# taz.de -- Hindus: Sri Ganesha in der Hasenheide | |
> In Neukölln entsteht der größte Hindutempel in Europa. Anders als beim | |
> Bau einer Moschee protestieren keine Gegner. Selbst Bürgermeister | |
> Buschkowsky findet Multikulti plötzlich schick. | |
Bild: Ganesha hat Bildung und Wissen. Übers Wasser laufen kann er aber nicht | |
Bürgermeister Heinz Buschkowsky (SPD) hat es nicht leicht: Sein Bezirk ist | |
nicht nur einer der ethnisch buntesten, sondern auch einer der ärmsten der | |
Stadt. Entsprechend schwierig ist es, das Zusammenleben friedlich und | |
freundlich zu gestalten. Menschen aus über 160 Ländern leben in Neukölln, | |
der Islam ist nach dem Christentum die zweitgrößte Religion. In manchen | |
Straßen bleiben die Einwanderer unter sich, dort ziehen die Deutschen weg. | |
"Multikulti ist gescheitert", lautet deshalb die These, mit der Buschkowsky | |
in der Debatte um Einwanderung Berühmtheit erlangte. | |
Umso erstaunlicher war es deshalb, den Bürgermeister vor einigen Wochen als | |
eine der Hauptpersonen einer Hindu-Zeremonie erleben zu dürfen - bekleidet | |
mit einem goldenen Turban, die Stirn mit einem roten Punkt verziert. Es | |
handelte sich um die Unterzeichnung des Vertrages über den Bau eines | |
Hindu-Tempels in Neukölln. | |
Der Sri Ganesha Hindu Tempel soll der größte in Europa werden. Errichtet | |
wird das mit einem 17 Meter hohen Turm verzierte Prunkstück auf einem 5.000 | |
Quadratmeter großen Grundstück am Rande der Hasenheide. Der Tempel soll | |
neben Gebetsräumen für 400 Gläubige auch Platz für Feste, für eine | |
Bibliothek, für Yoga-, Meditations-, Sprach- und Kochkurse bieten. | |
Mit Konflikten mit Anwohnern müssen die Neuköllner Tempelbauer nicht | |
rechnen. Während Moscheebauprojekte muslimischer Gemeinden in Deutschland | |
fast immer von Protesten begleitet werden, stößt das Bauvorhaben der | |
Berliner Hindus durchweg auf Wohlwollen - bei Nachbarn ebenso wie bei | |
Behörden. "Wir sind sehr glücklich darüber, dass wir so viel Unterstützung | |
bekommen", sagt Hanumaiah Vaidyanathan, der Geschäftsführer des Sri Ganesha | |
Hindu Tempel-Vereins. Die Sympathie, die dem Projekt entgegengebracht wird, | |
erklärt er damit, dass die Hindus ausgesprochen gut in die deutsche | |
Gesellschaft integriert seien: "Wir fühlen uns hier nicht als Außenseiter | |
und wir verhalten uns nicht so." | |
An diesem Sonntag begleitet eine Vastu-Zeremonie den ersten Spatenstich, | |
bis 2008 soll der Rohbau fertig sein. Noch mangelt es an Geldern für den | |
Bau, der aus Spenden finanziert wird. Leider gebe es anders als in den USA | |
oder Großbritannien in Deutschland wenig wohlhabende Hindus, klagt | |
Vaidyanathan. Gesammelt wird deshalb auch in Indien. Dort gespendete Gelder | |
sollen auch dort wieder ausgegeben werden: für Götterfiguren oder andere | |
handwerkliche Produkte und Materialien für den Berliner Tempel. | |
Dass der Bau an Geldmangel scheitern könne, sei seine einzige Sorge in | |
Bezug auf den Tempel, sagt Neuköllns Bürgermeister Buschkowsky. Ansonsten | |
ist er voller Begeisterung für das Projekt und dessen Betreiber. Der Tempel | |
könne nicht nur zu einer touristischen Attraktion im ansonsten eher gegen | |
ein Negativ-Image kämpfendes Neukölln werden. Buschkowsky verspricht sich | |
auch eine weitere Signalwirkung: "Neukölln ist ein Schmelztiegel." Ein | |
Hindutempel zeuge von der Offenheit und Toleranz des Bezirks und könne ein | |
Gegengewicht zu den "teilweise ausgeprägten Hegemonieansprüchen | |
muslimischer Einwanderer" bilden. | |
Der Park, an dessen Rand der Tempel entstehe, habe ja vier Seiten, erklärt | |
der Bürgermeister: "Im Westen gibt es eine christliche Kirche, im Norden | |
die große Moschee. Im Süden bauen nun die Hindus. Wenn an der Ostseite die | |
Buddhisten einen Tempel bauen wollen, werde ich mich auch dafür einsetzen." | |
3 Nov 2007 | |
## AUTOREN | |
Alke Wierth | |
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