus. Kurz vor acht Uhr morgens erwachte ich von einem | |
| infernalischen Lärm. Ein Geschepper und Gerumpel, nicht zu beschreiben! | |
| Versuchen Sie es trotzdem. | |
| Kennen Sie das Konzertstück "Wellingtons Sieg oder die Schlacht bei | |
| Vittoria"? | |
| Ja, leider. | |
| Dieses Kartätschenknattern und Kanonenböllern in den letzten Takten ist | |
| eindeutig vom Lärm in der Bonngasse inspiriert. | |
| Was genau riss Sie aus dem Bett? Doch nicht der Feldherr Wellington? | |
| Die Müllabfuhr! Durch die Bonngasse passen kaum zwei Cembali nebeneinander. | |
| Aber die Bonner Entsorgungsbetriebe röhren da mit Lkws hindurch, die | |
| anderswo Spaceshuttles transportieren. Und als würde der Motorenkrach nicht | |
| genügen, schmeißen die Müllkutscher die Tonnen mit Wonne durch die Gegend, | |
| brüllen dazu Unflätigkeiten und pfeifen den Damen hinterher. Die zetern | |
| zurück, und alles schwillt zwischen den Häuserwänden an, so wie das | |
| Finalcrescendo in der "Ode an die Freude". | |
| Und Sie meinen, diese Geräusche hätten zu Beethovens berühmtem Gehörleiden | |
| geführt? | |
| Ich "meine" nicht. Ich weiß! Ich habs nur einmal hören müssen und bin | |
| seither mit Tinnitus in Behandlung. Ludwig van Beethoven hingegen war | |
| gezwungen, diese Kakofonie vier lange Jahre zu erdulden. Und zwar als | |
| Kleinkind! Sein bekanntermaßen starrsinniger und trunksüchtiger Vater | |
| erhörte die Klagen des sensiblen Knaben erst, als alles zu spät war. Doch | |
| statt aus Bonn wegzuziehen, verblieb die Familie in dem elenden Nest. | |
| Das sich heute stolz "Beethovenstadt" nennt … | |
| Es ist der blanke Hohn! Beethoven beklagt sich in einem Brief vom 15. | |
| September 1787: "Das schiksaal hier in bonn ist mir nicht günstig." Und | |
| sechs Jahre später, am 2. November 1793 - er ist endlich nach Wien | |
| entkommen - fällt ihm nur eines ein, was seine Bonner Bekannte Eleonore von | |
| Breuning ihm als Gruß aus der Heimat senden könnte: "Eine von Haasen-Haaren | |
| gestrickte Weste". Könnte übrigens auch "Naasen-Haare" heißen. Der Meister | |
| hatte ja eine Sauklaue. | |
| Die Wissenschaft vermutet, Beethovens Ertaubung stehe in direkter | |
| Verbindung mit einer schweren Bleivergiftung aus frühester Jugend. Wie | |
| passt das zu Ihrer Theorie? | |
| Das passt wie das Taa-taa-taa zum Taaa! In Beethovens Zeit gab es noch | |
| keine Grenzwerte für Blei im Benzin. Aber gigantische Mülllaster! | |
| Welche weiteren Beweise haben Sie für die Sünden Bonns an Beethoven? | |
| Gleich neben dem Hotel Groß befindet sich ein Lokal namens "Ewige Lampe". | |
| Als ich dort gegen 23 Uhr einen Schlummertrunk einnehmen wollte, hatte die | |
| Gaststätte bereits geschlossen. Sie können sich ausmalen, welch verheerende | |
| Wirkungen solcher Etikettenschwindel auf den Wahrheitsfanatiker Beethoven | |
| gehabt haben muss! Ein spätes Echo seiner Empörung hören Sie in der Oper | |
| "Fidelio", wenn die Gefangenen zurück in den Kerker kriechen und flüstern: | |
| "Schon sinkt die Nacht hernieder, aus der kein Morgen bricht." | |
| Herr Lobkowicz, nichts für ungut - aber was Sie uns da auftischen, klingt | |
| doch reichlich hanebüchen. | |
| Dann warten Sie mal mein nächstes Buch ab! Darin werde ich nachweisen, dass | |
| Mozart gar nicht mit 35 gestorben ist. Vielmehr hat er 1791 den | |
| Hofkapellmeister Salieri vergiftet, dessen Identität angenommen und noch | |
| viele Jahre glücklich gelebt. | |
| Im Ernst? | |
| Und ob. Und nennen Sie mich bitte nicht Ernst! | |
| Thorsten Lobkowicz, wir danken Ihnen für das Gespräch. | |
| 19 Feb 2010 | |
| ## AUTOREN | |
| Kay Sokolowsky | |
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