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# taz.de -- Megapanne Schönefeld: Bauchlandung in Schönefeld
> Die minutiös vorbereitete Eröffnung des Großflughafens BER am 3. Juni ist
> abgeblasen worden. Die Regierenden geben sich überrascht, die Opposition
> fordert personelle Konsequenzen.
Bild: Große Krise: Flughafen-Chef Rainer Schwarz (re) und Chefplaner Manfred K…
Dienstagvormittag, kurz nach zehn im Brandenburg-Saal der Staatskanzlei in
Potsdam: Die Landesregierung und der Berliner Senat tagen zum ersten Mal
seit knapp anderthalb Jahren zusammen. Erster Punkt auf der schon länger
festgelegten Tagesordnung: ein Bericht über den Fortschritt am künftigen
Großflughafen Schönefeld. Das mit dem Fortschritt fiel aus: Man werde
gleich hören, dass die für den 3. Juni geplante Eröffnung verschoben werden
müsse, eröffnete Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) die
Sitzung.
Als unumstößlich hatte der Eröffnungstermin Anfang Juni gegolten. Erst
kürzlich liefen alle Forderungen ins Leere, die Eröffnung wegen fehlenden
Schallschutzes in den angrenzenden Gemeinden zu verschieben und die
Entscheidung der Richter abzuwarten. Nun ist von der zweiten Augusthälfte
die Rede.
Konsterniert und zunehmend verärgert verfolgen die Mitglieder der
rot-schwarzen Berliner und der rot-roten Brandenburger Landesregierung, was
sie von den Flughafenverantwortlichen zu hören bekommen. Nach Angaben aus
dem Teilnehmerkreis sind die Ausführungen nicht durchweg überzeugend.
Angeblich heißt es, die Probleme seien schon länger absehbar gewesen. Vor
allem die brandenburgischen Minister Helmuth Markov und Ralf Christoffers
(beide Linkspartei) sollen unzufrieden auf den Vortrag von Flughafen-Boss
Rainer Schwarz und seinem Technik-Chef Manfred Körtgen reagieren.
Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) und Platzeck haben nach
eigenen Angaben schon am Vorabend von den Chefs der Flughafengesellschaft
erfahren, dass der Termin wegen Problemen beim Brandschutz nicht zu halten
sei.
## Frust und Zynismus
Als nur wenige Stunden nach Bekanntwerden der Verschiebung im Berliner
Abgeordnetenhaus turnusgemäß die Regierungsfraktionen SPD und CDU tagen,
dominieren vor Sitzungsbeginn Frust und Zynismus. „Schwarzer Tag für
Schwarz“, kalauert ein Abgeordneter in Anspielung auf den Flughafenchef.
Ein anderer gewinnt der Verschiebung immerhin etwas Positives ab: So bleibe
mehr Zeit für die Schallschutzmaßnahmen – eine Forderung, die später auch
von der Linksfraktion erhoben wird. Stadtentwicklungssenator und
SPD-Landeschef Michael Müller – normalerweise ein umgänglicher Mensch, aber
wegen der parteiinternen Führungsdebatte ohnehin unter Druck – rauscht mit
einem kategorischen „Nein!“ an allen Journalistenfragen vorbei.
Offiziell stützen die Fraktionsoberen die Verschiebung der
Flughafen-Eröffnung als sinnvollen Schritt im Sinne der künftigen Nutzer.
„Sicherheit hat hier selbstverständlich Vorrang vor jedem anderen
Interesse“, teilt die CDU-Fraktion brav in einer Presseerklärung mit. Ein
kleines Stückchen weiter geht Fraktionschef Florian Graf: „Wir erwarten von
den Verantwortlichen der Flughafengesellschaft eine umfangreiche Aufklärung
über die Gründe.“ Kritik am Aufsichtsratschef des Flughafens – nämlich
Klaus Wowereit – bleibt aus.
Stattdessen geht SPD-Fraktionschef Raed Saleh in die Offensive: „Die
Besserwisserei der Opposition hilft in dieser schwierigen Situation nicht
weiter.“ Man gehe davon aus, dass die Flughafengesellschaft die bestehenden
Probleme schnell aufarbeite. Woher er die Zuversicht nimmt, erklärt Saleh
nicht. Die von ihm kritisierte Opposition lastet die Verschiebung auch
Wowereit an: Der verpatze sein zentrales Regierungsprojekt, sagt
Grünen-Fraktionschefin Ramona Pop. „Diese neue Posse passt zu den
jahrelangen Täuschungen der Anwohner durch den Senat über die Flugrouten.“
Die Linksfraktion fordert von Wowereit, in der Plenarsitzung des
Abgeordnetenhauses am kommenden Donnerstag eine Regierungserklärung
abzugeben, insbesondere zu finanziellen Auswirkungen und
Schadenersatzansprüchen der Fluggesellschaften.
Piraten-Fraktionschef Andreas Baum spricht sich für personelle Konsequenzen
aus. Er glaube, dass da „einiges im Argen liegt“. Dass die Verschiebung am
Brandschutz liegen soll, spricht aus seiner Sicht für einen Wechsel an der
Spitze der Flughafen-GmbH. Schließlich seien die Regeln dafür ja schon
lange bekannt gewesen.
Ohne Namen zu nennen, fordert auch der Präsident der Industrie- und
Handelskammer (IHK), Eric Schweitzer, „personelle Konsequenzen“ aus der
Flughafenpanne. Damit geht er in dieselbe Richtung wie der Sprecher des
„Bündnis Berlin Brandenburg gegen neue Flugrouten“, Markus Peichl. Die
endlose Skandalgeschichte des Flughafens gehe also weiter, sagt Peichl, „es
müssen jetzt endlich Konsequenzen gezogen werden. Die Verantwortlichen
müssen ihren Hut nehmen.“ Von der falschen Standortwahl bis hin zu den
wiederholten Bauverzögerungen – Schönefeld bleibe eine Kette von Fehlern,
Versäumnissen, Täuschungen, Halb- und Unwahrheiten.
## Schwarz will weitermachen
Flughafenchef Rainer Schwarz selbst, der Mitte 2010 schon einmal die
Verschiebung der Eröffnung um ein Dreivierteljahr verkünden musste, will
jedenfalls weitermachen: „So intensiv, wie ich bisher für dieses Projekt
gearbeitet habe, bin ich bereit weiterzuarbeiten. Und das wird auch so der
Fall sein.“
8 May 2012
## AUTOREN
Stefan Alberti
Stefan Alberti
## TAGS
Flughafen Berlin-Brandenburg (BER)
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