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# taz.de -- Ex-Kaiser's im Winskiez: Wo sich die Lichter bunt bewegten
> Die alte Kaufhalle an der Winsstraße war als späterer „Disco-Kaiser’s“
> ein Kieztreffpunkt. Jetzt baut Tengelmann dort teure Wohnungen.
Bild: Aus und vorbei: Kaiser's war schon Geschichte, jetzt ist auch der Markt s…
Es gab Zeiten, da konnte man in Berlin in jeden Club gehen, ohne sich
vorher frisiert zu haben – aber nicht zu diesem Kaiser’s in der Winsstraße.
Man traf dort wichtige Kulturschaffende, die beim Einkauf von billigem Bier
über Derrida schwadronierten, und alte Bohemiens, die bereits zu DDR-Zeiten
schwierige Lyrik geschrieben hatten und nun den Bautz’ner Senf oder die
Spreewaldgurken suchten.
Der Disco-Kaiser’s, wie er im Volksmund hieß, war ein Ort, an dem einsame
Herzen mit viel Hoffnung im Herzen nach dem Kleenex griffen. Außerdem war
er wegen seiner exponierten Lage, wie man immer wieder hörte, der
umsatzstärkste Kaiser’s der ganzen Stadt.
Der Abstieg begann, als Kaiser’s 2017 unter den Hammer kam. Gut: Viele der
geliebten Gesichter an den Kassen wurden von Edeka übernommen, aber die
bewegten bunten Lichter, die dem Kaiser’s zu seinem Spitznamen verholfen
hatten und dem welken Gemüse zumindest optisch etwas Frische einzuhauchen
versuchten, verschwanden. Auch die Klientel wurde zunehmend reicher und
damit, man darf leider nicht müde werden, es zu betonen: öder.
Doch auch damit ist nun Schluss. Der Laden hat am heutigen Samstag
letztmals auf. Zauberwort „Verdichtung“: Die gute alte Kaufhalle, die hier
zu DDR-Zeiten gebaut wurde, [1][muss einem sechsgeschossigen Neubau mit 187
Mietwohnungen weichen]. Bauherrin ist wie beim Rewe in der Pappelallee, dem
dasselbe Schicksal blüht, die Trei Real Estate, die Immobiliengesellschaft
der Tengelmann-Gruppe, zu der auch die Supermarktkette Kaiser’s gehört hat.
In zwei Jahren werden sowohl im Erdgeschoss des Neubaus in der Winsstraße
als auch in dem in der Pappelallee die jetzigen Supermärkte wieder
einziehen. Ausweichstandorte während der Bauarbeiten gibt es aber keine.
Die Nachbarn im Winskiez dürfen jetzt also zwei Jahre lang, wenn der
Chia-Samen mal wieder aus ist, entweder einen Tick weiter fahren oder doch
in einem der drei Biosupermärkte einkaufen gehen, die inzwischen das
Viertel säumen. Das wird den meisten hier – zumindest finanziell – kaum
wehtun. Und noch ein kleiner Trost: Die Mitarbeiter, heißt es, werden auf
andere Filialen verteilt. Niemand wird entlassen.
22 Feb 2019
## LINKS
[1] https://www.treirealestate.com/presse/detail/trei-real-estate-entwickelt-wo…
## AUTOREN
Susanne Messmer
## TAGS
Berlin Prenzlauer Berg
Kaiser's Tengelmann
Gentrifizierung
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