# taz.de -- HAW Hamburg: Studenten zahlen Uni-Miete | |
> Aus Studiengebühren wird die Miete für ein reguläres Lehrgebäude bezahlt. | |
> Das empört Asta und Hochschulsenat, aber am Ende entscheidet der | |
> Hochschulrat. | |
Bild: HAW-Gebäude Alexanderstraße: Die Miete wird aus Studiengebühren bezahl… | |
Nicht nur an der Uni-Hamburg bereiten die im Hochschulgesetz verankerten | |
Top-down-Strukturen Probleme. Auch an der Hochschule für Angewandte | |
Wissenschaft (HAW) beklagen Studierende und Professoren mangelnde | |
Mitsprache. Denn Zustimmung für wichtige Entscheidungen müssen sich | |
Präsident und Kanzler nur beim externen Hochschulrat einholen. Und die | |
Kommunikation mit diesem Gremium läuft an der Hochschulöffentlichkeit | |
vorbei. | |
Die Liste der Dinge, die die Asta-Vorständler Marc-Alexander Holtz und | |
Tilmy Alazard monieren, ist lang und fängt mit praktischen Dingen an: "Wir | |
können keine Zettel aufhängen. Das ist verboten", sagt Alazard. Der Kanzler | |
habe einen Vertrag mit einer Firma geschlossen, die die Wände in den | |
Gebäuden vermarktet. Nur auf kleinen schwarzen Brettern im 2., 3. und 4. | |
Stock des HAW-Hochhauses am Berliner Tor darf etwas aufgehängt werden, wenn | |
man es vorher dem Hausmeister zeigt. "Suchen Sie den Asta", steht auf einem | |
Zettel, draußen an einem Baum. Die Probleme wurden zum Semesterstart im | |
März aber noch viel größer. Weil Geld für die Lehre nicht freigegeben war, | |
blieben Labore für Design- und Informatikstudenten geschlossen. | |
Eine weitere Folge des ganz großen Problems: 500.000 Euro aus | |
Studiengebühren werden ab diesem Jahr für die Miete eines kleinen | |
Hochhauses in der Alexanderstraße 1 ausgegeben, in dem Hamburgs künftige | |
Sozialarbeiter studieren. Deren altes Lehrgebäude an der Saarlandstraße war | |
im Besitz der Stadt und geht an diese zurück. | |
Das ist ein Novum. Laut Hochschulgesetz sind Studiengebühren für | |
"zusätzliche" Dinge auszugeben, die die Lehre verbessern. | |
Doch die Wissenschaftsbehörde billigte den Vorgang und beruft sich auf die | |
Zustimmung der Studenten. Marc Alexander Holtz vom Asta zeigt eine Kopie. | |
Vor zwei Jahren habe sein Vorvorgänger nach einem mehrstündigen Gespräch | |
mit Kanzler Bernd Klöver unterschrieben, dass er mit der Gebäudemiete | |
einverstanden sei. "Das gilt nicht für uns. Wir sind der amtierende Asta | |
und wir sind dagegen", sagt Holtz. Auch der Hochschulsenat, das zentrale | |
Selbstverwaltungsorgan von Professoren, Studierenden und Mitarbeitern, war | |
dagegen. "Aber wir sind mit unserer Kritik nicht durchgedrungen", sagt | |
Alazard. "Der Hochschulrat hat das abgesegnet". | |
Auch Professorin Yolanda Koller-Tejeiro, die jetzt in der Alexanderstraße | |
lehrt, ärgert sich: "Es ist ein Skandal, dass so etwas Grundsätzliches wie | |
Räume aus Gebühren finanziert werden." Das Gebäude sei noch nicht einmal | |
geeignet, es habe keinen Hörsaal, nur zehn größere Räume, in denen die | |
Sicht auf die Studierenden durch Säulen versperrt wird. Ob das Gebäude | |
passt, habe sie "keiner gefragt". | |
Miete für ein Lehrgebäude müsse die Behörde zahlen, war auch Meinung des | |
Hochschulrats. Erst in einer zweiten Befassung Ende März segnete er den | |
Haushalt ab. Bis dahin gab der Kanzler nur einen Teil der Gelder frei, | |
Labore blieben geschlossen. Das wäre aber nicht nötig gewesen, die | |
Fakultäten hätten "Überschüsse" gehabt, sagt Kanzler Bernd Klöver: "Da | |
