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# taz.de -- Wie grün ist deutscher Fußball?: Mit dem Umweltschutz am Bein
> Green Goal 2006 – so hieß das Umweltkonzept zur Fußball-WM in
> Deutschland. Seitdem soll das Thema Umwelt auch im deutschen Fußball ein
> Rolle spielen. Oder?
Bild: Mainz 05 hat treue Fans, die ihrem Club auch zu Auswärtsspielen folgen. …
Alle 36 Profifußballvereine der Ersten und Zweiten Bundesliga sind Mitglied
im Ligaverband e.V.. Der wiederum hat "sein operatives Geschäft an die DFL
Deutsche Fußball Liga GmbH übertragen", wie es auf der Website des Verbands
heißt. Und die DFL soll dafür Sorge tragen, die Marke Bundesliga
weiterzuentwickeln.
Das fällt leicht, Kicken ist beliebt in Deutschland, die Fan-Basis der
meisten Profivereine ist groß. Aber hat Umweltschutz einen Platz in dieser
Marke? Bei der DFL gibt es niemanden, der für diesen Bereich verantwortlich
ist. Man könnte annehmen, dass der Deutsche Fußballbund (DFB) als
Dachverband dieses Gebiet betreut.
Der DFB ist aber anderer Meinung: "Für die Vereine der Ersten und Zweiten
Bundesliga ist die DFL zuständig", sagt DFB-Direktor Willi Hink. Er betreut
den DFB-Fachbereich Nachhaltigkeit, den es seit Oktober 2010 gibt. Hinks
Standpunkt: "Unsere Mitgliedsvereine sind freiwillige Zusammenschlüsse von
Menschen, um an Fußballwettbewerben teilzunehmen, nicht um gemeinsam
ökologisch zu handeln." Martin Schmied von der Beratungseinrichtung
Öko-Institut, findet: "Trotzdem müssen sich Vereine wie auch Unternehmen
ihrer gesellschaftlichen Verantwortung stellen." Das Öko-Institut hat an
dem "Green Goal"-Konzept für die Fußball-WM 2006 mitgearbeitet.
Nach der WM hat der DFB vor zwei Jahren außerdem einen Ökoleitfaden für
seine rund 26.000 Mitgliedsvereine herausgegeben. "Er spricht alle an, die
ein Vereinsheim haben und informiert beispielsweise über Zuschüsse vom
Staat für ökologische Umrüstung", sagt Hink. Mailings oder Kampagnen, um
den Ökoleitfaden zu bewerben, gibt es nicht. "Wenn jemand danach auf
unserer Homepage sucht, findet er es", so Hink.Und auch über das jährlich
erscheinende DFB-Journal werde der Leitfaden beworben. In ihm geht es um
Wärme, Dämmung, Strom, Wasser, Abfall und Verkehr. So kann jeder Verein
entscheiden, auf welchen Bereich er achten möchte, erklärt Hink. Das mag
bei kleineren Fußballvereinen sinnvoll sein, denn nicht bei jedem
Vereinsheim gibt es ähnliche ökologische Defizite.
Der Verein Offenbacher Kickers 1901 e.V. (OFC) beispielsweise spielt in der
Dritten Liga und baut gerade sein Stadion um, aber nicht anhand des
Ökoleitfadens. "Wir richten uns im Stadionbau nach den Vorschriften der
DFL, denn wir haben vor, noch in dieser Saison in die Zweite Bundesliga
aufzusteigen", sagt Thorsten Siegmund, Pressesprecher des OFC. Vom
DFB-Ökoleitfaden habe er noch nichts gehört. Bei den DFL-Vorschriften
handele es sich hingegen vor allem um Auflagen für die Sicherheit. Außerdem
muss gewährleistet sein, dass die Fernsehsender gut aus dem Stadion
berichten können.
Auch andere bauliche Bereiche sind wichtig. "Zum Beispiel müssen Vereine
der Bundesliga eine Rasenheizung im Stadion haben", sagt Siegmund.
Rasenheizungen haben eine schlechte Energiebilanz, deshalb lohnt sich eine
Umrüstung vor allem bei älteren Anlagen. Doch der OFC verzichtet auf eine
Umrüstung, obwohl seine Rasenheizung rund 3.000 Liter Heizöl in zwei Tagen
verbraucht. Ein modernes Einfamilienhaus mit 160 Quadratmetern kommt mit
dieser Menge durchschnittlich bis zu zwei Jahre aus.
