# taz.de -- Messer, Steine, Brandbeschleuniger: Neonazi-Angriffe serienweise | |
> Ob mit Messern, Steinen oder Brandsätzen: In Niedersachen werden laufend | |
> antifaschistisch Engagierte angriffen. Grüner wirft niedersächsischem | |
> Innenminister Bagatellisierung vor | |
Bild: Antifa-Arbeit in der Innenstadt: Olaf Meyer (2. v. r.) von der "Antifasch… | |
LÜNEBURG taz | Messerangriffe, Brandanschläge und Steinwürfe: In den | |
vergangenen Monaten haben rechtsextreme Täter in Niedersachsen verstärkt | |
antifaschistisch Engagierte angegriffen. „Ich hatte Glück, der Stich mit | |
dem Messer sollte meinen Bauch treffen“, erzählt Olaf Meyer von der | |
„Antifaschistischen Aktion Lüneburg/ Uelzen“. Er ist das jüngste Opfer der | |
Angriffe. | |
Seit Jahren engagiert sich der 41-Jährige gegen rechts. Er meldet | |
Demonstrationen an und hält Referate bei Fachtagungen. Der Angriff hat ihn | |
zwar schockiert, aber nicht überrascht: „Wir sagen doch nicht ohne Grund | |
immer wieder ’Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen‘“, | |
erinnert er. „Mord und Totschlag ist in dieser Weltanschauung angelegt.“ | |
Meyer ist am 29. August in der Lüneburger Innenstadt angegriffen worden, | |
als er abends die Tür des DGB-Hauses abschloss (taz berichtete). Gut | |
zwanzig Minuten vorher war Meyer an einer Kreuzung ein PKW aus dem | |
Landkreis Ludwigslust mit mindestens vier Rechtsextremen aufgefallen. „Die | |
zeigten auf mich“, erinnert er sich. | |
Erst wenige Tage vorher, am 10. August, hatte ein Rechter ebenfalls ein | |
Messer gezogen. In Hannover auf dem Opernplatz griff er mit einem halben | |
Dutzend Kumpanen drei Antifaschisten von der Kampagne „Nazis die Räume | |
nehmen“ an, die einen Infostand abbauten. R. habe versucht zuzustechen, | |
sagt ein Sprecher der Kampagne. „Nur dem Glück, ist es zu verdanken, dass | |
niemand lebensgefährlich verletzt wurde.“ | |
Dieses Glück hatte wenige Stunden später ein antifaschistischer | |
Jugendlicher in Barsinghausen nicht. Nach der Wiedereröffnung des | |
„Falkenkellers“ der sozialistischen Jugend wurde er von Rechtsextremen mit | |
einem Messer im Gesicht verletzt. Wieder soll R. der Täter sein. Die | |
Wiedereröffnung war nötig, da in der Nacht zum 5. Juni auf den Falkenkeller | |
ein Brandanschlag verübt worden war. | |
Die Reihe der Anschläge lässt sich durch das Jahr verfolgen: Am 20. Juli | |
schmissen Unbekannte einen mehrere Kilo schweren Stein durch das | |
Schlafzimmerfenster der Zweiten Vorsitzenden des Bündnisses „Bad Nenndorf | |
ist bunt“. Am 19. Mai griffen rechtslastige Hooligans in Wunstorf eine | |
Elektro-Party in der „Wohnwelt“ an. In Bückeburg werden Jugendliche seit | |
Monaten bedroht – und angegriffen. | |
Schon im Dezember 2011 haben bis heute unbekannte Täter Brandanschläge auf | |
Gebäude von gegen rechts engagierten Leuten in der Region Celle verübt. | |
Einer der Betroffenen: Pastor Wilfried Manneke aus Unterlüß. Einschüchtern | |
lasse er sich nicht, versicherte Manneke – so wenig wie Meyer. | |
Meyer hat den Messerangriff nicht angezeigt. Vor Jahren sei er schon einmal | |
von Rechtsextremen niedergestochen worden. Bei den Ermittlungen habe er den | |
Eindruck gehabt, dass ihn die Polizei mehr zu seinen antifaschistischen | |
Aktivitäten befragte als zu dem Überfall. | |
Die Sicherheitsbehörden bagatellisierten die Angriffe oft als | |
Auseinandersetzungen zwischen linken und rechten Jugendlichen, kritisiert | |
der grüne Landtagsabgeordnete Helge Limburg. „Die Straftaten müssten als | |
politische Angriffe ernst genommen werden“, findet er. Das Phänomen der | |
Einschüchterung werde von den niedersächsischen Sicherheitsbehörden | |
unzureichend erfasst. Ein Wort der Solidarität des Innenministers Uwe | |
Schünemann (CDU), meint Limburg, sei „überfällig“. | |
13 Sep 2012 | |
## AUTOREN | |
Andreas Speit | |
Andreas Speit | |
## TAGS | |
Anti-Rassismus | |
Schwerpunkt Rechter Terror | |
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