wurden Spielchen gespielt." | |
Er räumt ein, dass der Hochschulrat erst jetzt von der Miete durch Gebühren | |
erfuhr, der Asta habe dies aber schon 2008 gebilligt. Da man die | |
Departments Soziales und Wirtschaft am Berliner Tor zusammenführen wolle, | |
habe es damals schon eine "Grundsatzentscheidung" für den Umzug gegeben. | |
"Das ist für und verbindlich und muss es auch sein". Der Hochschulsenat, in | |
dem auch Professoren wie Koller-Tjerero sitzen, sei mit der Sache "nicht | |
befasst" worden. Bei Finanzfragen gehöre dieser nicht zu den "Playern". | |
Diejenigen, die lehren, haben also wenig zu sagen. So wie Uwe Sievers, | |
Professor für Maschinenbau. Sein Department mit 1.500 Studierenden hat auch | |
ein Problem. Es werden 16 von 53 Mitarbeiterstellen in andere HAW-Bereiche | |
umgeschichtet. Die Mitarbeiter fehlen dann in den Laboren, wo Studierende | |
an großen Maschinen bisher selbst Messungen und Tests durchführen können. | |
"Statt zu viert stehen dann 16 Studierende an diesen Maschinen", sagt | |
Sievers. Denn ohne Aufsicht ginge dies schon aus Sicherheitsgründen nicht. | |
Dabei sei es gerade dieser Praxisbezug, der die Qualität der HAW-Ausbildung | |
ausmache. | |
Das Präsidium hat die Sache beschlossen. Gestützt auf eine in Auftrag | |
gegebene Studie wurde der Protest von Professoren und Studierenden | |
überhört. "Es muss auch mal möglich sein, zu acht an so einer Maschinen zu | |
arbeiten", sagt Kanzler Klöver. Der Maschinenbau sei immer noch besser | |
ausgestattet als andere Studiengänge. | |
Das Paradoxe: Seit es Gebühren gibt hat die HAW mehr Geld, aber trotzdem | |
verschlechtert sich die Lehre. Asta-Haushaltsexperte Mathis Korok rechnet | |
vor, dass es einen Ringtausch gab. Laut Haushaltsplan sind die städtischen | |
Gelder für die Fakultäten von 2006 bis 2010 von 2,3 Millionen Euro auf rund | |
785.000 Euro gesunken. Maßnahmen, die vorher daraus bezahlt wurden, werden | |
heute über Gebühren finanziert. Die Landesmittel werden stattdessen zentral | |
verwandt. "Es ist Fakt, dass die Landesmittel weniger werden", sagt der | |
Departmentsleiter Maschinenbau, Helmut Horn. "Damit können wir im Prinzip | |
keine Labore mehr betreiben." | |
Ein weiterer Streitpunkt: die Aufteilung der Gebühren. Das Präsidium | |
verfügt über 40 Prozent und überlässt den Fakultäten 60 Prozent. Vergeblich | |
forderten die Gremien eine Aufteilung von 20 zu 80 Prozent. "Das Präsidium | |
überlegt sich Projekte, die am eigentlichen Studium vorbei gehen", sagt | |
Sievers. "Es gibt Geld für studentische Projekte, die | |
öffentlichkeitswirksam sind." Da gehe für viele Tausend Euro ein Rennauto | |
mit HAW-Label auf die Piste. "Das Geld hätte ich lieber für vernünftige | |
Laborausstattung", so der Professor. | |
Es sei falsch, dass weniger Geld bei den Fakultäten ankomme, hält Kanzler | |
Klöver dagegen. Denn zentrale Maßnahmen, wie Forschungs- und | |
Innovationsbudget, kämen diesen zu Gute. Auch gebe es Maßnahmen, die | |
zentral mehr Sinn machten. "Es lohnt nicht, in jeder Fakultät einen | |
Carreer-Service aufzubauen", sagt Klöver. | |
Dass es weniger demokratisch als früher zugeht, streitet auch der Kanzler | |
nicht ab. "Die Gremien sind absolut unzufrieden, weil sie nicht mehr in die | |
Verantwortung genommen werden."a | |
5 May 2010 | |
## AUTOREN | |
Kaija Kutter | |
Kaija Kutter | |
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