# taz.de -- Gesetzliche Krankenkassen: Abschluss mit Verlust | |
> Der Spitzenverband der Krankenkassen verkündet für 2019 ein Defizit. Als | |
> Grund wird der medizinische Fortschritt genannt – aber auch teure | |
> Vorhaben der Regierung. | |
Bild: Krankenkassen-Defizit: Ist die Tasse jetzt noch halb voll oder schon halb… | |
BERLIN dpa | Die gesetzlichen Krankenkassen schließen das Jahr einem | |
Medienbericht zufolge mit einem Verlust ab. „Das Defizit für 2019 wird über | |
eine Milliarde Euro betragen“, sagte die Vorstandschefin des Verbands der | |
gesetzlichen Krankenversicherung (GKV), Doris Pfeiffer, den Zeitungen der | |
Funke-Mediengruppe. Die meisten Krankenkassen würden ihren Zusatzbeitrag | |
2020 noch nicht erhöhen müssen. Erst ab 2021 werde es wohl zu höheren | |
Beiträgen kommen, kündigte sie an. Als ein Grund werden stark steigende | |
Ausgaben genannt. | |
Es ist das erste Minus seit 2015. 2018 hatte der Einnahmeüberschuss der | |
Kassen dem Bundesgesundheitsministerium zufolge zwei Milliarden Euro | |
betragen. Ende September 2019 lagen ihre Finanzreserven demnach bei rund | |
20,6 Milliarden Euro – etwa dem Vierfachen der gesetzlich vorgeschriebenen | |
Mindestreserve. Auf Geheiß der Politik müssen besonders hohe Reserven vom | |
neuen Jahr an abgebaut werden. Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) nannte | |
das Minus in den Bilanzen der Kassen im Herbst „ein unechtes Defizit“, das | |
durch Rücklagen-Abbau entstehe. GKV-Chefin Pfeiffer kritisierte dagegen | |
zuletzt die Verpflichtung, Reserven nun „stärker abzubauen, als für eine | |
nachhaltige Finanzplanung geboten wäre“. | |
Pfeiffer nannte die Entwicklung „alarmierend“, weil auch Rekordeinnahmen | |
der Krankenkassen den Verlust nicht hätten verhindern können. Der Grund | |
dafür seien stark steigende Ausgaben. Die Entwicklung habe sich während des | |
Jahres sogar noch beschleunigt. Dies liege einerseits am medizinischen | |
Fortschritt, andererseits an den teuren Gesetzen der Bundesregierung. | |
„Allein durch das Terminservicegesetz und das | |
Pflegepersonal-Stärkungsgesetz kommen auf die Krankenkassen im nächsten | |
Jahr rund fünf Milliarden Euro an Mehrausgaben zu“, sagte Pfeiffer. Weil | |
die meisten Kassen einen Teil ihrer Rücklagen auflösen würden, könnten sie | |
aber ihre Zusatzbeiträge im Jahr 2020 stabil halten. Der GKV-Spitzenverband | |
hatte bereits im Sommer vor deutlichen Ausgabenrisiken gewarnt. | |
Nach einer [1][im Oktober veröffentlichten Prognose im Auftrag der | |
Bertelsmann Stiftung] droht den gesetzlichen Krankenkassen im Jahr 2040 ein | |
Minus von fast 50 Milliarden Euro, wenn die Politik nicht frühzeitig | |
gegensteuert. Der Beitragssatz müsste demnach von derzeit 14,6 Prozent bis | |
zum Jahr 2040 schrittweise auf 16,9 Prozent erhöht werden, um erwartete | |
Ausgabensteigerungen abzudecken. | |
Wie die Autoren vom Institut für Gesundheits- und Sozialforschung (Iges) | |
weiter schrieben, zeichne sich ab, dass sich spätestens ab Mitte der 20er | |
Jahre die Schere zwischen Gesundheitsausgaben und Beitragseinnahmen „wieder | |
in Richtung Defizit“ öffnen werde. Ein wesentlicher Treiber sei die | |
demografische Entwicklung – mit einem steigenden Anteil älterer Menschen, | |
die eher Gesundheitsleistungen in Anspruch nehmen. Vor allem aber sinke mit | |
dem Eintritt der geburtenstarken Jahrgänge ins Rentenalter deren Beitrag zu | |
den GKV-Einnahmen. | |
Auf wichtige Einflussfaktoren für die Finanzsituation der GKV – Entwicklung | |
der Beschäftigung und der Einkommen oder die Preisentwicklung in | |
Gesundheitswesen – habe die Politik keinen direkten Einfluss, sagte damals | |
Stiftungsexperte Stefan Etgeton. Es gebe aber wirkungsvolle politische | |
Instrumente, um einem Defizit entgegenzuwirken: So könnten etwa | |
Überkapazitäten im Klinikbereich abgebaut werden, um Kosten zu sparen. | |
25 Dec 2019 | |
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[1] https://www.bertelsmann-stiftung.de/fileadmin/files/BSt/Publikationen/Graue… | |
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