# taz.de -- Linken-Parteitag in Leipzig: Kipping-Vertrauter setzt sich durch | |
> Mit drei Stimmen Vorsprung: Der Anwalt Jörg Schindler hat die Wahl zum | |
> Bundesgeschäftsführer der Linken gewonnen. | |
Bild: Wieviel wird er durch die Blume sagen müssen? Jörg Schindler, neuer Bun… | |
LEIPZIG taz | Am Ende war es die spannendste Auszählung nach der | |
[1][Wiederwahl des Parteivorstandes]: Per Stichwahl hat die Linke auf ihrem | |
Leipziger Bundesparteitag am Samstagabend ihren neuen Bundesgeschäftsführer | |
gewählt. Mit nur drei Stimmen Vorsprung vor seinem Konkurrenten erhielt | |
Sachsen-Anhalts Vizeparteichef Jörg Schindler 48,3 Prozent der | |
Delegiertenstimmen. Im ersten Wahlgang hatte keiner der beiden Kandidaten | |
die erforderliche Mehrheit erhalten. | |
Als Wunschkandidat der Parteivorsitzenden hat Schindler mit seiner denkbar | |
knappen Wiederwahl den Dämpfer nur wenig abgemildert, den der Vorstand | |
wenige Stunden zuvor hinnehmen musste: Katja Kipping war mit fast zehn | |
Prozentpunkten Stimmenverlust wiedergewählt worden, Riexinger verlor fünf. | |
Der Posten des Bundesgeschäftsführers entspricht dem des Generalsekretärs | |
in anderen Parteien, er leitet die Parteigeschäfte. Die Besetzung des | |
Postens gilt als wichtige Etappe im Machtkampf zwischen Fraktions- und | |
Parteispitze. | |
Als Gegenkandidat zu Schindler war der ehemalige Bundestagsabgeordnete | |
Frank Tempel aus Thüringen angetreten, er erhielt 47,8 Prozent der | |
Delegiertenstimmen. Er hatte sich erst vier Tage vor dem Leipziger | |
Parteitag überraschend aufstellen lassen und galt als Kandidat der | |
Fraktionschefs Sahra Wagenknecht und Dietmar Bartsch. Beide, Tempel und | |
Schindler, hatten in ihren Antrittsreden betont, für die Partei und nicht | |
für Personen anzutreten. | |
Seit Monaten streitet die Fraktions- mit der Parteispitze um die | |
[2][Ausrichtung der Partei in der Flüchtlingspolitik]. Schon Schindlers | |
Vorgänger, der sachsen-anhaltinische Bundestagsabgeordnete Matthias Höhn, | |
war im vergangenen November deshalb zurückgetreten, danach waren die | |
Geschäfte kommissarisch von Harald Wolf übernommen worden. Nun tritt | |
Schindler den Posten an, ohne dass sich der Führungsstreit ansatzweise | |
gelegt hätte. | |
## „Ich bin ein Kandidat des Parteiprogramms“ | |
Schindler ist bundespolitisch ein unbeschriebenes Blatt: Er ist derzeit | |
noch Ortsvorsitzender in Wittenberg, Kreisvorsitzender im Landtag und | |
Vize-Landesparteichef in Sachsen-Anhalt. Gleichzeitig pendelte er bisher | |
nach Berlin, wo der Anwalt seine Kanzlei hat und eine kostenlose | |
Rechtsberatung betreibt. | |
„Ich werde mich künftig mit voller Kraft auf die Aufgaben als | |
Bundesgeschäftsführer konzentrieren“, sagte er nach seiner Wahl der taz. | |
Seinen Posten als stellvertretender Parteivorsitzender in Sachsen-Anhalt | |
will er abgeben. Nur die Rechtsberatung in Neukölln möchte er beibehalten, | |
um den Kontakt zu den Wählern nicht zu verlieren. | |
Als Asylexperte dürften sich die Sympathien zwischen ihm und dem | |
Wagenknecht-Lager in Grenzen halten, Schindler gilt als Vertrauter | |
Kippings. „Ich bin ein Kandidat des Parteiprogramms“, betonte er dagegen | |
nach der Wahl auf Nachfrage. Differenzen zu Wagenknecht sieht er nur bei | |
etwa fünf Prozent ihrer Ansichten, das sei nicht mehr Unterschied als zu | |
anderen Parteikollegen: „Bei 95 Prozent stimmen wir überein, der Rest sind | |
ihre Ansichten zur Einwanderungspolitik.“ Begegnet sind sich Schindler und | |
Wagenknecht nur einmal in größerer Runde, sagte er. „Persönlich miteinander | |
gesprochen haben wir noch nicht.“ | |
## Viel Applaus für Tempel | |
Schindlers Gegenkandidat Frank Tempel wollte nicht von einer | |
Kampfkandidatur sprechen, doch trat er explizit als Alternative zum | |
Kipping-Vertrauten Schindler an. „Nach den öffentlichen Duellen der letzten | |
Monate halte ich es nicht für richtig, den geschäftsführenden Vorstand fast | |
ausschließlich mit den ausdrücklichen Wunschkandidaten der Vorsitzenden zu | |
besetzen“, hatte Tempel zuvor [3][auf seiner Facebookseite geschrieben]. Er | |
befürchtete, dass dann die Gegensätzlichkeit mit dieser Wahl eher | |
zementiert werden. | |
Tempel wird dem Lager des Fraktionschefs Dietmar Bartsch zugeordnet. Seine | |
eigene Landeschefin hatte Tempels Kandidatur nicht unterstützt. In seiner | |
Antrittsrede am Samstag erhielt er viel Applaus, weil er sich gegen | |
politisches Schubladendenken und den öffentlichen Streit zwischen | |
Wagenknecht und Kipping aussprach: „Das gegenseitige Verletzen und | |
Diffamieren, das gegenseitige Misstrauen schadet uns.“ | |
Nach der Wahl sagte er der taz, das Knappe Wahlergebnis sei „auch ein | |
Zeichen dafür, dass die Basis die Nase voll hat vom Führungsstreit“. Der | |
Kampf finde ganz vorn in der Partei statt, nicht an der Basis. | |
10 Jun 2018 | |
## LINKS | |
[1] /Parteitag-der-Linken-in-Leipzig/!5511839/ | |
[2] /Asyldebatte-der-Linkspartei/!5505298/ | |
[3] https://www.facebook.com/notes/frank-tempel/darum-kandidiere-ich-als-bundes… | |
## AUTOREN | |
Helke Ellersiek | |
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