# taz.de -- Kommentar Betrug mit Entschädigungsfonds: Abscheulich, aber margin… | |
> Der Betrug bei der Claims Conference ist unappetitlich und ärgerlich, | |
> aber marginal. Und an der deutschen Verantwortung ändert er nichts. | |
Betrugsskandal bei der Jewish Claims Conference: 42 Millionen Dollar sind | |
offenbar auf der Grundlage erfundener Opfergeschichten an Menschen | |
ausgezahlt worden, die eine solche Entschädigungsleistung nicht verdient | |
hätten, organisiert von einer kriminellen Bande inner- und außerhalb der | |
Jewish Claims Conference, die dafür Provision kassierte. Stärkt das nun die | |
- oft unausgesprochenen - Argumente jener, die sowieso der Meinung sind, | |
dass Deutschland 65 Jahre nach Kriegsende endlich aufhören sollte zu | |
zahlen? | |
Keinesfalls. Wo Geld im Spiel ist, wird es immer Betrugsfälle geben, auch | |
wenn das gerade in diesem Fall besonders abscheulich ist. Aber die aktuell | |
bekannt gewordenen Machenschaften machen nicht einmal ein Prozent der Summe | |
aus, die in den zehn Jahren an tatsächlich Berechtigte ausgezahlt worden | |
ist. Zur Erinnerung: Es geht um die finanzielle Wiedergutmachung - als ob | |
das ginge! - für Menschen, deren Familien durch den Nationalsozialismus | |
getötet, vertrieben, ins Exil gezwungen, zur Zwangsarbeit herangezogen | |
wurden. | |
Der größere Skandal besteht jedoch darin, wie viele von den Nazis | |
Drangsalierte niemals irgendwelche Entschädigungen erhalten haben. Die | |
Bewohner des griechischen Dorfes Distomo zum Beispiel, wo SS-Leute im Juni | |
1944 als "Vergeltung" für einen Partisanenangriff 218 unbeteiligte | |
Dorfbewohner umbrachten, warten bis heute. Viele tausend ehemalige | |
Zwangsarbeiter, die der deutschen Industrie zu reichen Profiten verhalfen, | |
waren schon nicht mehr am Leben, als Deutschland ab 2001 endlich | |
Entschädigungszahlungen vereinbarte. | |
Der Betrug bei der Claims Conference ist unappetitlich und ärgerlich, aber | |
marginal. Und an der deutschen Verantwortung ändert er nichts. | |
10 Nov 2010 | |
## AUTOREN | |
Bernd Pickert | |
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