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# taz.de -- Zuspitzung des Konflikts in Äthiopien: Krieg gegen das eigene Volk
> Das Auswärtige Amt stellt den Konflikt in Äthiopien vor allem als
> humanitäres Problem dar. Das verhöhnt die Menschen im Kriegsgebiet.
Bild: Die Menschen fliehen aus der Region Tigray – aber nicht vor einer human…
Als Abiy Ahmed 2018 Äthiopiens Ministerpräsident wurde und umgehend einen
politischen Frühling einläutete, galt er als neuer Hoffnungsträger Afrikas.
Er öffnete die Gefängnisse, er schloss Frieden mit dem Erzfeind Eritrea,
und als smarter junger Technokrat, der die autoritäre Wende seiner
Vorgänger rückgängig machte, [1][erhielt er 2019 den Friedensnobelpreis].
Heute führt er Krieg gegen einen Teil des eigenen Landes.
Hunderte von Menschen sind gestorben, Zehntausende sind auf der Flucht, und
die Zentralregierung [2][droht den Einwohnern von Mekelle, Hauptstadt der
Region Tigray, unverhohlen mit der Auslöschung], wenn sie sich nicht von
ihren lokalen Führern lösen.
Der äthiopische Staat war schon immer in erster Linie ein Gewaltinstrument.
Vom absoluten Kaiserreich über die marxistisch-leninistische
Militärdiktatur, beide mit Millionen Hungertoten auf dem Gewissen, bis zum
Regime der seit 1991 regierenden EPRDF (Revolutionäre Demokratische Front
der Äthiopischen Völker), in dem Abiy zum Premierminister aufstieg – die
Entrechtung der Bevölkerung ist absolut. Die Bauern besitzen nicht einmal
das Land, das sie bebauen.
Widerspruch wird in Politik und Gesellschaft mit ganz wenigen Ausnahmen
nicht akzeptiert, auf Opposition wird mit der Waffe reagiert. All das
ändert sich nicht durch einen Wechsel an der Spitze. Im Gegenteil, der
junge Abiy Ahmed kann sein Programm nur durchziehen, indem er alle
Zwangsinstrumente anwendet, die er zur Verfügung hat – vor allem gegen jene
Mitstreiter, die seine noch junge Autorität nicht respektieren.
Wohin das führen könnte, ist bekannt. Auch Syriens Baschar al-Assad fing
einst als international gelobter Modernisierer an, bevor er zum Schlächter
seiner Bevölkerung wurde, als sie es wagte, die Werte einzufordern, die er
selbst nach außen beanspruchte. Abiy ist kein Assad, aber wenn in Äthiopien
schon Vergleiche zwischen Mekelle und Aleppo kursieren, ist der Vergleich
nicht allzu fern.
Ebenso wenig wie in Syrien kann die internationale Gemeinschaft in
Äthiopien hoffen, dass ihre Aufrufe zum Dialog Gehör finden. Doch den
Konflikt vor allem als humanitäres Problem darzustellen, in einer Reihe mit
„Überschwemmungen, Heuschrecken und Covid-19“, und ansonsten zur
Fortsetzung des Reformkurses von Abiy Ahmed aufzurufen, wie das Auswärtige
Amt in Berlin es tut, ist eine Verhöhnung [3][der Menschen im Kriegsgebiet.
Äthiopien] ist der wichtigste Partner der USA und Europas in der Region im
Kampf gegen islamistischen Terrorismus. Aber wenn die Regierung Teile der
eigenen Bevölkerung terrorisiert, kann sie kein Partner mehr sein.
23 Nov 2020
## LINKS
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## AUTOREN
Dominic Johnson
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