Aber bei den Profifußballern muss der Umweltgedanke generell anders
einbezogen werden als bei kleineren Vereinen. "Die CO2-Bilanz von
Großveranstaltungen hat ergeben, dass vor allem die Mobilität den
Löwenanteil ausmacht", sagt Dirk Walterspacher, Bereichsleiter von CO2OL,
einer Beratungs- und Dienstleistungsagentur für betrieblichen Klimaschutz.
"Bis zu 80 Prozent der Emissionen sind der Mobilität der Besucher
zuzuschreiben. Die Emissionen aus den sonstigen Ressourcenverbräuchen sind
in der Regel viel geringer."
Allein in der Ersten und Zweiten Bundesliga werden 612 Spiele pro Saison
ausgetragen. Das sind 612 Spiele, zu denen jeweils durchschnittlich knapp
30.000 Fans in deutsche Stadien reisen. 612 Möglichkeiten für den
Profifußball, etwas für die Umwelt zu tun. Trotzdem konzentrieren sich
viele Veranstalter auf Bereiche wie Wärme, Energie und Wasser, anstatt sich
auf weitaus effektivere ökologische Ergebnisse im Bereich Mobilität zu
konzentrieren. "Die anderen Bereiche sind natürlich auch wichtig, doch man
sollte den Hebel zunächst dort ansetzen, wo das meiste CO2 emittiert wird",
sagt Walterspacher.
Nur wenige Vereine gehen mit gutem Beispiel voran. Darunter ist der 1. FSV
Mainz 05, der laut eigener Aussage klimaneutral ist. "Gemeinsam mit dem
Öko-Institut Darmstadt haben wir Fanbewegungen, die Mobilität der
Mannschaft und das Stadion geprüft", sagt Tobias Sparwasser, Pressesprecher
von Mainz 05. Ergebnis: Der Verin versucht, den CO2-Ausstoß zu vermeiden
und wo es nicht geht, wird die Verschmutzung mittels eines
Aufforstungsprojekts in Kanada kompensiert. Aber man müsse auch deutlich
sagen, dass es nicht Ziel von Mainz 05 sei, ein ökologischer Vorzeigeclub
zu sein, so Sparwasser. "Wir sind ein Fußballverein, keine
Umweltorganisation."
Sparwasser gibt zu, dass ohne den Sponsor aus einer Energiebranche
"Klimaneutralität kein Thema gewesen" wäre. "Der Klimaschutz hätte dann nur
von ökonomischen Aspekten abgehangen." Das bestätigt auch DFB-Direktor
Hink: "Es muss so sein, dass ein Verein auch wirtschaftlich profitiert,
wenn er ökologisch handelt", denn Geld sei das beste Motiv dafür. "Der
Staat ist in der Pflicht, die Rahmenbedingungen dafür zu schaffen."
Aber auch die Fans sind gefragt: "Wer etwas für den Umweltschutz tun
möchte, sollte als Ziel haben, mindestens 70 Prozent des Verkehrs über
öffentliche Verkehrsmittel zu regeln", sagt Professor Klaus-Dieter Luckmann
vom Bund Architektur & Umwelt (BAU). Um Fans dazu zu bewegen, mit dem Zug
oder in Fahrgemeinschaften anzureisen, könnten Spieler als Botschafter für
Nachhaltigkeit Pate stehen. Ein Promi mit einer Botschaft, kein neue, aber
eine effektive Strategie. Die vielleicht auch bei der WM 2006 hätte
eingesetzt werden sollen, wie es im Legacy Report heißt: "Die breite
Bevölkerung wurde [...] nur bedingt erreicht. Hier machte sich [...] die
fehlende Personifizierung von Green Goal beispielsweise über
Spielerpersönlichkeitenbemerkbar."
Bei der Frauenfußball-Weltmeisterschaft 2011 in Deutschland setzen die
Veranstalter wieder auf Green Goal. "Der DFB will diese WM nutzen, um das
Thema Umwelt in den Mitgliedsvereinen zu festigen", sagt
Öko-Institut-Bereichsleiter Schmied. Das gleiche hat man schon 2006 über
Green Goal gesagt. "Wir sind uns bewusst, dass wir im Thema Umweltschutz
noch am Anfang stehen", räumt daher auch DFB-Direktor Hink ein. "Wir werden
2013 einen zertifizierten Nachhaltigkeitsbericht vorlegen und möchten uns
dann an dem messen lassen, was wir bis dahin erreicht haben." Weitere zwei
Jahre Zeit also, das Thema Umwelt langfristig im internationalen und
nationalen Fußballsport zu verankern.
17 Feb 2011
## AUTOREN
Sabine Voß
## TAGS
Fußballvereine
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