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# taz.de -- Inderin wehrt sich gegen Kastensystem: Fast eine Revolution
> Die Anwältin Sneha Parthibaraja kämpfte neun Jahre lang gegen eine
> Nennung ihrer Kastenzugehörigkeit in offiziellen Dokumenten – mit Erfolg.
Bild: Anwältin Sneha Parthibaraja kämpft gegen die Unterdrückung in Indien
Jetzt ist es erstmals offiziell: Eine Finanzbeamtin im südindischen
Bundesstaat Tamil Nadu hat der Anwältin Sneha Parthibaraja schriftlich
bestätigt, dass sie keiner Religion und keiner Kaste angehört. Das hat es
in Indien noch nicht gegeben und kommt einer Revolution gleich.
Die 35-Jährige hat dafür neun Jahre lang gekämpft. „Bisher hatten mir das
die Beamten aus verschiedenen Gründen verweigert, oft mit der Begründung,
dafür gebe es keinen Präzedenzfall oder dazu seien sie nicht befugt“,
erklärte Sneha am Wochenende gegenüber indischen Medien.
[1][Die Nennung der Kasten- und Religionszugehörigkeit] einer Person wie
auch von deren Eltern ist nicht nur identitätsbildend, sondern gilt in
Indiens hierarchischer Gesellschaft auch als wichtiger Indikator für die
soziale Stellung der jeweiligen Person. Das beginnt schon mit der
Geburtsurkunde. Die Angaben über Kaste und Religion ziehen sich dann im
weiteren Leben durch alle offiziellen Dokumente.
Die Kastenzugehörigkeit entscheidet zudem über den Zugang zu bestimmten
Sozialleistungen, Studienplätzen oder Jobs im Staatsdienst. Diese werden
über ein System vergeben, das Quoten für niedrige Kasten kennt. Wurde
früher gehofft, das Kastensystem werde im Laufe der Jahre ohnehin an
Bedeutung verlieren, so hat gerade die Quotierung das System letztlich
weiter zementiert.
## Positive Reaktionen
Im Fall von Sneha Parthibaraja, die auf einer amtlichen Bescheinigung der
Nichtzugehörigkeit zu Kaste und Religion bestand, sind die Behörden alle
ihre amtlichen Dokumente durchgegangen. Und siehe da: Nirgends gab es
Angaben darüber, auch nicht in der Geburtsurkunde. Ihre Eltern hatten sich
stets geweigert, die entsprechenden Felder in den Formularen für ihre
Töchter auszufüllen. Sie stammen aus verschiedenen Kasten und sollen bei
ihrer Hochzeit ganz säkular weder auf Zeremonien von Kasten noch Religionen
zurückgriffen haben.
Auch wurde jetzt geprüft, ob Sneha je Privilegien in Anspruch genommen
hatte, die für Angehörige niederer Kasten bestimmt sind. Auch dies war
nicht der Fall. So konnte die Finanzbeamtin in Snehas Heimatdistrikt
Tirupattur der kämpferischen Anwältin das gewünschte Dokument schließlich
nicht mehr länger verweigern.
Die Reaktionen sind überwiegend positiv. Die wenige Kritik kommt
ausgerechnet von Angehörigen niederer Kasten. Einige ihrer Vertreter
fürchten, dass sich Snehas Schritt gegen die mit der Quotierung verbundenen
Privilegien etwa für Dalits richtet, wie die offiziell Kastenlosen, aber in
der Hierarchie an unterster Stelle stehenden Menschen heißen.
Sneha betont, [2][dass sie die Quotierung als hilfreich für die niederen
Kasten] ansieht. Sie kämpfe gegen Unterdrückung, nicht gegen die
Quotierung, erklärt sie. Was die Religion betrifft, so haben sie und ihr
Mann ihren drei Töchtern jeweils Doppelnamen gegeben, die sich aus Namen
unterschiedlicher Religionen zusammensetzen.
17 Feb 2019
## LINKS
[1] /Indiens-Kastensystem/!5567119
[2] /Streit-ums-Kastenwesen-in-Indien/!5223677
## AUTOREN
Sven Hansen
## TAGS
Indien
Kasten
Soziale Gerechtigkeit
Indien
DFB-Präsident
Indien
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