| # taz.de -- Umstrittener NFL-Trainer hört auf: Jede Menge Hass | |
| > Football-Trainer Jon Gruden von den Las Vegas Raiders zog über Frauen, | |
| > Schwarze, Schwule und Queers her. Nach wachsendem Druck trat er nun | |
| > zurück. | |
| Bild: Im Kreise seiner Spieler: Jon Gruden vergangene Woche bei der Partie gege… | |
| Jetzt hat er dann also doch die Konsequenzen gezogen. In der Nacht zu | |
| Dienstag trat Jon Gruden als Cheftrainer der Las Vegas Raiders zurück. Über | |
| den Twitter-Account des Klubs verkündete er: „Ich liebe die Raiders und | |
| möchte keine Belastung sein. Vielen Dank an die Spieler, Trainer, | |
| Angestellten und Fans. Ich wollte niemals irgendjemanden verletzen.“ | |
| Genau das aber hatte Gruden, eine der schillerndsten Figuren im | |
| Profi-Football, getan. Er hatte nicht nur irgendjemanden verletzt, sondern | |
| nahezu alle verfügbaren Minderheiten und ein paar der mächtigsten Männer im | |
| Football-Geschäft. In alten E-Mails von Gruden, die in den vergangenen | |
| Tagen auftauchten, beleidigte und erniedrigte der Trainer neben Frauen, | |
| Schwarzen, Schwulen und Queers auch noch den NFL-Chef Roger Goodell und den | |
| Vorsitzenden der Spielergewerkschaft, DeMaurice Smith. | |
| Smith, einen Afroamerikaner, beschrieb Gruden in zehn Jahre alten E-Mails, | |
| die vergangenen Freitag vom Wall Street Journal veröffentlicht wurden, als | |
| Menschen „mit Lippen wie Michelin-Reifen“. Der Trainer entschuldigte sich | |
| prompt: „Ich kann nur sagen, ich bin kein Rassist. Ich bin beschämt, dass | |
| ich Smith beleidigt habe.“ Stattdessen hätte er schon öfter den Begriff | |
| „Gummilippen“ benutzt, wenn er fand, dass jemand lügen würde. | |
| Die Entschuldigung wurde weitgehend akzeptiert, die Äußerungen selbst von | |
| einer NGO, die [1][für mehr Diversität in der NFL Lobbyarbeit] betreibt, | |
| nur als „unsensibel“ charakterisiert, und Gruden stand am Sonntag noch an | |
| der Seitenlinie gegen die Chicago Bears. Nach der verlorenen Partie | |
| solidarisierten sich mehrere Raiders-Profis mit ihm. Der Tenor: Die Sache | |
| liegt lange zurück, und Gruden reißt bekanntlich gern mal die Klappe auf, | |
| aber er ist kein schlechter Kerl. | |
| ## Gegen Schiedsrichterinnen in der NFL | |
| Dann wurden weitere Mails veröffentlicht, diesmal von der New York Times, | |
| die jüngsten erst drei Jahre alt. In denen bezeichnete Gruden den NFL-Boss | |
| Goodell nicht nur als „Schwuchtel“ und „ahnungslose Pussy“, sondern | |
| unterstellte zudem, er solle die Verantwortlichen der Los Angeles Rams | |
| unter Druck gesetzt haben, sich beim Draft für Michael Sam zu entscheiden, | |
| der sich kurz zuvor als homosexuell geoutet hatte. | |
| Außerdem macht Gruden in den E-Mails klar, dass er gegen | |
| Schiedsrichterinnen im Football ist, findet, Spieler, die gegen Rassismus | |
| auf die Knie gehen während der Nationalhymne, sollten gefeuert werden, und | |
| bezeichnete auch den damaligen Vize-Präsidenten Joe Biden als „nervöse, | |
| ahnungslose Pussy“. Das war dann doch zu heftig: Nach einem Treffen mit | |
| Raiders-Besitzer Mark Davis und dem Vernehmen nach erheblichem Druck von | |
| der NFL-Leitung musste der 58-jährige Gruden seinen Hut nehmen. | |
| Gruden war während seiner Karriere niemals unumstritten. Als Coach gewann | |
| er zwar 2003 die Super Bowl, lieferte sonst aber eher durchwachsene | |
| Ergebnisse. Die Raiders, bei denen er 2018 einen 100 Millionen Dollar | |
| schweren Zehnjahresvertrag unterschrieb, bewältigten unter ihm zwar den | |
| historischen Umzug von Oakland in die Spielerstadt Las Vegas, treiben sich | |
| aber schon länger im Tabellenkeller herum. | |
| Zu wirklich großer Form lief Gruden eher als TV-Experte auf. Acht Jahre | |
| lang kommentierte er das Montagsspiel der NFL. Als euphorischer Analyst, | |
| der kein Blatt vor den Mund nimmt, wurde er zum Star dieser | |
| Schaufensterübertragung der Liga und stieg zum bestbezahlten Angestellten | |
| des Sport-Senders ESPN auf. Gruden und sein Spitzname „Chucky“, den ihm | |
| eine gewisse Ähnlichkeit mit der „Mörderpuppe“ aus dem gleichnamigen | |
| Horrorfilmen eingebracht hatte, wurde zu einer Marke, die ihm lukrative | |
| Werbeverträge mit Fast-Food-Ketten, mexikanischem Bier oder Sportsocken | |
| einbrachte. | |
| Nun wurde sein Rücktritt, der wohl gleichbedeutend mit dem Ende seiner | |
| Karriere ist, ausgerechnet in der Halbzeitpause eines | |
| Monday-Night-Football-Spiels verkündet. Es ist nicht die einzige Ironie | |
| dieser Geschichte: [2][Im Juni wurde Raiders-Profi Carl Nassib] der erste | |
| NFL-Spieler, der sich während seiner aktiven Zeit als schwul outete. Gruden | |
| hatte diesen Schritt freudig begrüßt und Nassib seine Unterstützung | |
| versprochen. Nur vier Monate später ist Jon Gruden über seine Homophobie | |
| gestolpert. | |
| 12 Oct 2021 | |
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| ## AUTOREN | |
| Thomas Winkler | |
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