| # taz.de -- Top drei der nervigen Kindersituationen: Heulend aus dem Zimmer | |
| > Die perfekte Mutter! So was kann man nur im Kino sehen. Im wirklichen | |
| > Leben hat man da schlicht nicht die Nerven dafür. | |
| Bild: Gut möglich, dass da im Erziehungsauftrag auch mal ein Gespenst unterweg… | |
| In dem Film [1][„Little Women“], der gerade überall im Kino läuft, sitzt | |
| die tolle Schauspielerin Laura Dern mit ihrer gebeutelten Teenagertochter | |
| Jo (auch toll: Saoirse Ronan) auf dem Fußboden und streicht ihr geduldig | |
| über das gelockte Haar. Sie hört sich alles an, dieses (Männer) und jenes | |
| (Jos Berufung zur Schriftstellerin) und alles noch mal von vorne. Sie | |
| lächelt milde – das tut Laura Dern eigentlich den ganzen Film über – und | |
| ist quasi die Langmut in Person. Sie ist die perfekte Mutter. | |
| Ich bin nicht geduldig. Ich bin damit auch nicht alleine, glaube ich. Und | |
| mir geht dieses marienhafte Mutterbild auf den Keks. | |
| Greta Gerwig ist eine junge New Yorker Regisseurin, sie macht Filme, die | |
| dem links-lebenskünstlerischen Milieu stets zugewandt sind. Wie eben dieser | |
| feministische Versuch über vier Schwestern, die sich als Frauen im 19. | |
| Jahrhundert allesamt zu retten versuchen, indem sie Schriftstellerin werden | |
| oder heiraten oder sterben. Alles nicht so eindeutig, nur die Mutterrolle | |
| ist es leider. | |
| ## Mütter haben manchmal keine Lust | |
| Mütter schreien rum und heulen rum und haben manchmal keine Lust, das Kind | |
| in die Badewanne zu stecken, und könnten sich mitunter was Besseres | |
| vorstellen, als vorzulesen und sich kompliziert erzählen zu lassen, wie der | |
| Schultag war. Mütter sind keine Heiligen, sondern das ist ein altes | |
| Klischee. | |
| Deshalb hier aus gegebenem Anlass meine Top drei der nervigen | |
| Kindersituationen: | |
| 1. Die Fortsetzungsgeschichten für den Fünfjährigen. Vor fast zwei Jahren | |
| habe ich angefangen, dem Kleinen Geschichten über ein freundliches Gespenst | |
| zu erzählen, damit er im Sommerurlaub fleißig die Berge hochläuft. Das hat | |
| so gut funktioniert, dass er seitdem ständig nach Nachschub verlangt, auch | |
| wenn wir nur zur Kita laufen. | |
| Wichtig: Keine Geschichte darf zweimal erzählt werden. Gleichzeitig sind | |
| die gewünschten Themen, die ich variieren soll, stark begrenzt (das | |
| Gespenst hat entweder Räuber zu Besuch oder hilft bei der Feuerwehr aus). | |
| Spontan kreativ zu sein ist sehr anstrengend. Es macht mich so müde, dass | |
| ich mich mitunter unter die Straßenlaterne auf dem Weg zur Kita legen und | |
| sofort eine Runde schlafen möchte. | |
| Dann bekomme ich ein schlechtes Gewissen, denn Laura Dern wäre nicht müde | |
| geworden ob der ja in der Tat unverfrorenen Anspruchshaltung des | |
| Nachwuchses. Manchmal bekommt das Kind eine Geschichte, öfter eine Abfuhr. | |
| Ohne Lächeln. | |
| 2. Die Kinder sind fünf Jahre auseinander. Das limitiert gemeinsame | |
| Interessen, aber zwei Dinge mögen sie beide: Kampfspiele und den | |
| Streamingdienst Spotify, weil es dort alle Hörbücher gibt, die sie lieben. | |
| Meistens nach dem Abendbrot verschwinden sie im Schlafzimmer und bewerfen | |
| sich kreischend mit Kissen, und wahrscheinlich ziehen sie sich auch an den | |
| Haaren, ich weiß es nicht, ich gucke lieber nicht hin. | |
| Nach fünf Minuten rennt einer heulend aus dem Schlafzimmer. Der Missetäter | |
| hat sein Vergehen „aus Versehen“ begangen. Der, der die Beule zu beklagen | |
| hat, glaubt das niemals. Die Kinder schreien, manchmal puste ich auf der | |
| Beule rum und versuche herauszufinden, was „aus Versehen“ bedeutet, | |
| manchmal nicht, dann schreie ich auch. Was ungerecht ist. Laura Dern hätte | |
| jedenfalls nur gepustet. Und gelächelt. | |
| 3. Der Spotify-Trialog bei uns geht so: Kind eins: „Kann ich was hören?“ | |
| Kind zwei: „Ich will auch was hören!“ Ich: „Ich hab nur ein Handy für | |
| Spotify, einer muss CD hören. Ihr habt viele CDs.“ Kind eins: „Ich hab die | |
| alle schon tausendmal gehört.“ Ich: „Du hast auch alle ‚TKKG‘-Folgen b… | |
| Spotify schon tausendmal gehört.“ Kind zwei: „Ich will was hören!“ Kind | |
| eins: „Es ist unfair, er darf immer zuerst...“ Ich: „Du warst gestern Abe… | |
| zuerst...“ Kind eins (die Unterlippe zittert): „Unfair!!“ Kind zwei: „I… | |
| will was hören.“ Ich: „...“ Kind eins (bricht in Tränen aus): „Unfair… | |
| Ich (gereizt): „Es ist doch noch gar nichts entschieden. Wir könnten eine | |
| Münze werfen unter der Bedingung...“ Beide Kinder: „JAA!!“ Ich: „... d… | |
| hinterher keiner heult.“ Kinder: „JAA!!“ Wir werfen. Einer heult. | |
| Wer, bitte, kann da noch lächeln? | |
| 23 Feb 2020 | |
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| ## AUTOREN | |
| Anna Klöpper | |
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