| # taz.de -- Philosophin Agnes Heller im Interview: „Angst liegt nicht in mein… | |
| > Sie ist die bekannteste Kritikerin des ungarischen Mediengesetzes, wird | |
| > in ihrer Heimat öffentlich diffamiert und erhält Hassbriefe: Agnes | |
| > Heller. Jetzt erklärt sie, warum sich Furcht nicht lohnt. | |
| Bild: Agnes Heller bei der Verleihung der Goethe-Medaille 2010. | |
| Die Philosophin Agnes Heller wirft dem ungarischen Ministerpräsidenten | |
| Viktor Orbán Leugnung und Unterdrückung vor. Orbán wolle „die Konzentration | |
| der Macht in seinen Händen“, sagt die gebürtige Budapesterin im | |
| sonntaz-Gespräch. „Er will der alleinige Gesetzgeber sein – und die Räume | |
| der Opposition immer enger machen.“ Das umstrittene Mediengesetz, das seit | |
| Beginn des Jahres in Ungarn gilt, sieht sie als Kontrollmittel. | |
| An einem neuen Verfassungsentwurf kritisiert Heller, dass dieser nur noch | |
| christliche Werte anerkennt. Demokratische und republikanische Traditionen | |
| würden überhaupt nicht mehr erwähnt, „die ungarische Verantwortung für die | |
| Deportation der Juden während des Nationalsozialismus wird geleugnet.“ Über | |
| Orbáns politische Absichten meint sie: „Er ist ein Demagoge, ein | |
| rechtsorientierter, nationalistischer“ und „bedient wirklich nur die | |
| Reichen.“ | |
| Auch gegenüber der Lage in Libyen, Tunesien und Ägypten äußert sich die | |
| Ungarin skeptisch und warnt vor einer Vermischung der Aufstände. Nicht alle | |
| Aufstände seien Revolutionen und nicht alle Revolutionen progressiv. Die | |
| Bilder aus der arabischen Welt, mit denen uns das Fernsehen versorgt, seien | |
| „redigiert“ und „zu einem Sinn gebündelt“. „Was ich im Fernsehen seh… | |
| für mich kein Beweis“, folgert Heller. | |
| 1929 in eine jüdische Familie geboren, entkam Agnes Heller einer | |
| Deportation während des Nazi-Regimes. Sie war Schülerin des marxistischen | |
| Denkers Georg Lukács und Nachfolgerin Hannah Arendts am Lehrstuhl für | |
| Philosophie in New York. Heute wird sie als bekannteste Kritikerin des | |
| ungarischen Mediengesetzes öffentlich und persönlich angegriffen: „Ich | |
| bekomme SMS von Leuten, die ich nicht kenne, die über mich Sachen sagen, | |
| die ich gar nicht wiedergeben kann“, so Heller. | |
| Auf die Frage, ob sie Angst habe, sagt die 81-Jährige, die drei Mal | |
| wöchentlich schwimmen geht und einmal wöchentlich Berge besteigt: „Niemals. | |
| Es liegt einfach nicht in meinem Charakter, Angst zu haben.“ Im | |
| sonntaz-Gespräch spricht Agnes Heller über Freiheit und Grundrechte, Marx | |
| und ihr Leben und darüber, warum sie die USA mehr schätzt als Europa. | |
| 9 Apr 2011 | |
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| taz.lab 2011 „Die Revolution haben wir uns anders vorgestellt“ | |
| Ungarn | |
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