# taz.de -- Seehofers „Zuwanderungskorridor“: Korridore und Brücken statt … | |
> Korridore wären ein sicherer Weg über das Mittelmeer. Doch wenn Horst | |
> Seehofer davon spricht, ist genau das Gegenteil davon gemeint. | |
Bild: Eine Brücke übers Mittelmeer – das wär's | |
Horst Seehofer macht sich Sorgen – um den Zuwanderungskorridor. [1][Bei der | |
Vorstellung seines sogenannten „Masterplans“] zur Begrenzung Asylsuchender | |
äußerte der Innenminister die Befürchtung, dass der im Koalitionsvertrag | |
vereinbarte „Korridor für Zuwanderung“, also die Begrenzung von 180.000 bis | |
220.000 Geflüchteten pro Jahr, 2018 überschritten werden könnte. Und das, | |
obwohl im ersten Halbjahr deutlich weniger Menschen nach Deutschland | |
gekommen sind, als im Vorjahreszeitraum. | |
„Zuwanderung“ (Migration, Einwanderung) ist eine Ableitung von „wandern“ | |
(gehen, reisen), das seit dem 13. Jahrhundert im Mittelhochdeutschen belegt | |
ist. „Korridor“ (Verbindungsgang, Landstreifen) wurde im 18. Jahrhundert | |
aus dem italienischen „corridore“ (Läufer, Laufgang) entlehnt, und geht auf | |
das lateinische „currere“ (laufen) zurück. | |
Ein Korridor – ein sicherer Weg über das Mittelmeer – ja, das wäre etwas, | |
was dringend nötig wäre, um das Sterben an Europa Grenzen zu beenden. | |
Seehofer hat jedoch nur Angst, dass dieser Korridor überschritten werden | |
könnte – im doppelten Sinne. Der Innenminister nutzt das Wort nicht | |
buchstäblich, sondern in seiner metaphorischen Bedeutung als „flexibler | |
Gestaltungsraum“ – was die von ihm damit gemeinte [2][„Obergrenze“] aber | |
nicht ist. Hier soll nicht gelaufen werden, sondern stillgestanden. | |
Entweder will er das Reizwort Obergrenze vermeiden, um nicht darauf | |
festgenagelt zu werden, dass diese überschritten wurde oder es einfach | |
abschwächen. Und „Zuwanderungskorridor“ ist noch in weiterer Hinsicht | |
ungenau: Wie schon immer vermischt Seehofer die völlig unterschiedlichen | |
Themen Zu-/Einwanderung und Asyl miteinander, und erweckt so den Eindruck, | |
Asylsuchende hätten weniger Anspruch auf Einreise. | |
Vermutlich ist sich Seehofer nicht einmal des Zynismus seiner Wortschöpfung | |
bewusst, ähnlich wie seine Freude über die [3][69 abgeschobenen | |
Geflüchteten nach Afghanistan] an seinem 69. Geburtstag. Eine | |
Geisteshaltung, die zur aktuellen Lage passt: Denn weder wird die EU einen | |
Korridor errichten, noch eine Seebrücke, noch sonst etwas, um Geflüchteten | |
sicheres Geleit zu geben – das einzige, was Europa derzeit errichtet, ist | |
eine Mauer aus Toten. | |
11 Jul 2018 | |
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## AUTOREN | |
Erik Wenk | |
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