# taz.de -- Hindus: "Es geht darum, ein guter Mensch zu sein" | |
> Am Sonntag erfolgt der erste Spatenstich für den Bau des Hindutempels in | |
> Neukölln. Der Geschäftsführer des Tempelvereins, Hanumajah Vaidyanathan, | |
> über die Hindus in Berlin und das Konzept eines offenen Tempels. | |
Bild: Ganesha hat Bildung und Wissen. Übers Wasser laufen kann er aber nicht | |
taz: Herr Vaidyanathan, wie viele Mitglieder hat die Hinduistische Gemeinde | |
in Berlin? | |
Hanumajah Vaidyanathan: Es gibt ungefähr 6.000 Hindus in Berlin. 2.500 | |
davon kommen aus Indien. Viele kommen auch aus Sri Lanka, Nepal oder | |
Singapur. | |
Warum kommt der Hindutempel erst jetzt? | |
Die Idee gibt es schon über 30 Jahre. Aber erst jetzt entstand, im Gespräch | |
mit Bürgermeister Buschkowsky, die konkrete Möglichkeit zu bauen. Das | |
Bezirksamt steht dem Bau aufgeschlossen gegenüber. | |
Was bedeutet der Tempelbau für die Gemeinde? | |
Es ist ein besonderer Wunsch von allen. Nicht nur von den Mitgliedern, | |
sondern auch von den Freunden der Gemeinde. Der Tempel soll eine | |
interkulturelle Begegnungsstätte werden. Wir möchten Vorträge zum | |
Hinduismus, der Hindukultur und Yogakurse anbieten. Später wollen wir eine | |
Kulturhalle angliedern. | |
Wie wird der Bau finanziert? | |
Ausschließlich durch Spenden von Mitgliedern und Organisationen. Wir wollen | |
unabhängig bleiben und keinen Investor, der sagt, was im Tempel passieren | |
soll. So gehört der Tempel allen. | |
Der Tempel steht also jedem offen, unabhängig von der Religion? | |
Ja. Wir möchten in Berlin auf den Hinduismus aufmerksam machen. Jeder ist | |
eingeladen vorbeizukommen. | |
Was bedeutet Hinduismus für Sie persönlich? | |
Das ist eine Lebenseinstellung und eine Philosophie. Wir richten uns im | |
Hinduismus nach der Bhagavad Gita. Das ist quasi unsere Bibel. Es geht | |
darum, ein guter Mensch zu sein. Es gibt strenge Vorschriften, was ein | |
guter Mensch ist. Aber es gibt keine Vorschriften, was ein Hindu ist. | |
Das heißt, auch Nicht-Hindus können zum Hinduismus übertreten? | |
Aber selbstverständlich. Es gibt verschiedene Zeremonien. Ich kenne | |
Deutsche, die sich als Hindu fühlen. Sie beten zu Hindu-Göttern und folgen | |
der Bhagavad Gita. Wenn sich jemand als Hindu fühlt, akzeptieren wir ihn | |
als Hindu. | |
Gibt es den klassischen Hindu? | |
In der Generation, zu der ich gehöre, ist das sicher so. Wir sind in Indien | |
geboren und bewusst oder unbewusst mit der Kultur aufgewachsen. Und die | |
tragen wir in uns. Der Tempel ist aber für die zweite und dritte | |
Generation. Die sind in Deutschland geboren, sprechen untereinander deutsch | |
und sind zu 95 Prozent angepasst. | |
Der Tempel steht im Zeichen Ganeshas, einem der unzähligen Götter im | |
Hinduismus. Wofür steht er und wie kam es dazu, dass dieser Gott für den | |
Tempel ausgewählt wurde? | |
Ganesha ist der Gott der Weisheit, Bildung und Wissen. Das brauchen wir | |
alle. Aber Hindus haben ja viele Götter. Ganesha ist der einzige Gott, der | |
von allen Hindus akzeptiert wird. Vor jedem Gottesdient muss man zu Ganesha | |
beten, um positive Energie zu verbreiten. Ganesha soll die Integration | |
aller Gemeindemitglieder verkörpern. Deshalb hat sich die Gemeinde für ihn | |
entschieden. | |
Was erwartet die Besucher im Tempel? | |
Drinnen gibt es einen Altar mit dem Bildnis von Ganesha. Für den Ausbau | |
kommen sogar indische Kunsthandwerker. | |
3 Nov 2007 | |
## AUTOREN | |
Susann Hoffmann | |
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