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# taz.de -- Schönefeld: Millionenschwere Warteschleife
> Nach der verschobenen Flughafen-Eröffnung gibt es Streit über einen neuen
> Termin. Klar ist: Die wirtschaftlichen Folgen für Berlin und seine Firmen
> werden gravierend sein.
Bild: Auch nach dem 3. Juni wird Tegel Berlin-BesucherInnen begrüßen
Einen Tag nach der überraschenden Verschiebung des Eröffnungstermins für
den neuen Flughafen herrscht bei Verantwortlichen und Betroffenen
Verwirrung. Mehrere Stimmen wurden laut, es habe sich bereits Anfang April
abgezeichnet, dass der Termin nicht zu halten war.
Wie hoch mögliche Schadenersatzforderungen sind, ist völlig unklar. Schon
ohne diese Kosten rechnet der Betreiber mit monatlich 15 Millionen Euro.
Auch über den neuen Eröffnungstermin gibt es Streit. „Wir hoffen, Anfang
nächster Woche den Termin bekannt geben zu können“, sagte Flughafenchef
Rainer Schwarz am Mittwoch. Die Flug- und Tourismusbranche glaubt jedoch
nicht, dass eine Eröffnung vor Oktober realistisch ist, Air Berlin fordert
gar einen verlässlichen Termin ab November. Die Unternehmen am Flughafen
spüren die Auswirkungen allerdings schon jetzt.
Derzeit überarbeiten die Airlines ihre Flugpläne. Lufthansa und Air Berlin,
die wichtigsten Kunden des neuen Flughafens, wollen auch nach dem 3. Juni
von Tegel fliegen. Kein Flug werde ausfallen, versicherte
Lufthansa-Sprecher Wolfgang Weber. Ob Schadenersatz gefordert werde, sei
noch unklar.
Die Berliner Wirtschaft befürchtet indes starke finanzielle Einbußen. Der
Chef der Berliner Industrie- und Handelskammer rechnet mit einer Vielzahl
von Schadenersatzklagen. Nils Busch-Petersen, Geschäftsführer des Berliner
Handelsverbands, sagte, die Händler am Flughafen würden monatlich Verluste
in Millionenhöhe machen. Die Flughafengesellschaft, die zu je einem Drittel
von Berlin und Brandenburg sowie dem Bund getragen wird, habe allerdings
bereits zugesagt, bei Härtefällen einzuspringen – wenn also
wirtschaftlicher Ruin droht.
Beim Holiday Inn in Schönefeld seien allein am Dienstag rund 200
Stornierungen eingegangen, so Geschäftsführer Thomas Tarnok. Auch die
Autoverleiher müssen umplanen: Europcar etwa erklärte, dass das
Buchungssystem komplett umgestellt werden müsse.
Burkhard Kieker, Geschäftsführer des Tourismusportals Visit Berlin, rechnet
zwar nicht damit, dass sich die Verschiebung der Eröffnung negativ auf den
Tourismus in der Stadt auswirkt. Konkrete Nachteile ergeben sich allerdings
für Visit Berlin selbst: Für das Welcome Center am Flughafen hat die
Agentur bereits 21 Mitarbeiter eingestellt. Diesen sollen bis zur
tatsächlichen Eröffnung nun Schulungen finanziert werden.
Wie viele Mitarbeiter bereits am neuen Flughafen eingestellt wurden und
wann sie nun tatsächlich anfangen können zu arbeiten, war am Mittwoch
unklar. Manfred Pollnow, Geschäftsführer der Arbeitsagentur Brandenburg,
sagte der taz, die Unternehmen würden weiter Personal suchen – wenn auch
für einen späteren Zeitpunkt. Die Arbeitsagentur habe bisher 300
Angestellte an den Flughafen vermittelt. Was mit diesen nun geschehe, hänge
vom „Einzelfall ab“, so Pollnow.
Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) will am morgigen
Donnerstag eine Regierungserklärung zur Verschiebung der Flughafeneröffnung
abgeben. Offene Fragen gibt es zuhauf: Nach Informationen des
Grünen-Verkehrspolitikers Anton Hofreiter etwa hat der Flughafen-Betreiber
bereits am 4. April eine Sondergenehmigung beantragt, um die
Brandschutztüren durch 700 befristet eingestellte Mitarbeiter von Hand
bedienen zu lassen. „Von kurzfristigen Hinweisen auf eine Verzögerung kann
da doch nicht mehr die Rede sein“, sagte Hofreiter dem Tagesspiegel. Auch
der Grüne Andreas Otto kritisierte die Informationspolitik des Senats: „Wir
haben viele Fragen und wir wollen Antworten.“ Er schließe auch einen
Untersuchungsausschuss nicht aus.
Der CDU-Kreisverband Tegel fordert währenddessen, den Flughafen Tegel
mindestens fünf Jahre länger offen zu halten. Ebenfalls in Kreisen der
Reinickendorfer Union wurde – entgegen der offiziellen CDU-Linie – Kritik
an Wowereit und Platzeck laut: Deren Äußerungen seien „als durchaus dreist
zu bewerten“, sagte Bezirkspolitiker Ulrich Droske.
Beide Politiker hätten offenbar ihre Pflicht zur Kontrolle aufs schlimmste
verletzt. „In der Privatwirtschaft hätte dieses Fehlverhalten sicherlich
Konsequenzen zur Folge“, so Droske am Mittwoch. (Mit STA und BZ)
9 May 2012
## AUTOREN
Johannes Kulms
Juliane Schumacher
## TAGS
Flughafen Berlin-Brandenburg (BER)
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